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Die Malteser-Zeitung 2/2020

Berichterstattung über nationale und internationale Tätigkeiten des Souveränen Malteser-Ritter-Orden und seiner Werke sowie religiöse, karitative und soziale Fragen aller Art.

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LEBENSWERT<br />

HILFE ZUR SELBSTHILFE MIT<br />

„PEREGRINUS“<br />

Wer eine Krisensituation erlebt, stellt sich die Frage nach dem „Warum“. Aktuell wundern wir uns im Kollektiv, warum es<br />

zur Coronapandemie gekommen ist. Daneben gibt es viele Einzelschicksale, bei denen diese Frage eine sehr persönliche<br />

Rolle spielt.<br />

Von Marie Czernin<br />

Von einer Pandemie ist potenziell die ganze Welt betroffen.<br />

Wenn jedoch jemand erkrankt, betrifft es eine<br />

konkrete Person, die mit dieser Nachricht ganz individuell<br />

umgeht. So war es auch bei mir, als ich vor zwei<br />

Jahren die Diagnose Brustkrebs im fortgeschrittenen<br />

Stadium erhielt. Plötzlich schien mein Leben an einem<br />

Abgrund angelangt zu sein. „Warum ich? Warum das alles<br />

auf einmal jetzt?“<br />

Eine Erkrankung kommt nie zum richtigen Zeitpunkt.<br />

Bei mir trat auch noch ein großes Schuldgefühl auf:<br />

„Warum habe ich den Tumor nicht schon viel früher<br />

bemerkt? Warum war ich so lange nicht mehr bei der<br />

Mammographie?“ Mit der Zeit stellte ich mir auch allgemeine<br />

Fragen: „Warum erkranken so viele Menschen<br />

heute an Krebs? Warum sind so viele Frauen von Brustkrebs<br />

betroffen?“ Immerhin leidet heute – das besagen<br />

viele Studien – jede achte Frau an einem Mammakarzinom.<br />

Tendenz steigend.<br />

„Das muss doch einen Sinn haben“<br />

Mein Glück war, dass ich in jenem Moment nicht in den<br />

Abgrund hinunterschaute, der sich plötzlich vor mir<br />

auftat – ich wäre sonst sicher in die Tiefe gestürzt. Stattdessen<br />

setzte ich mich auf eine Bank, holte tief Luft und<br />

blickte nach oben. Und so kam ich auf bessere Gedanken,<br />

anstatt mich zu bemitleiden und zu verzweifeln.<br />

„Das muss doch irgendeinen Sinn haben“, ging es mir<br />

durch den Kopf. Ich suchte nach einer plausiblen Antwort.<br />

Zwar konnte mir niemand – nicht einmal mein<br />

Arzt – beantworten, ob ich jemals wieder ganz gesund<br />

werde, aber mit der Zeit fand ich andere Antworten auf<br />

meine vielen Fragen und entdeckte allmählich auch einen<br />

tieferen Sinn hinter der Erkrankung.<br />

Ich lernte vor allem, sie nicht zu verdrängen. Nur so<br />

konnte ich den Tumor und meine Metastasen im Knochen<br />

nicht nur meinem Arzt, sondern vor allem auch<br />

Gott hinhalten und Ihn um Heilung bitten. Ich lernte<br />

in dieser Zeit, alles anzunehmen, was auch immer noch<br />

auf mich zukommen sollte. Ich lernte, Gott und Seiner<br />

barmherzigen Allmacht mehr zuzutrauen und weniger<br />

auf meine eigene Intelligenz zu bauen. Ich lebte auf einmal<br />

viel bewusster, war dankbarer für die kleinen Dinge<br />

des Alltags. So durfte ich erfahren, dass jeder Tag ein besonderes<br />

Geschenk ist – trotz und gerade wegen seiner<br />

großen Herausforderungen.<br />

Stille, Meditation und Gebet<br />

Während meiner onkologischen Reha in Bad Erlach<br />

sprach ich mit mehreren Frauen und Männern über ihre<br />

Krebserkrankung. Beim Nordic Walking teilten wir unsere<br />

Erfahrungen mit der ärztlichen Behandlung. Wir<br />

hörten uns Vorträge über die heilsamen Aspekte des<br />

Sports, über psychologische Hilfsangebote und gesunde<br />

Ernährung an. Als wir bei einer Gruppenveranstaltung<br />

der Psychologin die Dinge aufzählen sollten, die uns<br />

während der Krebstherapie am meisten Kraft und neue<br />

Energie verliehen hatten, erklärte ich: „Stille und Meditation“.<br />

Worauf ein Herr neben mir noch ergänzend<br />

hinzufügte: „Gebet“. Ich war überrascht, dass sich dieser<br />

Mann „geoutet“ hatte und kam mit ihm ins Gespräch.<br />

Er war Pastoralassistent, Vater von vier Kindern, hatte<br />

Prostatakrebs und schöpfte täglich neue Kraft aus der<br />

Betrachtung der Bibel.<br />

In Bad Erlach freundete ich mich außerdem mit einer<br />

Dame an, die bereits mehrere Operationen und vier<br />

Chemotherapien hinter sich hatte. Atossa Trautten-<br />

16<br />

DIE MALTESER 2/<strong>2020</strong>

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