ishlt - Pabst Science Publishers
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transplantation aktuell - Sonderheft 2006<br />
Harnblase. Bei einer erfolgreichen Operation setzt<br />
Nierentransplantation heute und<br />
die Urinproduktion oft bereits intraoperativ (wäh-<br />
vor 20 Jahren<br />
rend der OP) ein, und der Empfänger ist häufig ein<br />
Dr. med. Saskia Merkel,<br />
bis zwei Tage später wieder mobil. Die durchschnitt-<br />
Prof. Dr. med. Anke Schwarz, Hannover<br />
liche Verweilzeit im Krankenhaus hat sich heutzutage<br />
auf 10 - 20 Tage reduziert, kann aber beispielsweise<br />
durch bestehende Vorerkrankungen auch<br />
durchaus länger sein. Vor 20 Jahren betrug sie mindestens<br />
drei Wochen.<br />
Dialyse versus Indikation NierenTx<br />
Die Nierentransplantation ist ein elektiver Eingriff,<br />
dem aus medizinischer Sicht nur zugestimmt wird,<br />
wenn dadurch nicht mit einer Gefährdung des Empfängers<br />
gerechnet werden muss. Immerhin stellt die<br />
Dialyse ein Verfahren dar, mit dem trotz terminaler<br />
TRANSPLANTATIONSMEDIZIN<br />
Geschichtlicher Streifzug<br />
Die Transplantation einer Niere stellt heute ein gut<br />
etabliertes Verfahren als Alternative zur Dialysebehandlung<br />
dar. 1954 erstmals unter eineiigen Zwillingsbrüdern<br />
erfolgreich in Boston durchgeführt, gelang<br />
dem gleichen Chirurgen fünf Jahre später eine<br />
Transplantation unter genetisch nicht identen Brüdern<br />
und 1962 die Verpflanzung einer Niere von einem<br />
verstorbenen Spender. Vorausgegangen war<br />
1945 die Entdeckung der immunologischen Abstoßungsreaktion,<br />
Blutgruppeneigenschaften waren zu<br />
der Zeit bereits bekannt, und 1958 wurde des HLA-<br />
System, das die Gewebeeigenschaften jeder Zelle<br />
des Körpers beschreibt, bekannt. Die chirurgische<br />
Technik insbesondere der Gefäßanastomosen (Gefäßanschlüsse)<br />
schien beherrschbar. Die immunologische<br />
Problematik der Abstoßung konnte jedoch<br />
erst durch Einführung neuer Immunsuppressiva geschaffen<br />
werden. Zunächst gab es nur die Kortikosteroide.<br />
Erst der Einsatz von Azathioprin in den 60er<br />
Jahren brachte den ersten großen Fortschritt. Ein<br />
noch größerer Fortschritt wurde 1983 durch Cyclosporin<br />
A erreicht, einen sog. Calcineurininhibitor, der<br />
bei guter Verträglichkeit zum Rückgang der Abstoßungsrate<br />
um etwa 20 % führte. Später kam mit Tacrolimus<br />
ein ähnliches Medikament mit noch stärkerer<br />
Wirkweise zum Einsatz.<br />
Das Operationsverfahren<br />
Eine Nierentransplantation (NTx) gilt heute als relativ<br />
einfaches Operationsverfahren, sie dauert in der Regel<br />
zwei Stunden. Vor der Entnahme des Organs<br />
wird die Spenderniere mit geeigneten Perfusionslösungen<br />
durchspült. Auf Eis gekühlt sollte sie innerhalb<br />
30 Stunden verpflanzt werden, da das Gewebe<br />
proportional der kalten Ischämiezeit akut geschädigt<br />
wird, was später zu einer Nichtfunktion beitragen<br />
kann. Ein Transport auch über weite Strecken ist in<br />
diesen Stunden möglich, eben zum Transplantationszentrum,<br />
in dem der von Eurotransplant herausgesuchte<br />
Empfänger wartet. Nach nochmaliger Prüfung<br />
der Gewebeverträglichkeit und vorbereitenden<br />
Untersuchungen insbesondere zum Ausschluss eines<br />
akuten infektiösen Geschehens ist die Operation<br />
dann kurzfristig möglich. Dabei wird die Spenderniere<br />
extraperitoneal (außerhalb oder an der Außenseite<br />
des Bauchfells) in die Fossa iliaca (konkave Innenseite<br />
der Darmbeinschaufel) im seitlichen Unterbauch<br />
eingesetzt. Die „alten“ Nieren bleiben in der<br />
Regel an Ort und Stelle. Die Nierengefäße werden<br />
mittransplantiert und an die Beckengefäße anastomisiert<br />
(angeschlossen), der Spender-Harnleiter an die<br />
Niereninsuffizienz auch ohne geeignetes Spenderorgan<br />
ein Überleben des Patienten über > 30 Jahre gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Zur Prüfung der Transplantabilität muss der potentielle<br />
Empfänger eine Reihe von Untersuchungen<br />
durchlaufen, die klären, ob es einen pathologischen<br />
Befund gibt, der eine Transplantation unmöglich,<br />
bzw. vor einem solchen Verfahren weitere Maßnahmen<br />
erforderlich macht. Dazu gehören die Untersuchung<br />
des Herzens mittels EKG, Belastungs-EKG und<br />
Echo, ggf. auch eine Herzkatheteruntersuchung; eine<br />
Duplexsonographie der Becken- und Beingefäße<br />
zur Klärung der Frage, ob der Anschluss der Nierengefäße<br />
möglich oder aber beispielsweise durch fortgeschrittene<br />
Arteriosklerose unmöglich ist und ob<br />
mit einer Durchblutungsstörung des Beines auf der<br />
Tx-Seite gerechnet werden muss. Herz und Gefäße<br />
werden während der Wartezeit regelmäßig, meist<br />
einmal jährlich erneut geprüft, den Patienten wird<br />
zur körperlichen Fitness geraten, Übergewicht und<br />
Rauchen sollten vermieden werden, ein Bluthochdruck<br />
muss optimal eingestellt sein. Auch müssen<br />
häufige Tumorerkrankungen ausgeschlossen sein,<br />
wie auch mögliche Infektherde, wie sie z.B. im Bereich<br />
der Zähne und des HNO-Traktes häufig vorkommen.<br />
Testung der Lungenfunktion, auch im Hinblick<br />
auf die notwendige Narkose, Röntgen- und<br />
Blutuntersuchungen, ein Ultraschall des Bauches<br />
und ggf. auch eine Magenspiegelung runden das<br />
Vor-Programm ab.<br />
Entscheidend: Die ersten sechs Monate<br />
Stellt die Operation als solche heute ein relativ komplikationsarmes<br />
Verfahren dar, ist vor allem die erste<br />
postoperative Zeit als kritisch zu beurteilen. Eine prophylaktische<br />
Immunsuppression wird notwendig,<br />
wodurch Infekte vermehrt vorkommen. Trotz Immunsuppression<br />
kommt es bei 20 - 30 % der Patienten<br />
im ersten halben Jahr zu einer akuten Abstoßungsreaktion,<br />
wodurch vermehrte Immunsuppression<br />
notwendig wird.<br />
In vielen Zentren haben sich zum Monitoring (Überwachung)<br />
Protokollbiopsien etabliert, die zu festgelegten<br />
Zeitpunkten durchgeführt, häufig bei sonst<br />
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