planet toys_Dez_2020
planet toys Dezember
planet toys Dezember
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ARENA<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong> 11<br />
IST DAS WEIHNACHTS-<br />
GESCHÄFT VERLOREN?<br />
»Ich halte auch die Kritik,<br />
dass im Online-Geschäft<br />
kein Geld zu<br />
verdienen sei, nicht für<br />
stichhaltig.«<br />
NILS HOLM<br />
Zierleyn, Nordhorn<br />
»Der Lockdown light,<br />
der jetzt bis zum 20.<br />
<strong>Dez</strong>ember verlängert<br />
wurde, ist für uns ein<br />
weiterer Schlag ins<br />
Gesicht.«<br />
TORSTEN MESTER<br />
Häuptling Teddy Toys Kinderwelt<br />
nein!<br />
Das Weihnachtsgeschäft wird nur anders aussehen als in den<br />
vorherigen Jahren. Ein „kriegsentscheidender“ Faktor ist aus<br />
meiner Sicht dabei die Lage des jeweiligen Geschäftes. Spielwarengeschäfte,<br />
die in Einkaufszentren liegen, leiden sicherlich<br />
extrem unter dem aktuellen Soft-Lockdown, weil dort<br />
einfach die Frequenz fehlt. Die Gründe dafür sind bekannt:<br />
generelle Vorsicht vor Ansteckung, eine latente Kontaktallergie,<br />
das neu erworbene Gefühl, es geht auch online. Typische<br />
1B-Lagen, die gut mit dem Auto zu erreichen sind, werden diese<br />
Zurückhaltung deutlich weniger zu spüren bekommen. Der<br />
zweite Faktor, der über Wohl und Wehe des Weihnachtsgeschäftes<br />
entscheidet, ist die digitale Strategie eines Geschäftes.<br />
Zierleyn verfolgt hier mehrere Ansätze, u. a. einen eigenen<br />
Webshop. Auch von der VEDES haben wir viel Unterstützung in<br />
den letzten Wochen und Monaten erhalten, z. B. durch Google<br />
Ads. Unisono wurde über das fehlende Ostergeschäft geklagt,<br />
weil der harte Lockdown dazu geführt hat, dass zwar Drogerien<br />
oder der LEH Spielzeug verkaufen konnten, aber nicht der<br />
Spielwarenspezialist. Ich kann sagen, dass Zierleyn beim Ostergeschäft<br />
nicht so viel aufzuholen hatte, weil das fehlende<br />
stationäre durch das Online-Geschäft kompensiert wurde. Ich<br />
halte auch die Kritik, dass im Online-Geschäft kein Geld zu verdienen<br />
sei, nicht für stichhaltig. Richtig ist, dass man es nicht<br />
nebenbei machen kann, sondern mit der gleichen Intensität<br />
betreiben muss, als würde man ein zweites Geschäft oder eine<br />
weitere Filiale eröffnen. Zierleyn hat noch nie so sauber Adventskalender<br />
durchverkauft wie in diesem Jahr – trotz Lockdown<br />
light. Ich bin davon überzeugt, dass das ohne eine klare<br />
Online-Strategie deutlich schwieriger geworden wäre. Allerdings<br />
stimme ich mit einigen Prognosen, auch der vom HDE<br />
überein, was die Situation vieler Einzelhändler betrifft. Sobald<br />
die Aussetzung des Insolvenzmelderechts aufgehoben wird,<br />
dürfte es im Spielwarenhandel zu Schließungen kommen. Ob<br />
es sich dabei um die „ganz Großen“ oder die eher Kleinen handeln<br />
wird, bleibt abzuwarten. Das hat aber aus meiner Sicht<br />
weniger mit einem fehlenden Weihnachtsgeschäft zu tun.<br />
Mehr Sorgen bereitet mir da schon die Vorstellung, dass es<br />
im Januar durch über Weihnachten steigende Infektionszahlen<br />
dann zu Verschärfungen kommt.<br />
ja!<br />
Der Lockdown im Frühjahr war schon ungerechtfertigt und<br />
führte zu massiven Wettbewerbsverzerrungen. Baumärkte,<br />
Drogerien mit Mischsortiment auflassen, aber Spielzeugfachgeschäfte<br />
nicht? Ungerechter konnte man es nicht machen.<br />
Der Lockdown light, der jetzt bis zum 20. <strong>Dez</strong>ember verlängert<br />
wurde, ist für uns ein weiterer Schlag ins Gesicht. Dass<br />
man Großveranstaltungen absagt, dafür bringe ich Verständnis<br />
auf. Aber die Gastronomie, die vorbildliche Hygienekonzepte<br />
vorgelegt hat, vom Netz nehmen? Da fehlt mir einfach<br />
das Fingerspitzengefühl. Das Resultat ist doch, dass jetzt in<br />
den Innenstädten und Shopping-Centern die Frequenz fehlt,<br />
und das in einer Zeit, wo wir unser Hauptgeschäft haben. Ich<br />
wage die Prognose, dass wir vielleicht nur 2/3 des Vorjahresniveaus<br />
im Weihnachtsgeschäft erreichen. Fakt ist, das<br />
Teddy Toys Läden betreibt, die, bis auf Herford, immer über<br />
1.000 m 2 liegen. Alle Vorgaben werden dort penibel eingehalten:<br />
Kunden pro Quadratmeter, Abstand, Hygiene, Maskenpflicht.<br />
Mir kann keiner erzählen, dass unsere Geschäfte Superspreader-Orte<br />
sind. Besonders bitter mitanzusehen ist es<br />
deshalb, dass sich Schulen zu den größten Infektionsherden<br />
mit ihren vollen Klassen, vollen Schulhöfen, vollen Schulbussen<br />
entwickelt haben. Die Politik hatte ein halbes Jahr Zeit<br />
gehabt, um sich praktikable Lösungen zu überlegen. Es hat<br />
sich nichts getan. Jetzt werden erneut die Falschen bestraft.<br />
Und wer jetzt glaubt, das Online-Geschäft würde es richten,<br />
irrt. Zwar konnte auch Teddy Toys seine Online-Umsätze steigern,<br />
aber wir haben immer von stationären Umsätzen gelebt.<br />
Die Kosten im Internet sind definitiv zu hoch. Der einzige<br />
Profiteur ist Amazon, der die Infrastruktur nutzt, aber keine<br />
Steuern bezahlt und uns die Preise um die Ohren haut. Ich<br />
würde mir wünschen, einmal ein politisches Schwergewicht<br />
aus Berlin zu Gesicht zu bekommen, um ihm zu sagen: Was<br />
da läuft, ist nicht in Ordnung! Teddy Toys versucht natürlich<br />
angesichts der Situation, die Kosten runterzufahren und sich<br />
noch stärker um die Kunden zu kümmern. Wer in den letzten<br />
Jahren wirtschaftlich gut gehaushaltet hat, wird die Krise<br />
überstehen, aber für manche, die etwa frisch in der Branche<br />
sind, sehe ich dunkle Wolken am Himmel aufziehen, wenn<br />
die Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht endet.