RETAIL 02/2020
Zeitschrift RETAIL Ausgabe 2/2020 vom österreichischen Handelsverband
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ZUKUNFT<br />
ich individuell auf das eingehen, was der<br />
Kunde braucht.“<br />
Auch Gerrit Heinemann, Wirtschaftswissenschafter<br />
an der Hochschule Niederrhein<br />
in Mönchengladbach, sieht im stationären<br />
Erstkontakt einen Vorteil: „Ich würde den<br />
Kunden auch virtuell nach Hause begleiten<br />
und ihn nicht mehr loslassen, durch Anruf<br />
oder E-Mail. Dazu muss ich den Kunden vor<br />
dem Beratungsgespräch identifizieren und<br />
nicht anonym lassen.“ Amazon mache es in<br />
seinen stationären Geschäften vor: Die stationären<br />
Kunden verwenden die Amazon-App<br />
im Laden, sei es für das Einholen von Produktinformationen<br />
oder das Nutzen des Kundenkontos<br />
zum Check-out. Der Kunde muss<br />
nicht immer ins Geschäft kommen oder sich<br />
entscheiden, wenn er vor Ort ist. Heinemann:<br />
„Es geht nicht darum, in welchem Kanal der<br />
Kunde kauft, sondern bei wem: Kanal egal!“<br />
PROGRESSIVE WEB APP STATT APP<br />
In dieselbe Kerbe schlägt Richard König,<br />
E-Commerce-Experte und CEO der Saint<br />
Charles Apotheke in Wien. „Onlineshop<br />
und stationärer Handel ergänzen sich.<br />
Wichtig ist, den Kunden auf beiden Seiten<br />
abzuholen, die gleichen Konditionen sowie<br />
ständige Verfügbarkeit und Qualität zu gewährleisten.<br />
Die Nase vorne haben jene, die<br />
eigene Vertriebskanäle haben und eine Omnichannel-Strategie<br />
fahren – und das möglichst<br />
nah am Kunden, um sich die Datenhoheit<br />
zu erhalten“, empfiehlt König. Die<br />
Apotheke selbst biete keine App an, denn<br />
für KMU sei es schwierig, über eine App<br />
die nötige Reichweite zu bekommen. Man<br />
denke aber über die Einrichtung einer Progressive<br />
Web App nach. Diese biete zahlreiche<br />
Vorzüge: Der Nutzer müsse nichts mehr<br />
downloaden, die Entwicklung sei günstiger<br />
und schneller und die Funktionen stünden<br />
jenen von Apps kaum nach, erklärt König.<br />
Außerdem setzt die Saint Charles Apotheke<br />
auf Storytelling. Ein zutiefst mobiles Thema,<br />
ist er überzeugt, denn kurze „Contenthäppchen“<br />
würden die Nutzer unterwegs<br />
gerne rezipieren.<br />
AUF INSTAGRAM FOLGT WHATSAPP<br />
Neben optimierten Webseiten und Apps<br />
spielt sich Mobile Commerce in den sozialen<br />
Netzwerken ab. Auf Facebook gestalten<br />
Händler Shops, die mit der eigenen Webseite<br />
verknüpft sind. Alternativ nutzen sie im Hintergrund<br />
E-Commerce-Plattformen wie<br />
Hier und Jetzt.<br />
Die Customer<br />
Journey beginnt<br />
immer öfter am<br />
Handy. Endet sie<br />
dort erfolgreich<br />
oder im Nichts?<br />
10 Tipps<br />
MOBILE USABILITY<br />
So steigern Sie die Nutzerfreundlichkeit<br />
Ihres<br />
mobilen Onlineshops.<br />
1. Bilder, Texte und<br />
Funktionen reduzieren.<br />
2. Übersichtliches, einfaches<br />
Design bieten.<br />
3. Nur die wichtigsten<br />
Produkte darstellen.<br />
4. Pop-up-Ads verbannen.<br />
5. Ladegeschwindigkeit<br />
optimieren (Analyse<br />
z. B. mit dem Google-<br />
Tool „Test my Site“).<br />
6. Bilder fürs Mobile Web<br />
komprimieren.<br />
7. Einfache Bedienbarkeit<br />
am Touchscreen<br />
gewährleisten.<br />
8. Tracking Snippets<br />
reduzieren (z. B.<br />
mithilfe von Google Tag<br />
Manager).<br />
9. Bezahlprozesse sicher<br />
und barrierefrei<br />
gestalten.<br />
10. Standortbezogene<br />
Dienste nutzen<br />
(und User darüber<br />
informieren).<br />
Shopify, damit die Nutzer direkt auf der<br />
Plattform einkaufen können. Shoppable<br />
Posts auf Instagram werden beliebter, um<br />
Produkte zu bewerben und zu verkaufen.<br />
Außerdem bietet die Plattform mittlerweile<br />
die Möglichkeit, Links direkt in den Stories<br />
zu platzieren. Instagram ist eine interessante<br />
Plattform für Social Commerce, sie<br />
zählt weltweit mehr als eine Milliarde User.<br />
Es zählen schöne Bilder, daher macht die<br />
Nutzung für Händler von Lifestyleprodukten<br />
wie Mode, Reisen oder Kulinarik mit einer<br />
jungen Zielgruppe Sinn. Influencer können<br />
den Verkauf direkt ankurbeln, indem sie<br />
ihre Lieblingsprodukte taggen. Innovative<br />
Geschäftsmodelle im Mobile Web zeichnen<br />
sich durch ein hohes Netzwerk- und Skalierungspotenzial<br />
aus, so Heinemann: „Instagram<br />
könnte diesbezüglich durchaus das<br />
neue Amazon werden, wie Digitalexperten<br />
prophezeien, und zwar mit dem Feed als<br />
Shopping-Treiber.“<br />
Nach Social Commerce wird Conversational<br />
Commerce von Branchenkennern als<br />
das „next big thing“ gehandelt. Das Potenzial<br />
scheint enorm, schließlich zählt etwa Whats-<br />
App bereits 1,2 Milliarden Nutzer.<br />
SHOPPINGERLEBNIS IN 3-D<br />
Viel Potenzial, das mobile Shoppingerlebnis<br />
attraktiver zu gestalten, bieten Augmented-<br />
Reality-Technologien. Hier gibt Google derzeit<br />
den Ton an. Seit Anfang 2<strong>02</strong>0 können<br />
Nutzer aus der mobilen Google-Suche heraus<br />
3-D-Produktmodelle etwa der<br />
Firma Burberry aufrufen und über die<br />
Smartphone-Kamera in ihrer Umgebung<br />
begutachten. So können potenzielle Kunden<br />
vor dem Kauf testen, ob die teure Tasche<br />
überhaupt zu ihrem Outfit passt. Noch<br />
ist die Funktion wenigen Firmen vorbehalten,<br />
die sich um eine Kooperation bewerben<br />
mussten. Bis zum großen Roll-out wird<br />
es aber nicht mehr allzu lange dauern. Fest<br />
steht: Auf den Handel kommen noch viele<br />
Veränderungen zu. Das Zeitalter des Mobile<br />
Commerce hat gerade erst begonnen.<br />
Foto / 123rf<br />
22 / Q2/2<strong>02</strong>0