29.07.2020 Aufrufe

KÜCHENPLANER Ausgabe 07/08-2020

Die Fachzeitschrift KÜCHENPLANER zählt zur Pflichtlektüre der deutschen Küchenspezialisten. Achtmal jährlich werden mehr als 6.000 Küchenplaner und Einkäufer in den Küchenfachmärkten, Küchenfachabteilungen in Möbelhäusern, Küchenstudios und in der Küchenindustrie angesprochen.

Die Fachzeitschrift KÜCHENPLANER zählt zur Pflichtlektüre der deutschen Küchenspezialisten. Achtmal jährlich werden mehr als 6.000 Küchenplaner und Einkäufer in den Küchenfachmärkten, Küchenfachabteilungen in Möbelhäusern, Küchenstudios und in der Küchenindustrie angesprochen.

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sehr ungeordnete Weise gemischt. Wenn man manchen<br />

Stimmen folgt, ist dieser Zustand von Flexibilität<br />

als Nonplusultra zu sehen, ganz kurz vor Schlaraffenland.<br />

Aber ist es das wirklich? Was macht es<br />

mit den Menschen, wenn die Ruheinsel Zuhause<br />

plötzlich nicht mehr privat ist?<br />

Da wird sich die Spreu vom Weizen trennen. Sprich:<br />

In die, die das können, und in die, die daran fast verzweifeln,<br />

weil sie die Arbeit vielleicht auch ein Stück<br />

weit als Flucht genutzt haben, um aus unterschiedlichen<br />

Gründen eben nicht so lange Zuhause sein zu<br />

müssen.<br />

Heißt das: Homeoffice muss man lernen?<br />

Oder besser: müssen manche lernen?<br />

Müssen manche lernen. Die, die es können, tun es eh<br />

schon. Das kenne ich auch aus eigener Erfahrung und<br />

weiß inzwischen um meine stärksten Zeiten, wann<br />

ich im Flow bin und kreativ und produktiv arbeiten<br />

kann. Ich kenne aber auch viele, die sagen: „Ich habe<br />

um 12 Uhr mittags noch den Pyjama an, trinke den<br />

15. Kaffee und habe immer noch nichts getan.“ Die<br />

stellt dieses Zwangs­Homeoffice vor echte Herausforderungen.<br />

Weil die Arbeit schließlich irgendwann erledigt<br />

werden muss, und sie im Zuhause einen Platz<br />

dafür finden müssen. Und der sollte spätestens für die<br />

Video­Konferenzen auch noch ein klein wenig repräsentativ<br />

wirken.<br />

Die Integration von Arbeit ins Zuhause ist also eine<br />

Herausforderung für jeden einzelnen und für die<br />

Gestaltung der konkreten Umgebung. Was bedeutet<br />

dies schlussendlich für die Küchenplanung?<br />

Die Herausforderung für den Küchenplaner ist im<br />

Grunde ganz unabhängig von Corona. Aber jetzt wird<br />

diese Herausforderung noch offensichtlicher: Es gilt<br />

wahrzunehmen, was dieser Mensch, der vor einem<br />

steht und eine neue Küche möchte, eigentlich wirklich<br />

braucht. Ich kann als Küchenplaner in der aktuellen<br />

Zeit Vermutungen haben, ich sollte es aber tunlichst<br />

vermeiden, gewisse Dinge vorauszusetzen. Zum Beispiel,<br />

dass jeder einen integrierten Homeoffice­Platz in<br />

seiner neuen Küche benötigt.<br />

Wenn ich aber anfange, meinen Kunden in seiner<br />

Gesamtheit wahrzunehmen, quasi ein Gespür für ihn<br />

entwickle, dann bin ich als Berater ganz schnell bei<br />

konkreten Fragen zur Lebenssituation: „Wie war es<br />

denn bei Ihnen mit Corona? Mussten Sie auch plötzlich<br />

von zu Hause arbeiten? Hat das für Sie gut geklappt?“<br />

Wenn ich mich derart für die Situation meines Kunden<br />

interessiere, bekomme ich sehr wichtige Informationen<br />

aus seinem Leben erzählt. Dadurch entsteht wertvolles<br />

Vertrauen. Und wenn ich dann noch verstehe, was mir<br />

der Kunde berichtet, kann ich eine gefühlt viel persönlichere<br />

Küche planen. Und die Wahrscheinlichkeit<br />

steigt, dass er mir hinterher um den Hals fällt. Oder sie.<br />

Wo sie dann zu ihrem Mann sagt: „Hans, ich will bei<br />

dem Herrn Müller kaufen, es ist mir egal, dass es dort<br />

etwas teurer ist als bei dem distanzierten Meier. Aber<br />

das ist so toll wie der das gemacht hat. Guck mal, der<br />

hat sogar den Platz eingeplant, wo Du mit dem Laptop<br />

sitzen kannst.“ Wenn sich ein Verkaufs­ und Planungsprozess<br />

so entwickelt, wird der Preis zweitrangig.<br />

Also dass der Kunde sich nicht nur mit seinen Bedürfnissen<br />

als Küchenbewohner gesehen fühlt,<br />

sondern als Mensch verstanden wird?<br />

Die sogenannte bedürfnisorientierte Küchenplanung<br />

ist für mich eher eine technische Bedarfsermittlung<br />

mit Checkliste. „Was wollen Sie für einen Backofen?<br />

Wie groß soll der Geschirrspüler sein?“ Das ist wie der<br />

Begriff schon sagt eine Ermittlung aber kein Verstehen.<br />

Sollten wir dann, vielleicht etwas überspitzt formuliert,<br />

von einer verständnisorientierten Küchenplanung<br />

sprechen?<br />

Bedarf, Bedürfnis, Verstehen . . . diese Begriffe sind mir<br />

ehrlich gesagt zu rational. Es geht darum: Wenn ich es<br />

schaffe, in die Welt des Kunden einzutauchen, wird er<br />

mir am Ende um den Hals fallen. Schaffe ich es nicht,<br />

wird der Preis entscheiden. Dann bin ich mit meinem<br />

Angebot austauschbar.<br />

Das ist mein Ansatz: Tauchen wir als Planer in die<br />

Welt des Kunden ein. Und fragen wir nach: Was ist<br />

denn für ihn die Küche? Was bedeutet für ihn der Begriff<br />

Zuhause? Braucht er überhaupt ein Homeoffice?<br />

Oder die Frau oder die Kinder für den Hausunterricht?<br />

Es mag sein, dass künftig immer mehr Küchenspezialisten<br />

zu Experten für integrierte Homeoffice­Plätze<br />

werden. Und doch sollten sie ihre Kunden immer fragen,<br />

ob so ein Platz überhaupt gebraucht wird. Es geht<br />

um den individuellen Menschen, der im Planungsgespräch<br />

vor mir steht. Wirklich in Kontakt mit ihm werde<br />

ich nur kommen, wenn ich beginne ihm zuzuhören<br />

und die richtigen Fragen stelle.<br />

Vielen Dank.<br />

Das Gespräch führte Dirk Biermann<br />

Fortsetzung folgt<br />

„Warum sollte ich meine Kunden verstehen lernen?<br />

Ich will doch nur Küchen verkaufen!“ Ausgehend von<br />

diesem fiktiven Einwand setzen wir das Gespräch mit<br />

Susanne Krüger in der nächsten <strong>Ausgabe</strong> fort. Dann<br />

geht es auch darum, was sie unter KÜCHENGESPÜR<br />

versteht.<br />

7/8/<strong>2020</strong> <strong>KÜCHENPLANER</strong> 29

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