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ishlt - Pabst Science Publishers

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transplantation aktuell - Sonderheft 2006 GRUßWORTE<br />

Grußwort zum 20-jährigen Bestehen des BDO - Bundesverband der Organtransplantierten e. V.<br />

Transplantationen bei Kindern waren noch vor mehr als 20 Jahren zunächst Neuland in der sich fortentwickelnden Hochleistungsmedizin.<br />

Nur wenige Zentren in Europa konnten mit ihrer Erfahrung bei Organversagen schnell und auch nachhaltig<br />

durch Transplantation helfen. In Deutschland war es zunächst Hannover mit seiner Medizinischen Hochschule und dem unvergesslichen<br />

Prof. Pichlmayr, wo nahezu pionierhaft sich ein Expertenteam etablierte, welches später mit der Berufung einzelner<br />

prominenter Transplantationschirurgen vor allem große Erfahrungen auf dem Gebiet der Lebertransplantation sich erwerben<br />

konnte.<br />

Daniela, später nannten auch wir sie Danny, wurde als akut bedrohtes Kind mit 4 ½ Jahren im Jahr 1987 in die Kinderklinik des<br />

Diakoniewerkes Kaiserswerth aufgenommen. Die Geschichte zu ihrer Transplantation ist auch die Geschichte, wie es zur Gründung<br />

des "Vereins zur Förderung von Lebertransplantationen e. V." im Jahr 1988 kam. Danny wurde mit schwerer Anämie (Hämoglobin<br />

unter 5 g/%) in einem lebensbedrohlichen Zustand, mit schwerer Gelbsucht und vor allem einer bedrohlichen Blutgerinnungsstörung<br />

stationär aufgenommen. Die Diagnose eines Alagille-Syndrom wurde schnell gestellt, die Notfalltherapie insbesondere<br />

zur Behandlung der Blutarmut und der kombinierten Blutgerinnungsstörung, vor allem leberbedingt, zunächst erfolgreich<br />

eingeleitet. Dennoch, der klinische Zustand blieb weiterhin so bedrohlich, dass innerhalb der ersten drei Tage nach der<br />

stationären Aufnahme die Frage mit den Eltern erörtert werden musste, dieses Kind so schnell als möglich in ein Zentrum für<br />

Lebertransplantation zu verlegen.<br />

Die Suche nach einem Zentrum, welches schnell eine Leber anbieten könnte, führte nach Chicago zu Prof. Dr. Christoph<br />

Broelsch, der wenige Tage nach dem Behandlungsbeginn in Kaiserswerth - zufällig in Deutschland - konsiliarisch Danny aufsuchte,<br />

die Indikation zur Lebertransplantation bejahte, um dann von Chicago aus innerhalb weniger Tage über Nacht den Eltern<br />

das Angebot machen zu können, bei der nun vorhandenen kindlichen Leber, so schnell als möglich in Chicago die Lebertransplantation<br />

durchzuführen. Die Transplantation war erfolgreich bis zum heutigen Tage bei der nun über 20 Jahre alten Danny.<br />

Es war nun das Anliegen, mit den Eltern von Danny die für sie als Trauma empfundene Zeit der Indikationsstellung zur Transplantation,<br />

der Zeit danach unbedingt noch zu besprechen. Es sollte geklärt werden, ob ein tiefer Greuel zurück geblieben sein<br />

könnte. Die erfolgreich abgelaufene Transplantation jedoch wurde zum Mittelpunkt des Gespräches mit Dannys Eltern. Auf die<br />

Frage, ob sie - die Eltern - ggfs. ihre so profunden Erfahrungen auch anderen Eltern zukommen lassen wollen, wurde nach kurzem<br />

Nachdenken dahingehend bejaht, dass der "Verein zur Förderung von Lebertransplantationen e. V." im Jahr 1988 von diesen<br />

Eltern gegründet wurde.<br />

In Deutschland existierte schon seit dem Jahr 1986 zusätzlich eine "Interessensgemeinschaft Herztransplantierter Deutschlands<br />

e.V. (IHD)". Die Interessenslage der zu transplantierenden Patienten war in vielen Bereichen so deckungsgleich, dass schließlich<br />

die Begründerin des "Vereins zur Förderung von Lebertransplantationen e. V." sich mit dem IHD zusammenschloss, sodass<br />

ab dem Jahr 1993 beide Vereine nun in einem Bundesverband der "Organtransplantierten e. V." gemeinsam als Selbsthilfeverband<br />

für Transplantationsbetroffene Organtransplantationen in Deutschland wegweisend voran bringen konnten.<br />

Die Lebensgeschichte von Danny ist zur Geschichte der Organtransplantation in Deutschland geworden. In geradezu einmaliger<br />

Weise erwuchs aus tiefer Betroffenheit, Sorge um das eigene Kind und dessen Leben, eine Selbsthilfevereinigung mit Fachkompetenz,<br />

Menschlichkeit und Fähigkeit für die Anliegen der vor allem auf die Transplantation wartenden Patienten. Weiterhin<br />

ist es eine große Not, dass das Missverhältnis von Patienten, die auf Organe warten und Organe, die zur Transplantation<br />

von schwerkranken Menschen zur Verfügung gestellt werden, fortbesteht und somit nicht alle Patienten, die eine Transplantation<br />

dringend benötigen, tatsächlich noch rechtzeitig genug zur Transplantation gelangen können. Der "BDO" hat dennoch viele<br />

Menschen dazu bewegt, nach ihrem eigenen Tod ihrem Leben dadurch einen Sinn zu geben, dass sie ein Organ, oder sogar<br />

mehrere Organe, für bedrohte Patienten zur Verfügung stellen. Diese in jedem Menschen möglicherweise reifende Entscheidung<br />

direkter Nächstenliebe ist es, die in hoffnungsvollen Situationen, so wie bei Danny, Patienten und ganzen Familien wieder<br />

Hoffnung geben kann.<br />

Als Vorsitzender von "Kindernetzwerk e. V." und vom Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der Universität München<br />

aus, gratuliere ich dem BDO, dem gesamten Vorstand und seinen Mitgliedern und den Begründern des IHD, des "Vereins zur<br />

Förderung von Lebertransplantationen e. V.", zu dem Zusammenschluss beider Vereinigungen im "Bundesverband der Organtransplantierten<br />

e. V.". Ich wünsche dieser Vereinigung, dass entgegen allen schmerzlichen Einschnitten im Gesundheitswesen,<br />

aber auch bei dem sich mehr und mehr abzeichnenden Wertewandel in unserer Gesellschaft, weiterhin kompetente Zentren<br />

mit den notwendigen Mitteln zur Transplantation ausgestattet werden. Ich wünsche mir auch, dass weiterhin Menschen am Ende<br />

ihres Lebens sich bereit erklären, nach ihrem Ableben ihre Organe zur Transplantation bedrohten und verängstigten Menschen<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Dannys Lebensgeschichte zeigt uns, wie sie bis zum heutigen Tag weiter leben konnte, weiter leben wird und wie der Tod eines<br />

Menschen dadurch einen neuen Sinn bekommen konnte, selbst im Sterben auf Organe hoffenden Menschen bei ihrer Lebensbedrohung<br />

ein Organ, oder mehrere Organe zum Geschenk für das Weiterleben zu machen.<br />

Mit vielen guten Wünschen begleite ich den BDO in meinem Amt als wissenschaftlicher Beirat und wünsche der Vereinigung<br />

Gottes Segen.<br />

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Hubertus von Voß, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin<br />

der Ludwig-Maximilians-Universität, Kinderzentrum München<br />

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