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Transformat<strong>io</strong>nen im M<strong>as</strong><strong>te</strong><strong>rs</strong><strong>tu</strong>d<strong>io</strong>
Alois M. Müller
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Verflüss<strong>ig</strong>ung
Wir befinden uns in einem fundamentalen Wandel auf
allen Ebenen. Die «schwere» und ortsgebundene Moderne
der Werkzeuge, der Hardware, der grossen M<strong>as</strong>chinen
sowie der Lebensa<strong>rb</strong>eitszeit im stabilen Berufsfeld löst sich
auf und wird verflüss<strong>ig</strong>t. Sie wird zur «Liquid Modernity»,
zur «Flücht<strong>ig</strong>en Moderne», wie die Publikat<strong>io</strong>n von Zygmunt
Bauman heisst.
Flüss<strong>ig</strong> ist ein Wort, d<strong>as</strong> einen physikalischen Zu-
stand b<strong>es</strong>chreibt: Stoffe können g<strong>as</strong>förm<strong>ig</strong>,
f<strong>es</strong>t oder eben flüss<strong>ig</strong> sein. Übertragen auf kul<strong>tu</strong>relle
Proz<strong>es</strong>se, wird d<strong>as</strong> Wort «flüss<strong>ig</strong>» zum
bildlichen Ausdruck, zur Metapher. Flüss<strong>ig</strong> und
f<strong>es</strong>t sind die beiden bildhaf<strong>te</strong>n Ausdrücke,
mit denen sich die menschliche Kul<strong>tu</strong>r b<strong>es</strong>chrei-
ben lässt. Sie sind sogar
absolu<strong>te</strong> Metaphern, da f<strong>es</strong>t
und flüss<strong>ig</strong> nicht hin<strong>te</strong>rgehbare
Kennzeich nungen sind.
In der modernen Kunst und unserer
dynamischen Kul<strong>tu</strong>r ist die
gleichsam flüss<strong>ig</strong>e Sei<strong>te</strong> schon
lange die attraktivere Sei<strong>te</strong>.
Die Gegenübe<strong>rs</strong><strong>te</strong>llung von ein
paar Begriffen möge di<strong>es</strong> illus-
trieren: Es s<strong>te</strong>hen die fli<strong>es</strong>senden
Emot<strong>io</strong>nen gegen den kal<strong>te</strong>n
In<strong>te</strong>llekt, die radikale Gegenwart
gegen die Tradit<strong>io</strong>n, die Impr<strong>es</strong>-
s<strong>io</strong>n gegen die Analyse, die Hoffnung
auf Entgrenzung gegen
die Schmerzen der Ichgrenzen,
die Pl<strong>as</strong>tizität gegen die E<strong>rs</strong>tarrung,
d<strong>as</strong> Zeitlose gegen Raum und
Zeit, die Dekonstrukt<strong>io</strong>n gegen
die f<strong>es</strong><strong>te</strong> Konstrukt<strong>io</strong>n, die multiper-
spektivische Bildlichkeit
gegen die lineare Ve<strong>rs</strong>prach-
lichung, d<strong>as</strong> offene Netz
gegen die hierarchisierende
Ka<strong>te</strong>gorisierung etc.
Kul<strong>tu</strong>ren sind immer in einem Aggregatzustand
zwischen den Polen
f<strong>es</strong>t und flüss<strong>ig</strong>. D<strong>as</strong> Bild ein<strong>es</strong> Fluss<strong>es</strong>
ze<strong>ig</strong>t di<strong>es</strong><strong>es</strong> Verhältnis: Während
der Strom d<strong>es</strong> Lebens unaufhaltsam
dahinfli<strong>es</strong>st, produ ziert die Kul<strong>tu</strong>r
Gegenstände, die aus dem Strom
herausragen, G<strong>es</strong><strong>te</strong>insbrocken, Inseln
und d<strong>as</strong> Ufer. Kul<strong>tu</strong>r dämmt ein,
kanalisiert. D<strong>as</strong> ist d<strong>as</strong> Paradox einer
jeden Kul<strong>tu</strong>r: Sie lenkt d<strong>as</strong> fli<strong>es</strong>-
sende Leben in f<strong>es</strong><strong>te</strong> Bahnen und s<strong>te</strong>llt
ihm «E<strong>ig</strong>enprodukt<strong>io</strong>nen» in den
Weg, zu denen auch die Sit<strong>te</strong>n und Ge-
bräuche, die g<strong>es</strong>ellschaftlichen
Normen
und alltäglichen
Verhal<strong>te</strong>nsweisen ge-
hören.
