PROMAGAZIN Mai 2020
Unsere Themen der Mai-Ausgabe: Heilbronn-Franken digital, PROWIRTSCHAFT Neustart, Bewerbung erwünscht: Initiative Zukunft
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PRO WIRTSCHAFT | Neustart<br />
Neustart | PRO WIRTSCHAFT<br />
Nicht nur tröstende Worte<br />
Krisenstimmung und kein Ende in Sicht: Die Corona-Pandemie hält<br />
Wirtschafts- und Privatleben weiter im Griff. Wie leitende<br />
Angestellte ihrem Team in solchen Zeiten Mut machen können,<br />
verrät Managementcoach Daniela Stotz im Interview.<br />
Wie können Chefs ihren Mitarbeitern in<br />
Krisenzeiten Mut machen?<br />
Daniela Stotz: Es geht weniger darum,<br />
Mut zu machen, als um die Vermittelung<br />
von Wissen und Förderung von<br />
Handlungsfähigkeit in Zeiten, in denen<br />
extreme Abweichungen vom<br />
Normverhalten ungeplant auftauchen.<br />
Im Klartext heißt das, als Vorgesetzter<br />
dem Team Mut über konkrete, möglichst<br />
neue Erkenntnisse und konkrete<br />
Handlungsschritte zu verdeutlichen<br />
und nicht verharmlosende, tröstende<br />
Worte wählen, wie es der eine oder andere<br />
Politiker tut.<br />
Die Situation entwickelt sich dynamisch.<br />
Keiner kann sagen, ob es morgen<br />
eine Verschärfung, Lockerung oder<br />
ganz andere Maßnahmen geben wird.<br />
Wie behält man einen kühlen Kopf?<br />
Stotz: Es gibt keine Gebrauchsanweisung,<br />
was wir jetzt konkret zu tun haben.<br />
Wir können nur auf unsere Erfahrungen<br />
bauen. In Kombination mit<br />
einem gesunden Maß an Intuition und<br />
einem zuversichtlichen Blick nach vorne<br />
sind das unsere Pseudo-Sicherheits-Haltegriffe.<br />
Dazwischen heißt es<br />
konkrete, relativ kleine Handlungsschritte<br />
einzubauen und relativ schnell<br />
zu überprüfen, ob die Teilziele oder<br />
angepeilte Richtung stimmt.<br />
Wie halten sich Chefs und leitende Angestellte<br />
jetzt selbst motiviert?<br />
Stotz: In solchen ungewissen Zeiten ist<br />
ein hohes Maß an Selbstfürsorge und<br />
Resilienzfähigkeit gefordert. Dazu<br />
muss klar sein, dass eine Krise eine<br />
Entscheidung zum Umbruch ist, die es<br />
zu meistern gilt. Um diese Phase erfolgreich<br />
zu bewältigen, bedarf es erstens<br />
der inneren Sicherheit, zweitens<br />
einem Richtungswechsel im Denken<br />
und Handeln mit passenden Lösungsstrategien,<br />
drittens genug Power, um<br />
diese Prozesse vorwärts zu treiben und<br />
viertens Kontrolle und Feedbackschleifen,<br />
damit die Übersicht bestmöglich<br />
behalten wird. Auch die Familie,<br />
positive Freunde, ein passendes<br />
Daniela Stotz, Inhaberin des<br />
Beratungsunternehmens ProDialog,<br />
arbeitet seit über 20 Jahren als<br />
zertifizierter Persönlichkeits- und<br />
Business-Coach sowie in der<br />
Organisationsentwicklung. Foto: privat<br />
Netzwerk und die Erinnerung an erfolgreich<br />
bewältigte Erlebnisse in der<br />
Vergangenheit stärken die Psyche.<br />
Welche Eigenschaften einer Führungsperson<br />
sind jetzt besonders gefragt?<br />
Stotz: Alle, die ein Team führen, benötigen<br />
dieselben Eigenschaften, wie bislang<br />
auch, nur sind sie jetzt noch stärker<br />
gefragt: ein souveräner Umgang<br />
mit Komplexität, ein gutes Nervenkostüm<br />
und Belastbarkeit, Umgang mit<br />
Krisen und Widersprüchlichkeiten,<br />
Fingerspitzengefühl für den passenden<br />
Zeitpunkt, Entscheidungserfahrung,<br />
eine ordentliche Portion Mut<br />
und Intuition. In der Krise zeigt sich<br />
nun besonders prägnant, ob ich dementsprechend<br />
gerüstet bin. Zur Bewältigung<br />
dieses extremen Krisen-Prozesses<br />
braucht es auch ein möglichst gutes<br />
Zusammenspiel im Team. Das Verhältnis<br />
der Führungskraft zu den Teammitgliedern<br />
kann ich nicht einfach<br />
