Frühstück bei Sokrates - Lalegion-pictures.com
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Abbé de Tersac, Pfarrer von Saint-Sulpice, wartete gespannt<br />
auf Diderots Tod. Er erhoffte sich eine Rückkehr zur Religion,<br />
eine gutchristliche Agonie, anständige Gewissensbisse, vor<br />
Zeugen ausgesprochen von diesem verlorenen Schaf - und was<br />
für einem Schaf, dem Anführer der philosophischen Partei<br />
höchstpersönlich! Als er erfuhr, daß die Gesundheit des damals<br />
71 Jahre alten Diderot schwächer wurde, machte sich der<br />
Pfarrer an ihn heran. Er empfahl dem Kranken wenn schon<br />
keine Konversion, so doch wenigstens eine Abkehr von seinen<br />
antireligiösen Werken. Angélique und »Toinette« Diderot,<br />
seine Tochter und seine Frau, verfolgten seine Machenschaften<br />
und witterten die Gefahr. Sie beschlossen, aus der<br />
Rue Taranne in eine Wohnung in der Rue de Richelieu umzuziehen.<br />
Ein Wechsel des Viertels verhieß den Wechsel der<br />
Gemeinde und damit Erlösung von Abbe de Tersac und seinem<br />
Tauschgeschäft: eine schöne Beichte des Philosophen<br />
gegen eine christliche Bestattung. Grausame Erpressung, denn<br />
wer nicht kirchlich beerdigt wurde, landete auf einem Armenfriedhof.<br />
Ein Hundetod ... Es war Zeit, in die Rue de Richelieu<br />
umzuziehen.<br />
Am 31 Juli 1784 gegen Mittag starb Diderot. Er saß <strong>bei</strong> Tisch.<br />
Kein Totenbett, kein Abbe, keine Konversion.<br />
Der Pfarrer der Gemeinde Saint-Roch zeigte sich verständnisvoller<br />
und gestattete eine christliche Beerdigung. Zwar hatte<br />
Diderots Tochter etwa eintausendfünfhundert Livres für<br />
die Bestattung bezahlt - ein hübsches Sümmchen -, aber die<br />
Alternative bestand nur im Massengrab.<br />
12.<br />
Charles de Secondat, Baron de Montesquieu und de la Brède,<br />
Lehnsherr von Raymond, Goulard, Bisqueytan und anderen<br />
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