ishlt - Pabst Science Publishers
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transplantation aktuell - Sonderheft 2006<br />
Niereninsuffizienz und Dialysebehandlung, die auf<br />
Inselzelltransplantation<br />
ein Nierentransplantat warten oder bereits nierentransplantiert<br />
sind und aus diesem Grunde ohnehin<br />
immunsuppressiv behandelt werden müssen. Eine<br />
weitere Patientengruppe, die durch Wiederherstellung<br />
einer normalen Stoffwechsellage durch Transplantation<br />
des untergegangenen Inselapparates trotz<br />
der notwendigen Immunsuppression erheblich profitieren<br />
könnte, umfasst Patienten mit nachgewiesener<br />
ausgeprägter Unterzuckerungswahrnehmungs- und<br />
–Gegenregulationsstörung und Patienten mit schwerer<br />
autonomer (kardialer) Nervenschädigung.<br />
Inselzelltransplantation - Isolations- und<br />
Transplantationstechnik<br />
Für eine Inselzellisolation wird eine Bauchspeichel-<br />
TRANSPLANTATIONSMEDIZIN<br />
1<br />
Dres. med. Daniel Winter, Michael Eckhard,<br />
Mathias D. Brendel,<br />
Prof. Dr. med. Reinhard G. Bretzel, Gießen<br />
Intensivierte Insulintherapie mit normnaher<br />
Stoffwechseleinstellung:<br />
Günstigere Effekte auf Folgeschäden aber<br />
gesteigertes Hypoglykämierisiko<br />
Verschiedene europäische Studien als auch die Ergebnisse<br />
der einer prospektiven, multizentrischen<br />
Studie in den USA und Kanada (DCCT) haben belegt,<br />
dass durch intensivierte Insulintherapie, Schulung<br />
und Selbstkontrolle mit nachfolgend verbesserter<br />
Stoffwechseleinstellung das Auftreten und die<br />
Progression von Diabetes-Folgeschäden am Augenhintergrund,<br />
Nieren und Nerven signifikant verringert<br />
werden. Allerdings gilt dies nicht mehr für fortgeschrittene<br />
Organschäden. Es wurde im Mittel<br />
auch nur eine Senkung, aber keine Normalisierung<br />
der durchschnittlichen Blutzuckerwerte, gemessen<br />
am glykosylierten Hämoglobin (HbA1c), erreicht.<br />
Zudem verdreifacht sich die Zahl schwerer Unterzuckerungsepisoden<br />
verdreifachte sich unter der intensivierten<br />
Insulintherapie und es traten vermehrt<br />
schwere Stoffwechselentgleisungen (Ketoazidosen)<br />
in den Fällen von kontinuierlicher subkutaner Insulininfusion<br />
(Insulinpumpentherapie) auf. Das therapeutische<br />
Fenster zwischen ausreichend guter HbA1c-<br />
Einstellung und gesteigertem Unterzuckerungsrisiko<br />
ist sehr eng.<br />
Gründe für eine Pankreas- oder<br />
Inselzelltransplantation<br />
Der Ersatz des erkrankten Inselzellapparates durch<br />
Pankreasorgan- oder Inselzelltransplantation ist demgegenüber<br />
gegenwärtig das einzige Therapieverfahren<br />
mit dem sich von Insulininjektionen unabhängig<br />
eine normale Blutzuckerlage und signifikante Verbesserung<br />
oder Normalisierung des glykosylierten<br />
Hämoglobins ohne die Gefahr einer Hypoglykämie<br />
(Unterzuckerung) erzielen kann. Der damit verbundene<br />
Nachteil besteht in einer lebenslangen immunsuppressiven<br />
Behandlung des Empfängers mit möglichen<br />
Nebenwirkungen (Schäden durch die Medikamente<br />
selbst, erhöhte Infektanfälligkeit, häufigeres<br />
Auftreten von bestimmten Krebserkrankungen im<br />
Langzeitverlauf) und hohen Therapiekosten. Daher<br />
stellt sich die Indikation zur Pankreasorgan- oder Inselzelltransplantation<br />
gegenwärtig nahezu ausschließlich<br />
nur bei Typ-1 Diabetikern mit chronischer<br />
drüse eines hirntoten Organspenders gemäß den<br />
Vorgaben des Transplantationsgesetzes benötigt.<br />
Nach Einspritzen einer Enzymlösung (Kollagenase)<br />
und Temperatur- und Fluss-gesteuerter Durchspülung<br />
erfolgt eine enzymatische und mechanische<br />
Auftrennung der Bauchspeicheldrüse in intakte Langerhans’sche<br />
Inseln und andere Pankreasgewebefragmente.<br />
Im Anschluss wird eine Aufreinigung der<br />
isolierten Inseln mittels einer Dichtegradientenzentrifugation<br />
durchgeführt. Nach Bestimmung der Inselmenge<br />
und –reinheit erfolgt eine Qualitätskontrolle<br />
der Präparation (Insulinsekretion, Zellviabilität, Ausschluss<br />
bakterieller Kontamination u. a.). Die Inselzellübertragung<br />
erfolgt ohne Operation, wobei ähnlich<br />
wie bei einer Leberpunktion unter örtlicher Betäubung<br />
der Punktionsstelle und kontrolliert mit einer<br />
Computertomographie oder Ultraschall ein Katheter<br />
in die Leber-Pfortader eingeführt wird. Unter<br />
Druckmessung in diesem Gefäß werden die Inseln<br />
langsam über 15 - 20 Minuten infundiert. Der Stichkanal<br />
im Lebergewebe wird durch mehrere, resorbierbare<br />
(vom Körper selbst verdauende) Kollagenpropfen<br />
verschlossen und ein Hautpflaster appliziert.<br />
In Abhängigkeit des verwendeten Immunsuppressionsprotokolls<br />
und des jeweilig vorgesehenen Patientenmonitoring<br />
ist die Inselzelltransplantation<br />
prinzipiell auch als ambulanter Eingriff durchführbar.<br />
Transplantationszahlen und funktionale Ergebnisse<br />
der Inselzelltransplantation.<br />
Nach den Daten des International Islet Transplant<br />
Registry2 (ITR, Gießen) sind zwischen dem 1. 1.<br />
1990 und dem 31.12.2005 weltweit über 1.000 Inselzelltransplantationen<br />
bei Patienten mit Typ-1 Diabetes<br />
mellitus durchgeführt worden. Etwa 40 % der<br />
Patienten erhielten ein simultanes Nieren-Inselzell-<br />
Transplantat vom gleichen Spender („simultaneous<br />
islet-kidney“, SIK), etwa 30 % der Patienten eine In-<br />
1 Literaturangaben zu diesem Beitrag können bei Bedarf bei der Redaktion möglichst per E-Mail angefordert werden.<br />
2 International Islet Transplant Registry (ITR), Dr. med. Mathias D. Brendel, III. Medizinische Klinik & Poliklinik, Universitätsklinik Gießen, 35385<br />
Gießen, Tel. (0641) 99-42821, Fax (0641) 99-42849, E-Mail: Mathias.D.Brendel@innere.med.uni-giessen.de, http://www.med.unigiessen.de/itr/<br />
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