D<strong>as</strong> M<strong>as</strong><strong>te</strong><strong>rs</strong><strong>tu</strong>d<strong>io</strong> ist zeitgemäss,
indem <strong>es</strong> sich di<strong>es</strong>em Wandel
und di<strong>es</strong>er Dynamik s<strong>te</strong>llt. Es ba-
siert auf Disziplinen und wird
«undiszipliniert»; <strong>es</strong> s<strong>te</strong>llt sich den
Anforderungen an eine Karriere
in einer globalen Kreativg<strong>es</strong>ellschaft;
und <strong>es</strong> s<strong>te</strong>ht in einem produktiven
Verhältnis zur Kul<strong>tu</strong>r-
und D<strong>es</strong><strong>ig</strong>ng<strong>es</strong>chich<strong>te</strong>.
Neben di<strong>es</strong>er disziplinären Wissensprodukt<strong>io</strong>n
haben sich im Zuge der sich verän-
dernden Sicht auf den Rohstoff «Wissen»
neue Formen der kommunikativen Wissens-
erzeugung herausgebildet (siehe Helga
Novotny: «Es ist so. Es könn<strong>te</strong> auch ande<strong>rs</strong>
Disziplin – undiszipliniert
Disziplinen sind inhaltlich-historisch
gewachsene Bereiche innerhalb
ein<strong>es</strong> praktischen oder theoretischen
Wissensbereich<strong>es</strong>. Sie sichern die
Überlieferung und die Kontinuität d<strong>es</strong>
Wissens, sie haben je e<strong>ig</strong>ene Me-
thoden und Fert<strong>ig</strong>kei<strong>te</strong>n ausgebildet,
sie entwickeln e<strong>ig</strong>ene Disku<strong>rs</strong>e
und Denk- und Handlungsstile. Disziplinen
sind zudem soziale Wissens-
konstruk<strong>te</strong> und bilden eine
a<strong>rb</strong>eits<strong>te</strong>il<strong>ig</strong>e, soziale
Einheit.
sein.»).
Disziplin- oder Disku<strong>rs</strong>gefüg<strong>es</strong> bleibt erhal<strong>te</strong>n,
und die Kooperat<strong>io</strong>nsform b<strong>es</strong><strong>te</strong>ht in einer Bea<strong>rb</strong>ei<strong>tu</strong>ng
ein<strong>es</strong> Them<strong>as</strong> un<strong>te</strong>r un<strong>te</strong><strong>rs</strong>chiedlichen disziplinä-
ren Blickwinkeln.
t: Die Kooperat<strong>io</strong>nsform e<strong>rs</strong>treckt
sich auf die Bea<strong>rb</strong>ei<strong>tu</strong>ng un<strong>te</strong><strong>rs</strong>chiedlicher
Themen über einen in<strong>te</strong>rdisziplinär gehal<strong>te</strong>nen
bzw. disziplinübergreifenden Rahmen. Voraussetzung
sind die Ve<strong>rs</strong>tänd<strong>ig</strong>ung in einer disziplin-
näre Produkt<strong>io</strong>n geht quer über
die etablier<strong>te</strong>n disziplinären und
insti<strong>tu</strong>t<strong>io</strong>nellen Grenzen hin-
weg und kooperiert mit Partnern
aus G<strong>es</strong>ellschaft, Wirtschaft,
Kul<strong>tu</strong>r und Politik. Die un<strong>te</strong><strong>rs</strong>chiedlich
veror<strong>te</strong> <strong>te</strong>n Frag<strong>es</strong><strong>te</strong>llungen
sind in einem Clus<strong>te</strong>ring gebündelt.
