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Leseprobe Gesang vom Leben

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DIE STANDHAFTEN<br />

1965 bis 1989<br />

Die Beat-Demo wird niedergeknüppelt, aber Musik lässt<br />

sich nicht zum Schweigen bringen · Renft wird zweimal<br />

verboten und ein Knast-Projekt zum Hit im Leipziger<br />

Untergrund · Die große, weite Welt muss warten<br />

Nicht nur globalgeschichtlich sind diese »Ismen« die bittere Essenz<br />

des 20. Jahrhunderts. Eine ehrliche Musikgeschichte müsste das im<br />

Blick haben und all die gegenseitigen Verwerfungen und Abgrenzungen,<br />

die Spaltungen und ihre Folgen beschreiben. Fast alle lassen sie<br />

sich zurückführen auf eine Ursünde: auf die historisch unverständliche<br />

Teilung der Musik in Ernst und Unterhaltung, in schwer und<br />

leicht, in hoch und niedrig. Diese Teilung wurzelt im Bildungsideal<br />

der Aufklärung, im bürgerlichen 19. Jahrhundert wird sie zum Standard.<br />

Dass Musik in irgendeiner Weise immer auch der Unterhaltung<br />

dient, ist zu dieser Zeit längst vergessen.<br />

So ist es folgerichtig, dass die Jugendlichen, die in der Moderne<br />

des 20. Jahrhunderts erstmals auf der Suche nach eigenen kulturellen<br />

Formen und Ausdrucksmitteln ihrer Generation sind, diese in<br />

der Unterhaltungsmusik finden. Ein Fakt, der in der Zeit des Swing<br />

als erster globaler Mode noch die Älteren verstört, der aber 90 Jahre<br />

später nach mehreren Generationen Jugendkultur zum Allgemeingut<br />

geworden ist. Irgendwann ist das auch den Bürokraten des realsozialistischen<br />

Staates klar. Lange haben sie gebraucht, um ihr Verhältnis<br />

zum Jazz wenigstens so weit zu klären, dass sie mit dieser Musik zwar<br />

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