AJOURE´ Magazin April 2020
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AJOURE / LIFESTYLE<br />
3. Yeonmi Park<br />
Die abgeschottete Welt Nordkoreas,<br />
welche die Bewohner des diktatorisch<br />
geführten Landes ihr Zuhause nennen,<br />
wirkt von unserem westlichen Standpunkt<br />
aus wie eine skurrile Dystopie. Das,<br />
was wir aus der Ferne mit Skepsis und<br />
zuweilen Angst betrachten, war 13 Jahre<br />
lang die Lebenswirklichkeit von Yeonmi<br />
Park. Unter der Furche eines brutalen<br />
Systems, das jeden Widerstand gegen die<br />
Staatsführung gnadenlos verfolgt, entschied<br />
sich Yeonmi im Jahr 2007, zusammen<br />
mit ihrer Mutter aus Nordkorea zu<br />
flüchten. Zuvor war der Vater des jungen<br />
Mädchens vom Regime wegen Schmuggels<br />
inhaftiert worden. Schon bald rückten<br />
auch die Tochter und die Ehefrau des<br />
Unruhestifters in den Fokus der Behörden.<br />
Um einer möglichen Verfolgung zu<br />
entgehen, setzten sich die<br />
beiden nach China ab.<br />
Später verarbeitete Yeonmi<br />
ihre Erlebnisse in<br />
dem Buch „Mut zur Freiheit<br />
– Meine Flucht aus<br />
Nordkorea“, welches im<br />
Jahre 2015 auf den Markt<br />
kam. Obwohl sie aus ihrer<br />
nordkoreanischen Heimat<br />
entkommen konnte,<br />
sollte es noch einige Jahre<br />
dauern, bis Yeonmi endlich<br />
auch dem Schrecken<br />
ihres Lebens entkam. In<br />
China angelangt, gerieten<br />
Yeonmi und ihre Mutter<br />
schon bald in die Fänge<br />
von Menschenhändlern,<br />
die ihre wehrlosen Opfer<br />
immer wieder sexuell<br />
missbrauchten. Nach zwei<br />
Jahren des Martyriums<br />
konnte sich das Mutter-Tochter-Duo<br />
schlussendlich<br />
in die Vereinigten<br />
Staaten flüchten.<br />
2015 trat Yeonmi mit ihrer<br />
Geschichte zum ersten<br />
Mal an die Öffentlichkeit.<br />
Die Besucher des „One<br />
Young World Summit“<br />
in Dublin zeigten sich<br />
angesichts der Ausführungen<br />
der Teenagerin<br />
tief betroffen. Yeonmi berichtete<br />
den Zuhörenden<br />
von einer Nation, die ihre Einwohner<br />
scheinbar willkürlich hinrichtet. So sollen<br />
beispielsweise Menschen umgebracht<br />
worden sein, weil sie Telefonanrufe über<br />
die Grenzen Nordkoreas hinaus getätigt<br />
hatten. Als Yeonmi gerade einmal neun<br />
Jahre alt war, musste sie mit eigenen Augen<br />
ansehen, wie eine gute Freundin der<br />
Familie exekutiert wurde. Die Getötete<br />
hatte sich zuvor einen amerikanischen<br />
Spielfilm angesehen.<br />
Wie so oft, stießen auch die öffentlichen<br />
Auftritte von Yeonmi Park nicht nur auf<br />
Begeisterung. Kritiker monieren, dass<br />
sich die Berichte der Teenagerin immer<br />
wieder voneinander unterscheiden würden.<br />
Dass Yeonmi zum Zeitpunkt ihrer<br />
Flucht aber noch ein kleines Kind war,<br />
das zudem unter panischer Angst gelitten<br />
hatte, wird als Erklärung für die<br />
Abweichungen im Detail jedoch oftmals<br />
außer Acht gelassen. In ihren Reden und<br />
auf ihren Social-Media-Kanälen leistet<br />
Yeonmi wichtige Aufklärungsarbeit über<br />
ein von außen uneinsehbares Staatsregime.<br />
Gleichzeitig appelliert sie an den<br />
Gemeinschaftsgeist des gesamten koreanischen<br />
Volkes und macht sich für die<br />
Wiedervereinigung einer lange geteilten<br />
Nation im Licht des Friedens stark.<br />
4. Nadia Murad<br />
Fotos: Tore Sætre - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=69506496;<br />
U.S. Department of State from United States - https://www.flickr.com/photos/statephotos/42733243785/,<br />
Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=71254316<br />
Die Lebensgeschichte von Nadia Murad<br />
gleicht lange Zeit einem Horrorszenario.<br />
Als sich der Islamische Staat im Jahr 2014<br />
immer weiter ausbreitet, fallen die extremistischen<br />
Kämpfer schließlich auch<br />
in die nordirakische Heimat der damals<br />
21-Jährigen ein. Die Stadt Kodscho wird<br />
anschließend der Schauplatz<br />
eines grausamen<br />
Massakers. Während die<br />
Terroristen alle Frauen<br />
und Kinder des Ortes<br />
in der städtischen Schule<br />
zusammenpferchen,<br />
werden die männlichen<br />
Bewohner kaltblütig hingerichtet.<br />
Noch immer<br />
unter den schrecklichen<br />
Eindrücken des Blutbades<br />
stehend, wird Nadia<br />
von einigen IS-Kämpfern<br />
nach Mossul verschleppt.<br />
Dort wird die junge Frau<br />
auf einem Sklavenmarkt<br />
wie Vieh verkauft. Fortan<br />
ist sie das Eigentum eines<br />
bestialischen Ehemanns,<br />
der Nadia immer wieder<br />
missbraucht, schlägt und<br />
foltert. Nach drei endlosen<br />
Monaten gelingt Nadia<br />
letztlich die Flucht.<br />
Zunächst entkommt sie in<br />
ein nahegelegenes Flüchtlingslager,<br />
später wird ihr<br />
ein Platz im Programm<br />
des Bundeslandes Baden-Württembergs<br />
zugesprochen,<br />
das Geflüchtete<br />
psychotherapeutisch unterstützt.<br />
In Deutschland<br />
angekommen, gelingt es<br />
Nadia, ihre traumatischen<br />
Erlebnisse zu verarbeiten<br />
und ein neues Leben<br />
AJOURE MAGAZIN SEITE: 96 | APRIL <strong>2020</strong>