KURT April/Mai 2020
KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe April/Mai 2020
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Ausgabe April/Mai 2020
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Land & Leute<br />
Land & Leute<br />
Wut, Angst, Depressionen<br />
sind Gefahren der Isolation<br />
So bleiben wir gesund in Zeiten von Corona: Vier Gifhorner Experten berichten<br />
über die möglichen psychischen Auswirkungen und geben Tipps für den Alltag<br />
Die häusliche Isolation<br />
birgt Gefahren – Wut,<br />
Angst und Abgeschlagenheit<br />
sind mögliche Folgen<br />
des Kontaktverbots in Zeiten<br />
der Corona-Pandemie.<br />
Praktische Alltagstipps<br />
können jedoch dabei<br />
helfen, unsere mentale<br />
Gesundheit zu stärken.<br />
Keine Restaurantbesuche oder Konzerterlebnisse, der Verwandtenbesuch<br />
am Wochenende fällt aus und der geplante Filmabend mit<br />
dem Freundeskreis reduziert sich auf ein bescheidenes Treffen zu<br />
zweit – an unterschiedlichen Enden der Couch. Die Abstands- und<br />
Isolationsregeln während der Corona-Pandemie stellen uns vor<br />
eine besondere Herausforderung. Das öffentliche Leben ist zum<br />
Stillstand gekommen, alle sollen zu Hause zu bleiben. Doch wie<br />
ergeht es uns in dieser Isolation? Reagieren wir mit Wut, Angst oder<br />
Abgeschlagenheit? Vier Gifhorner Therapeutinnen und Therapeuten<br />
klären auf über die Folgen, welche die Isolation für uns alle hat.<br />
Sie geben praktische Alltagstipps, mit denen wir unsere mentale<br />
Gesundheit stärken können. Und nicht zuletzt geht es auch um<br />
mögliche Auswirkungen der Isolation auf Kinder und Jugendliche.<br />
Von Sophie Isabell Bremer<br />
„In einer Krise haben Menschen<br />
das grundlegende Bedürfnis<br />
sich mit anderen<br />
zusammenzutun“, erklärt<br />
Karlheinz Lux (68). „Uns jetzt<br />
zu Hause abzuschotten widerspricht<br />
unserer menschlichen<br />
Natur.“ So werde die Isolation<br />
auf Dauer gewiss zum psychischen<br />
Kraftakt, vermutet<br />
der Diplom-Psychologe und<br />
Psychotherapeut aus Meine.<br />
Doch etwas Positives habe die<br />
bundesweite Isolation: Wir<br />
sind nicht alleine! „Es besteht<br />
ein gemeinschaftliches<br />
Leiden, weil jeder einzelne<br />
von uns von den Maßnahmen<br />
betroffen ist.“ So seien, unter<br />
normalen Bedingungen, viele<br />
Menschen mit psychischen<br />
Problemen gerade dadurch<br />
„Es ist wichtig, Angst zuzulassen!<br />
Und den Verstand einzuschalten, um<br />
die Gefährdung realistisch einzuschätzen.“<br />
Katharina Pöschel, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie aus Gifhorn<br />
gehandicapt, dass sie denken,<br />
sie stünden alleine da. „Die<br />
Regelungen während der Corona-Pandemie<br />
betreffen aber<br />
alle, wodurch das Problem für<br />
viele erträglicher wird“, stellt<br />
Karlheinz Lux fest.<br />
Der Übergang von einem<br />
unbeschwerten Alltag zu einem<br />
eingeschränkten Leben<br />
unter strengen Regelungen ist<br />
kein leichter: Wir müssen uns<br />
neu organisieren, Eltern navigieren<br />
ihre Arbeit im Home-<br />
Office, während die Kinder<br />
im Nebenzimmer toben. Viele<br />
fühlen sich durch die neuen<br />
Regeln instinktiv eingeengt<br />
und machtlos. Lagerkoller und<br />
Grübeln drohen. Diese Emotionen<br />
seien aber ganz natürlich<br />
im Angesicht von Veränderungen,<br />
sagt Katharina Pöschel<br />
(56). „In der Psychologie<br />
nennen wir so eine Umstellung<br />
einen Anpassungsprozess“,<br />
erklärt die Fachärztin für Psychiatrie<br />
