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Frühstück bei Sokrates - Lalegion-pictures.com

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13.<br />

Platon erklärt, daß Geschriebenes nur ein falsches Wissen<br />

erzeugt, daß das Buch in entgegengesetztem Sinne wirkt, weil<br />

es Antworten auf Fragen gibt, die man sich nicht gestellt hat,<br />

und nicht antwortet auf Fragen, die man ihm gern stellen würde.<br />

Platon behauptet, daß geschriebene Reden nur ein bequemes<br />

Notizbuch sind. So war übrigens die Praxis zu seiner Zeit.<br />

Um eine Lehrmeinung weiter zu verbreiten, um auch Schüler<br />

in der Ferne zu unterrichten, war das Geschriebene nützlich<br />

wie ein Transportmittel. Aber einmal an Ort und Stelle angelangt,<br />

dort, wo es um die Seele und ihr Heil ging, wurde der<br />

Brief des Meisters stets laut vorgelesen.<br />

Wenn Platon recht hat, wenn jeder Denker, der dieses<br />

Namens würdig ist, nur der Sprache das Wesentliche seines<br />

Denkens anvertraut, dann muß man Alarm schlagen. Denn in<br />

diesem Fall verfügen wir heute lediglich über den Abschaum<br />

der Philosophien. Was wir von Platon besitzen, ist nur der<br />

untergegangene Teil seines Werkes. Der Rest, das Wichtigste,<br />

war dem Mündlichen anvertraut und ist folglich verlorengegangen.<br />

Arme Kommentatoren, die glauben, mit einem Buch<br />

auch die Substanz einer Denkweise zu besitzen.<br />

14.<br />

Im Sommer 1980 gewährt Louis Althusser dem italienischen<br />

Fernsehsender RAI ein Interview. Die Aufnahmen finden im<br />

Freien statt, auf einer Terrasse in Rom. Es ist das erste Mal,<br />

daß Althusser einverstanden ist, im Fernsehen zu sprechen.<br />

Bis dahin hat er ein diskretes, geheimes Leben geführt, das<br />

Leben eines Eingesperrten, der sein Büro in der Ecole Normale<br />

Supérieure in der Rue d'Ulm - wo er seine Wohnung hatte<br />

- nur verließ, um sich - sehr häufig - anderswo einsperren<br />

zu lassen: in psychiatrischen Kliniken. Ein sehr akademisches<br />

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