planet toys 3/20
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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CORONA SPEZIAL
planet toys 31
J.R.: Es wird vermutlich eine Gegenbewegung
geben, sobald sich die Stores auf
die neue Normalität eingestellt haben.
Stand heute ist das noch nicht der Fall.
Ich sehe das tatsächlich sehr kritisch.
Der Druck auf diesen Vertriebsweg hat
jetzt noch mal zugenommen. Der negative
Trend wird sich wohl noch mal
beschleunigen, das kann man nicht wegdiskutieren.
Als Industrie heißt es jetzt
neue Konzepte zu stärken und neue zu
entwickeln. Als Partner sehen wir uns
hier in der Pflicht, uns entsprechend
zu beteiligen.
Kinder- und Familienspiele sowie Puzzles
sind das zweitstärkste Segment bei
Ihnen. Konnte auch Clementoni vom
staatlich verordneten Cocooning profitieren?
J.R.: Ja, gerade dieses Segment, vor allem
Galileo, Experimentieren und Arts
& Crafts, profitieren überproportional,
aber bestimmte Warengruppen haben
auch schon vor der Corona-Krise sehr
gut funktioniert. Die Herausforderung
für uns ist jetzt, mit dem gestiegenen
Bedarf Schritt zu halten.
Der Umsatz kletterte von 2015 bis Ende
2019 von 12 Mio. € auf 18,7 Mio. €.
Clementoni ist die Nr. 25 im deutschen
Markt. Sie wollen weitere Potenziale
heben. Wo sehen Sie die?
J.R.: Potenzial sehe ich definitiv in den
Wachstumssegmenten wie Puzzle, Galileo
Experimentieren und Zauberkästen. In
allen Segmenten werden wir zusätzlich
durch entsprechende Neuheiten weitere
Impulse setzen.
Der Erfolg von Clementoni wird stark
von Lizenzen bestimmt. Was tragen lizenzierte
Spielwaren zum Umsatz bei?
J.R.: Lizenzierte Spielwaren machen
75 % Prozent unseres Portfolios aus.
Allerdings müssen wir hier stark differenzieren.
Richtig ist, dass unser Geschäft
lizenzgetrieben ist, aber Galileo
und Ehrlich Brothers sind für uns kein
klassisches Lizenzgeschäft, sondern auf
Jahre angelegte „lizenzierte Partnerschaften“.
Wir entwickeln die Produkte
maßgeblich selbst und entscheiden dann
gemeinsam mit unseren Lizenzpartnern,
wann und wie wir diese im deutschen
Markt einführen. Eine entsprechende
eng abgestimmte Marketingstrategie
ist dabei zusätzlich entscheidend.
Eine zu große Abhängigkeit sehen Sie
nicht? Bei Lizenzen braucht es, wie ein
Wettbewerber sagte, neben Nase auch
eine gehörige Portion Glück.
J.R.: Nein, denn die Zusammenarbeit
mit Galileo oder den Ehrlich Brothers
sind langfristig angelegte Partnerschaften.
Sie sind, wie gesagt, auch separat
vom traditionellen Lizenzgeschäft zu
sehen und deutlich weniger abhängig
von der jeweiligen Stärke eines Trends.
Bei klassischen Lizenzthemen, sprich
wenn es genau um diese Trends geht,
brauchen sie „den richtigen Riecher“
und müssen zur richtigen Zeit die richtigen
Entscheidungen treffen. Der Anteil
dieses Geschäftes ist bei uns prozentual
aber auch deutlich geringer.
Was wird dieses Jahr denn bei den Lizenzthemen
angesagt sein?
J.R.: Mit Disney bieten wir ab Mai eine
exklusive Play for Future Puzzle-Linie.
Play for Future steht für ein nachhaltiges
Konzept, auf das wir sehr stark setzen.
Zudem schätzen wir diverse Netflix-Serien,
die weniger abhängig von der aktuellen
Situation sind, als sehr starke
Lizenzthemen ein. Bei den klassischen
Lizenzthemen existieren derzeit ein paar
Herausforderungen, weil es aufgrund
der Krise beispielsweise zu deutlichen
Verschiebungen bei Kinofilmen kommt,
u. a. bei „Minions 4“.
Der Spielwarenfachhandel spielt bei
Clementoni eine eher untergeordnete
Rolle, er liegt auf dem vorletzten Platz,
während der Versandhandel nach dem
Fachmarkt auf Platz 2 kommt. Warum?
J.R.: Das liegt in erster Linie daran, dass
wir, im Gegensatz zu anderen Firmen,
keinen personalintensiven Außendienst
haben, um den Fachhandel direkt zu erreichen,
und zum anderen an unserer
Größe, aber auch der internen Struktur.
Wollen Sie das ändern?
J.R.: Wir wollen und werden das ändern,
und zwar über neue Konzepte, an denen
wir gerade arbeiten. Die Krisensituation
wird das jetzt noch beschleunigen, denn
auch der Fachhandel muss neue Wege
gehen. In den nächsten ein bis zwei Monaten
dürften wir so weit sein, um das
Konzept präsentieren zu können.
»Lizenzierte Spielwaren
machen 75 % unseres Portfolios
aus. Allerdings müssen
wir hier stark differenzieren.«
JAN REMUS
Geschäftsführer Clementoni GmbH
Bei den Neuheiten sind uns die Linien
Toys for Future und dynamix aufgefallen.
Welche Rolle spielt das Thema
Umwelt und Natur in Italien? Klimakunde
ist in Italien seit letztem Jahr
ja Schulfach..
J.R.: Umwelt und Natur haben auch
in Italien definitiv einen sehr hohen
Stellenwert. An der einen oder anderen
Stelle nimmt Italien durchaus eine
Vorreiterrolle ein, wie Sie es richtig bemerkt
haben. Auf Clementoni und unser
Geschäft bezogen heißt das, dass wir
uns das Thema Nachhaltigkeit sehr genau
anschauen und uns fragen, welchen
Beitrag wir als Spielwarenunternehmen
liefern können, z. B. bei der Verpackung
oder den Produkten selbst. Unabhängig
von der Krisensituation glaube ich,
dass es nach wie vor ein sehr aktuelles
Thema ist und der gesellschaftliche Diskurs
darüber aus sehr guten Gründen
weitergehen wird.
Und Play for Future ist ein Beitrag?
J.R.: Ja, wir sehen ein wachsendes Bedürfnis
bei Eltern, ihre Kinder für Themen
wie Nachhaltigkeit, Klima und Natur zu
sensibilisieren. Spielware ist in diesem
Kontext ein wunderbares Tool, das wir
Eltern an die Hand geben können, um
Zusammenhänge aufzuzeigen und zu
erklären. Unsere Experimentier-Sets
sind nicht nur nachhaltig hinsichtlich
der Materialien, sondern unterstützten
Eltern also auch dabei, durch Spielware
eine Verbindung zur Natur herzustellen
und wie man sie wieder wertzuschätzen
lernt. Play for Future ist eine unserer
Antworten auf die Wünsche der Eltern.
Die dynamix ist ein Lizenzprodukt des
Berliner Startups BionicToys. Wann ist
mit der Einführung zu rechnen?
J.R.: Der Kontakt ist 2019 zustande gekommen.
In diesem Jahr haben wir
in Nürnberg die ersten Produkte den
Kunden gezeigt, um sie dann auf Basis
des Feedbacks weiterzuentwickeln
und marktfähig zu machen. Aktuell planen
wir eine Markteinführung im ersten
Halbjahr 2021.
Herr Remus, wir bedanken uns für das
Gespräch.