und Psychotherapie<br />
aus Gifhorn. Vor allem Angst<br />
ist eine menschliche Reaktion<br />
und mehr als angemessen in<br />
Zeiten der Corona-Pandemie<br />
– „sie kann sehr sinnvoll sein,<br />
damit wir uns auch an die<br />
neuen Regeln halten“. Daher<br />
sollten die eigenen Gefühle in<br />
der Krisenzeit nicht verdrängt<br />
werden: „Es ist wichtig, Angst<br />
zuzulassen!“, betont Katharina<br />
Pöschel. „Und den Verstand<br />
einzuschalten, um die<br />
Gefährdung realistisch einzuschätzen<br />
und die Angst nicht<br />
übermächtig und erdrückend<br />
werden zu lassen.“<br />
Wut sei hingegen eine Vorstufe<br />
zum Deprimiertsein:<br />
„Oft werden Menschen auch<br />
wütend, weil sie nicht zulassen<br />
wollen, dass sie ängstlich sind.<br />
Dabei geht es um eine Abwehrhaltung“,<br />
so die Fachärztin.<br />
Dies könne zu Aggressionen<br />
führen – und sich in Streit<br />
in den eigenen vier Wänden<br />
entladen. Auch eine Zunahme<br />
häuslicher Gewalt sei leider<br />
nicht auszuschließen, erklärt<br />
Katharina Pöschel.<br />
Während die Isolation<br />
eine hochemotionale Angelegenheit<br />
ist, sollten wir ihren<br />
tatsächlichen Nutzen nicht<br />
vergessen: Wir wollen die<br />
alten Menschen in unserer<br />
Gesellschaft und solche mit<br />
Vorerkrankungen schützen,<br />
das Sterberisiko im Falle einer<br />
Infektion mit dem Corona-Virus<br />
ist bei ihnen höher.<br />
„Sich diese Notwendigkeit der<br />
Isolation bewusst zu machen,<br />
ist besonders wichtig“, erklärt<br />
Maria Kalaitzi-Sigwarth.<br />
„Das gibt uns Energie, mit<br />
der ungewohnten Situation<br />
zurechtzukommen“, sagt die<br />
Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin<br />
aus Gifhorn.<br />
Der Mensch ist von Natur aus<br />
in der Lage, mit einer Reihe<br />
von neuen und auch schmerzvollen<br />
Veränderungen umzugehen:<br />
„Tagtäglich müssen wir<br />
uns auf neue Dinge einstellen.<br />
Wie zum Beispiel auf eine<br />
neue Arbeitsstelle – oder den<br />
Verlust eines Jobs. Oder auch,<br />
im schlimmsten Fall, den Tod<br />
einer geliebten Person.“ Wenn<br />
das alles gelingt – warum<br />
sollten wir nicht auch mit einer<br />
Isolationsphase klarkommen?<br />
Um die Anpassung zu<br />
erleichtern, sollten wir zudem<br />
nicht stets von dem schlechtesten<br />
Zukunftsszenario der<br />
Corona-Pandemie ausgehen<br />
– das schüre unnötige Ängste,<br />
so Maria Kalaitzi-Sigwarth.<br />
Aber: „Wer dazu neigt, in dieser<br />
Situation ängstlich zu sein,<br />
sollte es auf keinen Fall in sich<br />
aufsaugen“, appelliert sie. „Es<br />
hilft, mit Vertrauenspersonen<br />
ganz offen über seine Ängste<br />
zu sprechen.“<br />
Während viele Menschen<br />
während der Corona-Pandemie<br />
mit angemessener Angst<br />
und natürlichen Gefühlen von<br />
Einengung reagieren, sind andere<br />
härter getroffen: Besonders<br />
labil seien laut Maria Kalaitzi-Sigwarth<br />
jene Personen,<br />
die ohnehin bereits mit Angststörungen<br />
und Zwangsstörungen<br />
zu kämpfen haben. Sie<br />
haben ein unnatürlich hohes<br />
Angstempfinden und reagieren<br />
sehr sensibel auf Impulse von<br />
außen, die auf mögliche Gefahren<br />
hinweisen. „Die Situation<br />
kann ihre Symptome verschlimmern“,<br />
berichtet Maria<br />
Kalaitzi-Sigwarth. So könnte<br />
eine zwangsgestörte Person<br />
auf irrationale Verhaltensweisen<br />
zurückfallen, wie zum<br />
Beispiel ein extremes Händewaschen<br />
– oft wird dieses »<br />
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