Die Orga nisat<strong>io</strong>nsform ist ge-
kennzei chnet durch die he<strong>te</strong>rogene
Zusammen setzung der Be<strong>te</strong>il<strong>ig</strong>-
<strong>te</strong>n und durch eine nicht hierarchisch
aufgebau<strong>te</strong> Austausch- und
Kommunikat<strong>io</strong>nskul<strong>tu</strong>r. Es ent-
s<strong>te</strong>hen auf Zeit eingerich<strong>te</strong><strong>te</strong> Projektgemeinschaf<strong>te</strong>n,
welche zu
Or<strong>te</strong>n primärer Wissenserzeugung
werden.
übergreifenden Terminologie
und ein Konsens
über ein<strong>ig</strong>e Regeln r<strong>es</strong>p.
Rahmenbedingungen.
D<strong>as</strong> M<strong>as</strong><strong>te</strong><strong>rs</strong><strong>tu</strong>d<strong>io</strong> nimmt die Herausforde-
rungen der Kreativ- und Wissensg<strong>es</strong>ell-
schaft an, indem <strong>es</strong> die Berufsfelder öffnet
und auf Bildungs- und Karrierewege vor-
berei<strong>te</strong>t, die nicht länger linear verlaufen.
D<strong>as</strong> M<strong>as</strong><strong>te</strong><strong>rs</strong><strong>tu</strong> d<strong>io</strong> ermöglicht freie Or-
ganisat<strong>io</strong>nsformen und fördert transdiszipli-
näre Settings: Di<strong>es</strong>e sind <strong>te</strong>ndenziell
he<strong>te</strong>rarchisch als Projekt<strong>te</strong>ams, <strong>te</strong>mporäre
A<strong>rb</strong>eitsgruppen, autonome Einhei<strong>te</strong>n
oder lose gekoppel<strong>te</strong> Netze gegliedert; die
S<strong>tu</strong>dierenden haben individuelle Hand-
lungsspielräume. D<strong>as</strong> M<strong>as</strong><strong>te</strong><strong>rs</strong><strong>tu</strong>d<strong>io</strong> un<strong>te</strong><strong>rs</strong>tützt
den Wissenstransfer zwischen
den Hochschulen, der Wirtschaft und pri-
va<strong>te</strong>n wie öffentlichen Insti<strong>tu</strong>t<strong>io</strong>nen.
Karriere – Settings und Transfer
In einer auf Wissen, Innovat<strong>io</strong>n und
Kreativität b<strong>as</strong>ierenden G<strong>es</strong>ellschaft
sind die Struk<strong>tu</strong>ren und Proz<strong>es</strong>se
der ma<strong>te</strong>riellen und symbolischen Re-
produkt<strong>io</strong>n derart von innovat<strong>io</strong>ns-
und wissens abhäng<strong>ig</strong>en Operat<strong>io</strong>nen
durchdrungen, d<strong>as</strong>s Informat<strong>io</strong>ns-
vera<strong>rb</strong>ei<strong>tu</strong>ng, symbolische Analyse
und Exper<strong>te</strong>nsys<strong>te</strong>me eine heraus-
ragende Funkt<strong>io</strong>n erlangen. Fert<strong>ig</strong>kei<strong>te</strong>n,
Wissen, Kreativität, Informat<strong>io</strong>n
und Expertise gel<strong>te</strong>n – neben
Geld und Macht – als gleichberecht<strong>ig</strong><strong>te</strong>
R<strong>es</strong>source.
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Alois M. Müller
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