RETAIL 02/2020
Zeitschrift RETAIL Ausgabe 2/2020 vom österreichischen Handelsverband
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AKTUELL<br />
GEWALTIGE<br />
HERAUSFORDERUNG<br />
Die schweren Folgen der Covid-<br />
Pandemie ahnten nur wenige:<br />
Acht Prozent der Handels- und<br />
Konsumgüterunternehmen<br />
hatten einen Krisenplan.<br />
Text / Gerald Kühberger<br />
85Prozent der österreichischen Handelsunternehmen<br />
rechnen heuer laut einer<br />
aktuellen Studie von EY und dem Handelsverband<br />
mit Corona-bedingten Umsatzeinbußen.<br />
Jedes zehnte Unternehmen musste<br />
bereits Stellen streichen. Ein Drittel bewertet<br />
die Abwicklung der staatlichen Unterstützungsleistungen<br />
mit „Nicht genügend“.<br />
Am schlechtesten fällt die Bewertung des<br />
Hilfspakets durch kleine Händler mit Jahresumsätzen<br />
von bis zu einer Million Euro<br />
aus. Deutlich besser wird es hingegen von<br />
größeren Händlern mit Umsätzen von mehr<br />
als 10 Millionen Euro beurteilt.<br />
Lebensmittelhändler<br />
sind<br />
bei der starken<br />
Nachfrage<br />
gefordert, die<br />
Lieferketten und<br />
Verfügbarkeit zu<br />
sichern. Andere<br />
Handelssparten,<br />
etwa die Bereiche<br />
Fashion,<br />
Inneneinrichtung<br />
oder Sport, haben<br />
dagegen mit<br />
teils massiven<br />
Umsatzeinbußen<br />
zu kämpfen.<br />
41 Prozent haben Unterstützung beim<br />
Härtefall-Fonds für KMU/EPU beantragt.<br />
Zudem hat fast die Hälfte der Händler um<br />
Steuerstundungen angesucht, ein Viertel<br />
plant einen Antrag für den Corona-<br />
Hilfsfonds, 19 Prozent haben ihn gestellt.<br />
Die Händler kämpfen derzeit um jeden<br />
Euro in der Kassa und damit um jeden<br />
Konsumenten. Aufgrund des Liquiditätsmangels<br />
treten fast 80 Prozent der Händler<br />
bei Investitionen auf die Bremse. Das wirkt<br />
sich auf die gesamte Volkswirtschaft aus.<br />
Aktuell sind mehr als 588.000 Menschen<br />
in Österreich arbeitslos und weitere 1,2<br />
Millionen in Kurzarbeit, das heißt, diese<br />
Verbraucher müssen jetzt mit deutlich weniger<br />
Einkommen auskommen. Daher sind<br />
jetzt Maßnahmen zur nachhaltigen Stabilisierung<br />
der Kaufkraft essenziell, sonst trübt<br />
sich der Konsum weiter ein.<br />
Vier von zehn Handelsunternehmen geben<br />
an, dass sie bisher alle ihre Mitarbeiter<br />
halten konnten, aber Corona-Kurzarbeit<br />
in Anspruch genommen haben oder es<br />
beabsichtigen. Der Ausblick in den kommenden<br />
zwölf Monaten ist noch ungewiss,<br />
für 39 Prozent der Befragten ist derzeit<br />
nicht absehbar, wie sich ihr Personalstand<br />
im kommenden Jahr entwickeln wird. 41<br />
Prozent der befragten Händler gaben an,<br />
die Mitarbeiterzahl nicht zu verändern. Die<br />
aktuellen Entwicklungen rund um Covid-19<br />
haben ein großes Maß an Planungsunsicherheit<br />
erzeugt.<br />
Der Handelsverband hat sich als erste<br />
Organisation in der Corona-Krise für ein<br />
Vorziehen der bereits paktierten Steuerreform<br />
eingesetzt. Die Senkung der Lohnund<br />
Einkommensteuertarife sollte hierbei<br />
im Vordergrund stehen, um die Kaufkraft<br />
nachhaltig abzusichern. Darüber hinaus<br />
empfiehlt der Handelsverband die bundesweite<br />
Ausgabe von „Österreich-Schecks“<br />
im Wert von 500 Euro für alle Personen mit<br />
Hauptwohnsitz in Österreich und einem<br />
Jahreseinkommen unter 11.000 Euro, da<br />
diese Gruppe der Geringverdiener nicht<br />
von einer Lohnsteuersenkung profitieren<br />
würden.<br />
Ein Gebot der Stunde wäre die Einführung<br />
einer Plattformhaftung für Onlinemarktplätze<br />
aus Drittstaaten. Diese sollte<br />
bei Produktfälschungen, bei nicht korrekter<br />
Entrichtung der Mehrwertsteuer<br />
sowie bei einer unvollständigen Bezahlung<br />
der Abfallentsorgungsgebühren anfallen,<br />
falls die auf den Marktplätzen gelisteten<br />
Drittstaaten-Händler nicht direkt in Anspruch<br />
genommen werden können. Wer in<br />
Österreich Gewinne erwirtschaftet, sollte<br />
auch hierzulande in die Gesundheits- und<br />
Sozialtöpfe einzahlen – so wie alle anderen<br />
heimischen Händler.<br />
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