Frühstück bei Sokrates - Lalegion-pictures.com
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sich nicht. Davon ließ sich der Philosoph jedoch nicht entmutigen.<br />
Wie fast alle großen Geister seiner Zeit glaubte er an<br />
Telepathie, an Hellseherei, an Träume als Vorboten von<br />
Krankheiten, an Tischrücken, an Erscheinungen von Lebenden<br />
und Toten, an Ektoplasmen und an Poltergeister. Als sein<br />
heißgeliebter Hund Atma eine kranke Vorderpfote hatte,<br />
brachte Schopenhauer ihn zu einem gewissen Dubourg, der<br />
das Tier achtmal magnetisierte. Vergeblich: Atma humpelte<br />
immer noch. »Ich bin untröstlich!« rief Schopenhauer aus.<br />
7.<br />
Die Seele, jenes Organ, das heute als immateriell betrachtet<br />
wird, hatte von alters her bestimmte Ausdehnungen. Ihre<br />
Größe nennt sich Großmut (magnus animus auf Latein und<br />
megalopsychia auf Griechisch). Aristoteles macht daraus die<br />
charakteristische Tugend des Philosophen. Im Gegensatz<br />
dazu steht Kleinmut (pusillus animus, pusillus: sehr klein), das<br />
heißt Engstirnigkeit, Feigheit, Zaghaftigkeit und damit Verkennung<br />
der eigenen Größe. Will man den Philosophen des<br />
18. Jahrhunderts definieren, diesen weltlichen Intellektuellen,<br />
der immer noch gläubig ist, aber die Gewänder des Theologen<br />
abgestreift hat, könnte man seine Haupttugend Großmut<br />
nennen. Sie faßt die charakterlichen Qualitäten des Philosophen<br />
zusammen: Energie, Begeisterungsfähigkeit, Vertrauen<br />
in sich selbst und in die Menschen.<br />
8.<br />
Erwähnen wir als zusätzliche Qualität die Langmut (lungus<br />
animus), das heißt die Länge der Seele, eine kostbare Eigenschaft,<br />
die darin besteht, so lange wie möglich geduldig zu bleiben<br />
und einen Wutausbruch zu vermeiden. Dahin gelangt<br />
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