BT_04-2020_Nord_epaper
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Markus Engel,<br />
Fachanwalt<br />
für Familienrecht<br />
SERVICE<br />
RATGEBER RECHT<br />
UNTERHALT BEI HOHEM EINKOMMEN<br />
Früher war alles besser<br />
Wurde der Unterhalt früher gerade bei höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach dem<br />
sogenannten konkreten Bedarf berechnet, so hat sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs<br />
hierzu nahezu vollständig verändert, was oftmals zu einer deutlich höheren Unterhaltsbelastung des<br />
Unterhaltsschuldners führt.<br />
Der Bundesgerichtshof hat in seiner<br />
Entscheidung vom 15.11.2017 (BGH<br />
XII ZB 503/16) seine frühere Rechtsprechung<br />
zur konkreten Bedarfsfeststellung<br />
beim Ehegattenunterhalt bei<br />
besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen<br />
der Ehegatten aufgegeben.<br />
Bis zu dieser Entscheidung war es gerade<br />
bei höheren Einkommen so, dass<br />
der/die Unterhaltsberechtigte seinen/<br />
ihren nach dem sogenannten konkreten<br />
Bedarf darlegen musste. Dies hatte<br />
zur Folge, dass dargelegt werden musste,<br />
welche Beträge in der Vergangenheit<br />
tatsächlich monatlich verbraucht<br />
wurden. Der nach dem konkreten Bedarf<br />
zu ermittelnde Ehegattenunterhalt<br />
fiel oftmals, trotz hoher Einkünfte des<br />
Unterhaltspflichtigen, erstaunlich niedrig<br />
aus, weil monatlich gar nicht derartig<br />
hohe Beträge verbraucht wurden.<br />
Der BGH hat seine Rechtsprechung<br />
nunmehr dahingehend geändert, dass<br />
die Grenze für die Vermutung der vollständigen<br />
Verwertung des Familieneinkommens<br />
für den Lebensbedarf auf<br />
11.000,00 € monatlich angehoben wird.<br />
In einem aktuellen Beschluss vom<br />
16.09.<strong>2020</strong> (BGH XII ZB 499/19) hat<br />
der BGH nunmehr entsprechendes<br />
auch für den Kindesunterhalt entschieden.<br />
Bislang war es so, dass sich der<br />
Kindesunterhalt in der Regel nach den<br />
Einkommensgruppen der Düsseldorfer<br />
Tabelle gerichtet hatte. Grundsätzlich<br />
war es zwar auch möglich, den Kindesunterhalt<br />
nach dem konkreten Bedarf<br />
zu ermitteln um zu höheren Un-<br />
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Kanzlei Friedrichshafen:<br />
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Telefon 07541 7008-0 – Fax 07541 26408<br />
terhaltsbeträgen zu gelangen. Dies war<br />
jedoch oftmals genauso schwierig und<br />
erfolglos wie beim Ehegattenunterhalt.<br />
Nach dieser neuen Entscheidung muss<br />
auch beim Kindesunterhalt keine konkrete<br />
Darlegung des Unterhaltsbedarfs<br />
erfolgen, sofern das Einkommen des<br />
Barunterhaltspflichtigen 11.000,00 €<br />
monatlich nicht übersteigt. Obwohl die<br />
Düsseldorfer Tabelle derzeit lediglich<br />
zehn Einkommensgruppen ausweist,<br />
soll diese entsprechend (linear)<br />
fortgeschrieben werden. War<br />
es bislang so, dass ein Unterhaltspflichtiger<br />
bei einem<br />
Einkommen ab 5.500,00 €<br />
bis 11.000,00 € daher den<br />
gleichen Kindesunterhalt<br />
bezahlen musste, werden<br />
sich zukünftig bei höheren<br />
Einkommen deutlich höhere<br />
Kindesunterhaltszahlbeträge ergeben.<br />
Vermutlich wird die Rechtsprechung<br />
aber korrektive dahingehend<br />
finden, dass mit den höheren Unterhaltsbeträgen<br />
bereits ein Mehr an Sonder-<br />
und Mehrbedarf mit abgedeckt ist.<br />
Aufgrund der bisherigen Rechtsprechung<br />
des Bundesgerichtshofs war es<br />
insbesondere Besserverdienern auch<br />
möglich, die leidige Erteilung von Auskünften<br />
über die Einkommensverhältnisse<br />
zu verweigern, indem man sich<br />
darauf berufen hatte, unbegrenzt leistungsfähig<br />
zu sein. Mit diesem Berufen<br />
auf die unbegrenzte Leistungsfähigkeit<br />
wird es nunmehr jedoch ein Ende haben.<br />
Allenfalls wird eine derartige Er-<br />
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klärung zukünftig für den Unterhaltspflichtigen<br />
nachteilige Folgen haben.<br />
War es früher also so, dass man sich<br />
bei höheren Einkommen auf Seiten des<br />
Unterhaltsverpflichteten nahezu „beruhigt“<br />
zurücklehnen und der Dinge<br />
harren konnte, die da kommen, müssen<br />
zukünftig neue Strategien gefahren<br />
werden, um Unterhaltsansprüche zu<br />
begrenzen und zu reduzieren.<br />
KUBON<br />
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Christian Kubon*<br />
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