plötzlich hervorzaubern: Die Ressource<br />
Vertrauen muss ich schon im normalen<br />
Alltag aufgebaut haben.<br />
Gibt es einen Typ Chef, der es jetzt besonders<br />
schwer hat?<br />
Stotz: Ja, allerdings. Das sind die<br />
Chef-Typen, die mit Chaos und Ungewissheit<br />
bislang auch nicht gut zurecht<br />
kamen. Eine Krise ist ein Gestaltungsprozess.<br />
Da gibt es viele Unwegsamkeiten.<br />
Der Perfektionist, für den so gut<br />
wie alles planbar und strukturiert sein<br />
muss, der überwiegend fixe Bilder und<br />
Vorstellungen im Kopf hat, wird an seiner<br />
Art ganz ordentlich scheitern. Er<br />
hat als Alternative nicht genug Denkund<br />
Handlungsrepertoire.<br />
Sollte man sein Augenmerk aktuell verstärkt<br />
auf die positiven Aspekte dieser<br />
Situation richten, zum Beispiel einen<br />
guten Zusammenhalt zwischen den<br />
Kollegen?<br />
Stotz: Nach vorne schauen ist immer<br />
gut. Den Blick zuversichtlich und motivierend<br />
nach vorne lenken zeichnet<br />
eine stabile<br />
„<br />
Persönlichkeit aus.<br />
Wir haben die Wahl,<br />
ob wir ins Jammern<br />
verfallen oder ob wir<br />
die Scheinwerfer nach<br />
vorne richten.<br />
Daniela Stotz<br />
“<br />
Wir haben immer eine Wahl, ob wir ins<br />
Jammern und Klagen verfallen und nur<br />
die Problembrille tragen, oder ob wir<br />
unseren inneren Scheinwerfer nach<br />
vorne lenken und mit Resilienz, dem<br />
festen Glauben, dass es gelingen wird,<br />
ausrichten. Ich muss mich der aktuellen<br />
Situation stellen. Damit mir das<br />
kraftvoll gelingt und ich meine inneren<br />
Zweifel und Ängste im Zaum halte, hilft<br />
es, möglichst nicht zu bewerten. Die<br />
Frage lautet: Was ist jetzt der nächste<br />
(kleine) Schritt? Wir lernen derzeit mit<br />
und aus der Situation. Wenn wir das<br />
verinnerlichen, dann verliert die heftige<br />
Krise ihre Macht, denn wir wollen<br />
aus ihr lernen.<br />
Was kann Halt und Orientierung in ungewissen<br />
Zeiten geben?<br />
Von Waldenburg in die<br />
weite Welt!<br />
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Erfolg und Höchstleistungen sind nur möglich, wenn ein starkes Team ein gemeinsames Ziel verfolgt.<br />
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Stotz: Professionelles Krisenmanagement<br />
gibt Halt. Um Risiken zu analysieren,<br />
abzuwägen, mutige Handlungsschritte<br />
ins gewisse Ungewisse zu<br />
gehen, ist es klug, wenn ich mich als<br />
Führungskraft mit einem Krisenstab,<br />
mit Fachleuten unterschiedlichster<br />
Disziplinen, im Unternehmen zusammensetze.<br />
Dieses Kriseninterventionsteam<br />
macht einen Schlachtplan: Welche<br />
Szenarien sind möglich? Welche<br />
Risiken gehen wir ein? Auf welche bestehenden<br />
Ressourcen können wir<br />
bauen? Statt autoritären Anweisungen<br />
von oben, ist ein professionelles Teamwork<br />
von hierarchisch gleichgestellten<br />
Fachexperten zur Erstellung eines Papers<br />
als Entscheidungsgrundlage in<br />
der Krisenzeit gefragt.<br />
Viele Mitarbeiter erleben gerade eine extreme<br />
Doppelbelastung: Sie arbeiten zu<br />
Hause und betreuen gleichzeitig ihre<br />
Kinder. Wie kann ich als Chef solche<br />
strapazierten Mitarbeiter unterstützen?<br />
Stotz: Neben der technischen Bereitstellung<br />
von Equipment braucht es<br />
auch gelegentlich ein persönliches Telefonat,<br />
in dem der Chef den Mitarbeiter<br />
nach seinem Ergehen fragt. Hier<br />
zeigt sich, ob in klassischen Zeiten vorab<br />
schon gut geführt wurde, ob ich als<br />
Vorgesetzter in gutem Kontakt mit den<br />
Mitarbeitern bin und ob der Informationsfluss<br />
grundlegend gut ist.<br />
<br />
Interview: Denise Fiedler<br />
42 <strong>Mai</strong> <strong>2020</strong><br />
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