KURT April/Mai 2020
KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe April/Mai 2020
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Ausgabe April/Mai 2020
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Glauben & Zweifeln<br />
Glauben & Zweifeln<br />
Alle, die von Freiheit träumen...<br />
Isolation und Freiheit in Zeiten von Corona<br />
„Mir wird noch einmal mehr<br />
deutlich, wie sehr mein ganz<br />
persönliches Verhalten relevant<br />
ist für das Überleben von anderen“,<br />
sagt Martin Wrasmann.<br />
Menschen in Quarantäne, etliche, in Kontaktsperre alle,<br />
Social-Distance oder Physical-Distance sind die prägende Begriffe<br />
einer Zeit, die sich so unwirklich anfühlt, wie für heute Lebende<br />
keine Zeit zuvor, nach dem Krieg, in Europa und der Welt.<br />
Von Martin Wrasmann<br />
Es geschehen Dinge, die sich<br />
kaum einordnen lassen. Viele<br />
erzählen, dass ihnen Worte<br />
und Sprache fehlen, das<br />
zu beschreiben, was in ihnen<br />
vorgeht. Wem soll man glauben?<br />
Den Virologen, den Psychologen,<br />
den Ökologen, den<br />
Ökonomologen, den Theologen,<br />
den Politologen? Alles<br />
renommierte Berufssparten,<br />
die sich in ihrer Profession<br />
auf den Logos beziehen. Der<br />
Begriff Logos meint mehr als<br />
nur die flache Übersetzung<br />
„Wort“, es geht um mehr, um<br />
Weltvernunft, nicht mehr und<br />
nicht weniger, als der Frage<br />
nachzugehen, wie wir mit Vernunft<br />
so handeln, dass dabei<br />
die Würde aller Menschen im<br />
Blick bleibt.<br />
So ordnen sich dann Begriffe<br />
wie Isolation und Freiheit<br />
ganz anders.<br />
Für manche ist da das häusliche<br />
Verbleiben schon sehr<br />
einengend, während andere,<br />
Obdachlose, gar nicht wissen,<br />
wie sich Häuslichkeit anfühlt.<br />
Da fliegt die Regierung der<br />
BRD für mehr als 50 Millionen<br />
Euro deutsche Urlauber zurück,<br />
während der Landkreis<br />
Gifhorn es ablehnt, 20 Kinder<br />
aus Griechenland aufzunehmen.<br />
Die Sorge, wie die BRD aus<br />
der Covid-19-Krise herauskommt,<br />
lässt medial und sozial<br />
fast vergessen, wie die Hot-<br />
Spots der Armut, also der<br />
ärmsten Regionen der Welt<br />
förmlich untergehen. Länder<br />
schotten ihre Grenzen ab und<br />
sichern ihre Eigeninteressen,<br />
wie hat Europa noch über das<br />
„America First“ des US-Präsidenten<br />
gespottet.<br />
Aus all diesen Ambivalenzen<br />
wird deutlich: Es geht also<br />
um das große Ganze, den Logos,<br />
das ist ein Lernwert, wenn<br />
nicht sogar der wichtigste, den<br />
uns die Aufarbeitung der Virenkrise<br />
auferlegt.<br />
Und trotzdem bleibt das<br />
private Erleben von Freiheit<br />
und Isolation eine Wirklichkeit,<br />
der wir uns, jeder und<br />
Ökologisches Licht mit Solar<br />
<br />
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Weltladen Gifhorn<br />
Cardenap 5, Gifhorn<br />
Mo. - Fr. 10 - 18 Uhr<br />
Sa. 10 - 14 Uhr<br />
jede, einzeln und täglich stellen<br />
müssen.<br />
Während ich schreibe, sind<br />
gerade einmal zehn Tage der<br />
Kontaktsperre herum. Und<br />
ehrlich: Ich hätte bis hierhin<br />
nicht gedacht, dass unsere<br />
Zivilgesellschaft so viele<br />
Grundtugenden (Empathie,<br />
Solidarität, Wahrnehmung,<br />
Dialogfähigkeit, Verzicht et<br />
cetera) substantiell abrufen<br />
kann, diese Erfahrung kann ein<br />
Faustpfand für die zukünftige<br />
Gestalt unseres Zusammenlebens<br />
sein. Und mir wird noch<br />
einmal mehr deutlich, wie sehr<br />
mein ganz persönliches Verhalten,<br />
alltäglich, relevant ist<br />
für das Überleben von anderen,<br />
meine eigene Freiheit ist<br />
unwiderruflich verknüpft mit<br />
der Freiheit der anderen.<br />
Für unser Lernen in und<br />
nach der Krise wünsche ich<br />
mir, dass die Symbole der Krise<br />
präsent bleiben: der Mundschutz,<br />
der dafür sorgen kann,<br />
dass unsere Sprache sauber<br />
bleibt und andere nicht infiziert;<br />
die Handhygiene, die<br />
uns jetzt schon beim täglichen<br />
Waschen daran erinnert,<br />
dass niemand seine Hände in<br />
Unschuld waschen kann; ausreichend<br />
Abstand halten zu Positionen,<br />
mit denen ich nicht<br />
übereinstimme; Quarantäne,<br />
die mich daran erinnert, dass<br />
Entschleunigung mitunter<br />
sehr energievoll sein kann.<br />
Und dann ist da ja auch noch<br />
Ostern, das Fest der Auferstehung<br />
Jesu, das Fest, an dem<br />
Christen feiern, dass die Grenzen<br />
des Todes gesprengt sind<br />
und damit die Freiheit grenzenlos<br />
wird. Wer daran glaubt,<br />
ist über jeden Zweifel erhaben.<br />
Ich wünsche allen Leser*innen<br />
eine behütete Zeit.<br />
Martin Wrasmann, Pastoralreferent<br />
der katholischen St. Altfrid-<br />
Gemeinde in Gifhorn, schreibt die<br />
monatliche <strong>KURT</strong>-Kolumne „Glauben<br />
& Zweifeln“. Beipflichtungen<br />
wie auch Widerworte sind stets<br />
willkommen. Leserbriefe bitte an<br />
redaktion@kurt-gifhorn.de.<br />
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