KURT April/Mai 2020
KURT - Dein Magazin für Gifhorn Ausgabe April/Mai 2020
KURT - Dein Magazin für Gifhorn
Ausgabe April/Mai 2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Essen & Trinken<br />
Essen & Trinken<br />
Liebe auf Türkisch:<br />
Das Cappu verführt<br />
<strong>KURT</strong>s Gastro-Serie: Noch vor der Corona-Zwangspause ging‘s ins Cappu Bistro<br />
Wir leben in schwierigen Zeiten. Aus Versorgungsstopp-Angst sind<br />
Vollkorn-Fusilli und ja!-Penne eine eiserne Reserve geworden. Man<br />
könnte meinen, so wie einst jedem Geldschein ein Körnchen Gold<br />
gegenüberstand, sei nun die lose Nudel das Richtobjekt. Menschen<br />
nahe der geistigen Totalauflösung sitzen heute auf Bergen von Nudeln,<br />
während andere mal wieder nichts abbekommen. Es hat sich<br />
also nicht viel verändert, das allgemein anerkannte Verteilungsproblem<br />
hat Bestand, es äußert sich in diesen Tagen bloß anders. Das<br />
Tragische daran: Die Nudel wird nicht mehr geschätzt, so wie das<br />
Essen allgemein nicht mehr geschätzt wird. Steinzeit-Renaissance,<br />
wo das Nahrungsmittel zum Zweck und dessen Zubereitung zur<br />
Zweckhandlung verkommt. Lazy cooking at it‘s best – or worst.<br />
Von Malte Schönfeld<br />
Noch bevor die Bundesregierung<br />
wegen der Corona-<br />
Pandemie die Gaststättenbetreiber<br />
auf ihre Arbeit als<br />
Bringdienst oder Abholstation<br />
minimierte, entschieden<br />
meine Begleitung und ich<br />
uns dazu, uns der auf unbestimmte<br />
Zeit angeordneten<br />
Going-Out-Apokalypse<br />
mit positivem<br />
Trotz gegenüberzustellen<br />
und vorerst ein letztes<br />
Mal auszugehen.<br />
Über das schöne<br />
Kopfsteinpflaster des<br />
Gifhorner Marktplatzes<br />
erreichen wir also das Cappu<br />
Bistro, in der großen Fensterfront<br />
spiegelt sich der Frühling.<br />
Drinnen begrüßt uns<br />
– auf Abstand, aber dennoch<br />
mit sonnigem Lächeln – Fatih<br />
Kilic. Gastronom, Politiker,<br />
Menschenfreund. Wer Fatih<br />
beschreibt, beschreibt auch<br />
das kurz gerufene Cappu, denn<br />
selbst wenn der Hausherr mal<br />
nicht im Lokal weilt, ist er<br />
immer da. Das liegt vor allem<br />
daran, dass Fatih ein ausgezeichneter<br />
Gesprächspartner<br />
ist, und in dem Moment, wo<br />
man das Cappu betritt, ploppen<br />
immer wieder Erinnerungsstücke<br />
auf. Unterhaltungen<br />
mit Fatih lockern den Tag<br />
auf, geben ihm eine beiläufige<br />
Seriosität. Selten spricht er<br />
über negative Dinge, in allem<br />
sieht Fatih etwas Positives.<br />
Sein optimistischer Charakter<br />
hellt damit auch das Cappu an<br />
sich auf.<br />
Meine Begleitung und ich<br />
stöbern durch die Karte. „Was<br />
darf es denn sein?“, fragt die<br />
freundliche Bedienung. Tja,<br />
eine gute Frage, denn das<br />
größte Problem im Cappu<br />
ist, sich für eines der vielen<br />
herausragenden Gerichte<br />
zu entscheiden. Unsere<br />
Wahl fällt auf die türkische<br />
Linsensuppe als<br />
Vorspeise, zum Hauptgang<br />
nimmt meine Be-<br />
Cremige Vorspeise mit Punch:<br />
Die Linsensuppe kommt mit<br />
Weißbrot und Zitronenschnitt.<br />
Samtiger Rotwein und rustikaler Anadolu-Käse: Im Cappu verführt Inhaber Fatih Kilic <strong>KURT</strong>-Gourmet Malte.<br />
gleitung die Pizza Vegetaria,<br />
ich dagegen den Anadolu-Käse,<br />
dazu ein Glas Rotwein, das<br />
in der politisch heiklen Lage<br />
Halt geben soll.<br />
Nach kurzer Wartezeit trifft<br />
die Suppe ein, strengstens zu<br />
empfehlen. Weißbrot ist beigelegt,<br />
genauso ein Zitronenschnitt,<br />
dessen feine Spritzigkeit<br />
der cremigen Suppe einen<br />
Punch verleiht. Ideal für die<br />
kälteren Monate, oder eben<br />
für zwischendurch, denn im<br />
Cappu herrscht ein heiteres<br />
Kommen und Gehen, und es<br />
gibt Gäste, die sich in eine Wochenzeitung<br />
vertiefen, genauso<br />
wie die kleinen Grüppchen,<br />
die sich ihre Alltagssorgen von<br />
der Seele plaudern. Draußen<br />
sitzen zwei junge Frauen und<br />
ein Typ, sie rauchen. Irgendwie<br />
ist das alles sehr parisien,<br />
und das gefällt.<br />
Direkt im Anschluss treffen<br />
die großen Mahlzeiten ein,<br />
groß trifft in diesem Falle auch<br />
den Geschmack: Auf der Pizza<br />
thronen frische Paprika, <strong>Mai</strong>s,<br />
Zwiebeln und Champignons,<br />
und meine Begleitung hebt<br />
dazu hervor, dass auch der<br />
Teig – häufig unterschätzt –<br />
vorzüglich ist. Außen knackig,<br />
innen fluffig. Wer möchte, kann<br />
zu einem kleinen Aufpreis natürlich<br />
auch noch anderen<br />
Belag hinzufügen. Wem also<br />
der Geschmack nach Artischocken,<br />
Ananas oder Lachs<br />
steht, braucht bloß zu fragen.<br />
Ich dagegen bin frei von<br />
Wünschen, denn der Anadolu-Käse<br />
ist sicherlich einer<br />
der besten Ofenkäse in und<br />
um Gifhorn. Angerichtet in<br />
einer rustikalen Auflaufform,<br />
umgeben von aromatischem<br />
Knoblauchöl. Die anatolische<br />
Zubereitung des Schafskäse<br />
führt einen in die faszinierende<br />
Ecke türkischer Kochkunst:<br />
Hier wird der Knoblauch »<br />
74<br />
<strong>KURT</strong> <strong>KURT</strong> 75