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Frühstück bei Sokrates - Lalegion-pictures.com

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Ja, insofern als die Philosophie im 18 Jahrhundert in den Salons<br />

und Cafes stattfindet. Dennoch geht Rousseaus Gesellschaftsleben<br />

weiter, nur die Form wandelt sich: Diners, Empfänge<br />

auf dem Lande. Man besucht ihn, man schreibt ihm. In<br />

Paris war er nur ein Gast unter vielen, kein besonders glänzender<br />

Unterhalter, kein Mensch, der sich wirklich vorteilhaft<br />

ins Licht zu rücken verstand. In Montmorency wird er<br />

ein »Bauer«, er wird das Rauh<strong>bei</strong>n, der »Bär«, der von sich<br />

behauptet, kein Geschenk anzunehmen und keinen Besuch zu<br />

empfangen. Was die Neugier der Aristokraten verdoppelt, die<br />

mit dieser Art der Zurückweisung wenig vertraut sind. Sie verfallen<br />

in Bewunderung und verlangen nach mehr.<br />

Hätte Rousseau im Fernsehzeitalter gelebt, er wäre ein sehr<br />

medienwirksamer Einzelgänger gewesen.<br />

9.<br />

1876 kehrt Nietzsche Deutschland den Rücken. Da er sich von<br />

jeher in das humanistische Gedankengut der Griechen und<br />

Römer vertieft hat, bricht er auf, um sein frisches Universitätswissen<br />

in der Sonne Italiens trocknen zu lassen. Ein billiges<br />

Land, ein gutes Refugium für die mittellosen Intellektuellen<br />

der damaligen Zeit. Zum Leben hat Nietzsche nur die<br />

bescheidene monatliche Rente der Basler Universität, die Mitleid<br />

hat mit dem großen Kranken. In Rom, Genua, Turin, Sorrent<br />

mietet er sich <strong>bei</strong> Privatleuten oder in Familienpensionen<br />

ein. Er schreibt an seine Mutter, bittet sie um Eßpakete und<br />

einen kleinen Holzofen, denn im Winter friert es. Ein verlorener<br />

Sohn? Diese befreiende Ruhelosigkeit ist auch ein Leidensweg.<br />

Nietzsche war fast blind. Er trug eine Brille mit<br />

dicken Gläsern. Wenn er las, berührte seine Nase das Papier.<br />

Mit Koffern zu reisen war für ihn eine Riesenaffäre. Am Ostermontag<br />

1888 verpaßt er den Zug, der ihn von Nizza nach Turin<br />

bringen sollte, weil er in Savona die Schilder nicht richtig gele-<br />

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