architektur Fachmagazin Ausgabe 4 2020
architektur Fachmagazin Ausgabe 420
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<strong>architektur</strong> FACHMAGAZIN<br />
54<br />
Bildung & Kultur<br />
Der Innenraum nimmt das Motiv der „Sandkristalle“ auf und<br />
verwirklicht sie in eingefärbtem Sichtbeton. Auch in Nebenräumen<br />
und dem Waschbereich prägen die künstlichen<br />
Felsformationen den Raumeindruck entscheidend mit.<br />
Jedes der Volumina hat seine eigene Funktion und<br />
der gesamte Grundriss ergibt die Form einer gespiegelten<br />
Blume. Ein höhlenähnlicher Eingangsbereich<br />
bietet noch Platz und Zeit für ein Gespräch vor dem<br />
Gebet, dann trennen sich die Wege. Weibliche und<br />
männliche Gläubige gehen separiert durch die Raumfolgen,<br />
entsprechend dem spirituellen Ritual zur Gebetshalle.<br />
Es ist eine Erfahrung und Atmosphäre, die<br />
an die Höhle von Hirā erinnert – hier hat der Prophet<br />
Mohammed angeblich seine erste Offenbarung erhalten.<br />
Zuerst erreicht man die Waschräume, kann<br />
sich mental auf das Gebet vorbereiten und kommt<br />
schließlich in die großen Gebetshallen. Beide Hallen<br />
sind in Richtung Gibla (Mekka) orientiert. Die geometrischen<br />
Formen der Außenwelt finden sich auch in<br />
den Innenräumen wieder. Und zwar als von der Decke<br />
abgehängte Felslandschaften mit derselben optischen<br />
Erscheinung wie die Außenseiten. Innen wie<br />
außen bestehen die Wände aus sauber geschaltem,<br />
sandfarbenem Sichtbeton. Nur kleine Öffnungen<br />
durchbrechen die Decke im ansonsten geschlossenen<br />
Raum der Halle. Durch die runden Löcher dringt<br />
Tageslicht ein und in der Kombination mit abgehängten<br />
punktförmigen Pendellampen ergibt sich der Anschein<br />
eines Sternenhimmels. Das wiederum ist eine<br />
Allegorie an die Eigenschaft der Beduinen, sich an<br />
den Sternen zu orientieren.<br />
Während die Eingangsbereiche und die Waschräume<br />
mit Oberlichten aus Beton versehen sind, ist das Innere<br />
der Gebetshalle an der Decke mit Kupfer verkleidet<br />
– so entsteht eine endlose Reflexion der Lichter<br />
als Symbol des Kosmos. Auch wird so der Grundgedanke<br />
des Entwurfes wie ein Fraktal wieder in den<br />
Raum eingebunden. Die Menschen haben eben immer<br />
schon zum Himmel aufgeblickt, sich gewundert<br />
und über ihre eigene Existenz reflektiert. •