Leseprobe Gesang vom Leben
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egabte und mit vielen Posten überhäufte Musiker nach einander<br />
als Gewandhauskapellmeister und als Thomaskantor amtiert, wirkt<br />
bereits wie ein Ausblick auf die Musikstadt späterer Zeiten mit ihrer<br />
Vorliebe für große Namen.<br />
Mit dem Übergang ins 19. Jahrhundert verschiebt sich immer mehr<br />
das Koordinatensystem im musikalischen Leipzig. Gewandhausorchester<br />
und Thomanerchor sind unbestritten dessen tragende<br />
Säulen. Alles andere – etwa das Musiktheater – folgt im gutbürgerlichen<br />
Wertemaßstab erst mit großem Abstand. Zudem ist die hiesige<br />
Musikpraxis längst nicht mehr ausschließlich dadurch definiert,<br />
Neues vorzuführen. Es wächst jetzt auch ein Bewusstsein für das Vergangene.<br />
Das aber geschieht nicht auf einen Schlag. Vordenker wie<br />
Gottfried Christoph Härtel, Johann Friedrich Rochlitz und Johann<br />
Adam Hiller bereiten unermüdlich den Boden für den Historismus,<br />
der nur drei Jahrzehnte später im Verbund mit den Ideen Felix<br />
Mendels sohn Bartholdys zu jener einzigartigen Melange aus Altem<br />
und Neuen führt, die während des gesamten weiteren 19. Jahrhunderts<br />
das Musikleben Leipzigs bestimmt. Oder, um es knapper ausdrücken:<br />
Nach Hillers Tod ist die Zeit des Säens vorbei. Nun wird<br />
die Aussaat gepflegt.<br />
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