26.02.2020 Aufrufe

2020/09 - Feuerwehren_ADK_2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

40 NOTFALLSEELSORGE<br />

FOTO: AMREI GROSS<br />

Hilfe in schweren Stunden<br />

Seelsorge Wenn Menschen sich durch einen Unfall oder durch Verletzung oder Tod von<br />

Angehörigen in akuten Krisen befinden, leisten Notfallseelsorger Hilfe. Von Amrei Groß<br />

Ein schwerer Unfall, ein Suizid<br />

eines Angehörigen, eine Reanimation<br />

– und dann? Nach<br />

der Überbringung einer Todesnachricht<br />

durch die Polizei, verheerenden<br />

Bränden oder kritischen<br />

Rettungsdiensteinsätzen bleiben Angehörige<br />

in vielen Fällen hilflos und<br />

voller Fragen zurück. Auf Beamte<br />

und Rettungskräfte aber wartet der<br />

nächste Einsatz, sie können nicht<br />

bleiben. „Wir dagegen haben Zeit“,<br />

sagt der Geschäftsführer der Notfallseelsorge<br />

im Stadtgebiet Ulm und im<br />

Alb-Donau-Kreis, Michael Lobenhofer.<br />

Gemeinsam mit 34 weiteren ehrenamtlichen<br />

Notfallseelsorgern und<br />

Notfallbegleitern steht der Einsinger<br />

Gemeindereferent Menschen in belastenden<br />

Situationen bei. „So, wie<br />

eine Wunde Versorgung erfordert,<br />

braucht auch die Psyche in vielen<br />

Fällen Behandlung“, erklärt er. „Im<br />

Einsatz versuchen wir, für die Betroffenen<br />

ein soziales Netz zu knüpfen“,<br />

beschreibt der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit<br />

der Gruppe, Holger<br />

Oellermann, worauf es in der<br />

psychosozialen Notfallversorgung<br />

ankommt. Es gelte, Menschen, die<br />

dem Betroffenen nahestehen, zu informieren<br />

und zu aktivieren. Aber<br />

35<br />

Notfallseelsorger<br />

und Notfallbegleiter<br />

sind im Bedarfsfall<br />

im Stadtgebiet Ulm und<br />

im Alb-Donau-Kreis im<br />

ehrenamtlichen Einsatz.<br />

auch, scheinbar ganz banale Fragen<br />

zu klären: Wie geht es weiter? Wie<br />

komme ich zu meinem Angehörigen<br />

in die Klinik? Was ist bei einem Todesfall<br />

zu tun? „Das sind Themen,<br />

die Angehörige in diesen Momenten<br />

oftmals überfordern“, weiß Oellermann.<br />

Gleichzeitig ließen die Notfallseelsorger<br />

niemanden alleine: „In<br />

Einzelfällen bleiben wir auch über<br />

Stunden bei den Betroffenen“, teilweise<br />

reiche ein Kontakt bis zur Bestattung<br />

eines Verstorbenen. Neben<br />

der Betreuung von Betroffenen stehen<br />

die Notfallseelsorger in enger<br />

Zusammenarbeit mit Feuerwehr und<br />

Hilfsorganisationen auch Einsatzkräften<br />

bei der Verarbeitung belastender<br />

Situationen zur Seite. Manchmal<br />

im Glauben und mit einem Gebet,<br />

manchmal aber auch losgelöst<br />

von jeglichen kirchlichen Aspekten.<br />

„Wir sind für alle Menschen da“, betont<br />

Lobenhofer. Grundaufgabe der<br />

Gruppe sei die psychosoziale Notfallversorgung.<br />

Der seelsorgerische<br />

Aspekt komme ausschließlich auf<br />

Wunsch der Betroffenen dazu.<br />

Seit Mai 2014 verfügt die Ulmer<br />

Notfallseelsorge neben christlichen<br />

Notfallseelsorgern auch über muslimische<br />

Notfallbegleiter. Sie leisten<br />

wertvolle Dienste, wenn Menschen<br />

muslimischen Glaubens betroffen<br />

sind. „Der Umgang mit dem Tod ist<br />

hier anders“, sagt Lobenhofer. Muslime<br />

trauerten „gemeinschaftlicher“;,zudem<br />

seien seine muslimischen<br />

Kollegen in der Lage, Betroffene<br />

ihres Glaubens meist in der eigenen<br />

Muttersprache zu betreuen.<br />

„Das macht in einer Extremsituation<br />

viel aus.“ „Die psychosoziale Notfallversorgung<br />

ist ein ungewöhnliches<br />

Ehrenamt“, gibt Holger Oellermann<br />

zu. Aber die Betreuung von Menschen<br />

in Krisensituationen gebe auch<br />

den Notfallseelsorgern viel zurück.<br />

„Wenn man überlegt, was gewesen<br />

wäre, wenn es die Notfallseelsorge<br />

nicht gäbe, weiß man, warum man<br />

das macht.“<br />

Die Notfallseelsorge für Ulm und<br />

den Landkreis wurde 1998 auf Initiative<br />

des Ulmer Betriebsseelsorgers<br />

Werner Baur ins Leben gerufen. Zwei<br />

bis drei Mal pro Woche werden ihre<br />

Mitglieder zu Einsätzen im Stadtgebiet<br />

und dem Landkreis alarmiert. Sie<br />

alle haben eine intensive Schulung<br />

durchlaufen; die meisten Notfallseelsorger<br />

verfügen zudem über eine<br />

seelsorgliche, beraterische oder therapeutische<br />

Berufsausbildung.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!