planet toys 3/20
Fachmagazin für den Spielwaren- und Buchhandel
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CORONA SPEZIAL
planet toys
STIRBT JETZT DIE
INNENSTADT?
»Die stationären Geschäfte
durften erst viel zu spät
und viel zu zögerlich
wiedereröffnen.«
»Die Erfahrung der
letzten Tage zeigt, dass
wir noch lange mit der
Krise zu kämpfen haben.«
STEFFEN KAHNT
Geschäftsführer BVS
CARSTEN VIEHWEG,
Geschäftsführer Vieweg Spiel + Freizeit
Corona hat die stationären Händler auf eine brutale
Belastungsprobe gestellt. Erst durften die Drogerie- und
Verbrauchermärkte das Ostergeschäft in ihren Märkten
abfeiern. Danach konnten sich nur die kleineren Geschäfte
freuen, denn bei den ersten Öffnungen wurde erneut diskriminiert.
Selten wurden wir positiv überrascht – wie bei
der Öffnung der Babymärkte in NRW. Aber auch das war
kein Zufall. Unsere gesamte Einzelhandelsorganisation
war vom ersten Tag an im „Kriegszustand“ und hat bei der
Bundesregierung und den Ministerpräsidenten im direkten
Gespräch die existenziellen Probleme der Händler formuliert.
Wie Bundes- und Landespolitiker sich daraufhin positionierten,
konnte man den Medien entnehmen – da war
dann die Rede von „Öffnungs-Diskussions-Orgien“ und
dem „starken Mann“. Krisenzeiten sind keine Kuschelzeiten.
Und manchmal muss man auch nerven. Denn die
stationären Geschäfte durften erst viel zu spät und viel zu
zögerlich wiedereröffnen. Da war vielerorts zu viel Angst,
zu wenig Flexibilität und Kreativität unterwegs. Auch ohne
echte gesundheitliche Risiken einzugehen, wäre mehr
möglich gewesen. Das hat gerade auch die Unternehmen
in der Innenstadt jede Menge Geld gekostet und manches
Geschäft wird die aktuelle Durststrecke nicht durchhalten!
Damit die stationären Händler mehr Luft zum Atmen bekommen,
müssen vor allem die Lasten zwischen Mietern
und Vermietern gerecht verteilt werden. Es ist unerhört,
dass sich nur eine Minderheit der Vermieter auf eine
Senkung des Mietzinses wegen Corona eingelassen hat.
Und deswegen ist es auch gut so, dass jetzt mit Hochdruck
in Berlin über eine gesetzliche Regelung diskutiert wird.
Immerhin: Viele Händler haben ihre Beziehung zum Kunden
neu definiert und auch viel Solidarität erfahren. Doch
erst wenn auch Gastronomie & Co. hochfahren, kommt die
Innenstadt wieder in den Shoppingmodus. Aber eins haben
die Kunden auch gelernt: wie sich eine tote Innenstadt
ohne Handel anfühlt. Und das dürfte manchen ins Grübeln
gebracht haben.
Die Corona-Pandemie hat die Lage des Spielwarenhandels
verschärft und die Befürchtung, der Handel
in Innenstädten könnte einer der Verlierer sein, ist
berechtigt. Der Spielwarenhandel leidet seit Jahren
massiv unter dem Druck von E-Commerce, Drogerien,
Discountern und Lebensmittelhändlern. Eindeutiger
Profiteur während der Krise ist der Online-Kanal und
vor allem Amazon. Kollegen erzählen, dass sie für den
US-Riesen die meisten Pakete gepackt haben. Seine
Zusatzangebote von Prime mit Filmen, Serien und
Musik haben durch die Pandemie an Bedeutung gewonnen.
Die Öffnung meiner beiden Geschäfte und die
Kundenresonanz geben mir allerdings wieder Anlass
zur Hoffnung! Den Osterumsatz müssen wir abhaken
und aktuell jede finanzielle Unterstützung so lange
wie möglich nutzen. Die Erfahrung der letzten Tage
zeigt, dass wir noch lange mit der Krise zu kämpfen
haben, weil wir noch nicht auf dem Umsatzniveau des
Vergleichszeitraums 2019 sind. Etwas leichter tut sich
mein „kleineres“ Geschäft mit knapp 300m 2 . Hier liegt
der Vorteil in der sehr intensiven Kundenbeziehung.
Die Filiale in einem Einkaufszentrum mit über 1000 m 2
nimmt langsam Fahrt auf. Hier zeigt sich die Abhängigkeit
von der Öffnung aller Geschäfte und der Angebotsvielfalt.
Deshalb gilt für mich derzeit: auf Sicht fahren,
Einkaufsrisiko minimieren, Aufträge, wo es geht,
stornieren, Just-in-time ordern und margenstarke
Sortimente gezielt und flexibel steuern, um Liquidität
zu sichern. Ich hoffe, dass die Verbraucher bis Weihnachten
die Krise weitestgehend verdrängt haben. Die
zwei letzten Monate sind auch 2020 für uns von existenzieller
Bedeutung, dieses Jahr mehr denn je!