NoG Fachmagazin - August 2021 Ausgabe 2

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Auch in einer „normalen“ Therapie geht es ja im ersten Schritt darum, Vertrauen aufzubauen, einen guten Boden zu bereiten. Das gilt hier noch viel stärker. Die Frauen kommen ja nicht zu uns, sondern wir zu ihnen. Da braucht es ganz viele kleine Schritte. Und manche freuen sich einfach über ein wertschätzendes „Hallo, wie geht’s?“. Das erleben sie im Alltag nicht so häufig. Auf der Straße schon gar nicht. Außerdem sind viele der Frauen psychisch sehr angeschlagen, manche psychotisch. Das heißt, sie leiden unter allen möglichen Wahnvorstellungen. Da höre ich manchmal einfach nur zu, lasse mich auf die Frauen ein, frage nach, interessiere mich. Ich glaube, das tut den Frauen richtig gut. Untereinander sind diese Menschen ja oft sehr ruppig. Wenn da jemand von seinen Ängsten und seinem Wahn berichtet, hört er meistens nur ein „hau ab“ oder „was redest du da schon wieder für einen Quatsch“. Ich habe es mehr als einmal erlebt, wie schnell eine Situation unter den Frauen eskalieren kann. Da gibt ein Wort das andere und dann ist die Atmosphäre schnell sehr aggressiv. Das ist verständlich, denn die Frauen stehen unter enormem Stress. Wenn so jemand, der immer weggeschickt wird, dann einfach mal reden darf und wird gehört, ist das Balsam für die Seele. Mein eigenes Problem ist dann, zu akzeptieren, dass mehr für mich einfach nicht möglich ist. Das nehme ich dann auch immer mal mit zu meiner Supervisorin, mit der ich meine therapeutische Tätigkeit regelmäßig reflektiere. Vor kurzem hast du dich für ein neues Angebot für unsere Patientinnen in Köln stark gemacht: Du bietest jetzt Kunsttherapie für Frauen ohne Obdach an. Wie kam dir die Idee und wie wird das Angebot angenommen? Die Idee war von Anfang an da. Schließlich bin ich Kunsttherapeutin. Ich dachte mir, es wäre doch schön, den Frauen eine andere als die verbale Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken und zu erleben. Das klingt jetzt alles sehr hochgestochen – in der Praxisrealität der NoG heißt das einfach, hier darfst du malen, wenn du willst. Das Malen macht aber etwas mit den Frauen. Sie kommen zur Ruhe, können vom Alltag abschalten und erleben sich als selbstwirksam. Sie erschaffen etwas. Das Angebot wird zurzeit noch sehr zurückhaltend angenommen. Aber es wird wahrgenommen. Eine Frau hat sich direkt Papier und Farbe genommen und losgemalt. Zuerst ein schönes Blumenbild mit dem Kommentar „ich liebe Blumen“. Beim nächsten Mal hat sie den Rhein gemalt und dann sowas wie „scheiß Rhein“ dazugeschrieben. Das heißt, wenn so eine Aggression mal im Bild landet, hat sie da einen Weg gefunden, das zum Ausdruck zu bringen. Ich habe dann kurz mit ihr darüber gesprochen, was sie am Rhein so schlimm findet. So kamen wir ins Gespräch. Andere Frauen sehen das Angebot und sagen dann, beim nächsten Mal würden sie vielleicht auch mitmachen. Auch hier ist wieder das langsame, scheue Annähern zu beobachten. Hier ist es wichtig, klarzumachen, dass das sein darf. Ich sage dann meistens so etwas wie „ja, gerne!“ Ich habe die Hoffnung, dass die Frauen hier auch noch etwas auftauen. Spätestens, wenn wir die Pandemie soweit überwunden haben, dass wir alle an einem großen Tisch sitzen können. Dann ziehen sich die Frauen vielleicht gegenseitig ein wenig mit. Meine therapeutische Haltung ist die eines Erlaubens. Ich würdige das, was da ist. https://www.heilnetz.de/ - Anzeige - 20
Engagiertes Team - Zitate Ayse Dogan (Psychologische Beraterin & Entspannungspädagogin im NoG- Team Bielefeld) Ich bin bei der NoG, weil ich finde, dass man für sich selbst und seine Mitmenschen etwas tun sollte. Es sollte eine Anlaufstelle geben, bei der sich Menschen Zeit für die Seele nehmen, denn jede Seele sollte so geehrt werden, wie die eigene. Eva Scholten (Heilpraktikerin im NoG-Team Essen) Ich bin bei der Naturheilpraxis ohne Grenzen, weil ich etwas mehr Menschlichkeit in diese verkopfte Welt bringen möchte. Ich berühre, mache Entspannungsmassagen und höre oft von meinen Klienten, dass sie zuletzt in ihrer Kindheit – oder sogar noch nie so berührt wurden. Dann denke ich an Prof. Grönemeyer, der mal gesagt hat: „Wenn wir uns mehr berühren würden, könnten wir die Hälfte aller Medikamente einsparen.“ Heike Goebel ist mit ihrer Energie und Herzwärme mein absolutes Vorbild. Rebecca Schal (Heilpraktikerin im NoG-Team Köln) Seit Mai 2019 darf ich Teil des tollen NoG-Teams in Köln sein. Es ist mir wichtig, den Frauen ohne Obdach zu zeigen, dass sie wertvoll sind und uns ihre Gesundheit ehrlich am Herzen liegt. Wahrgenommen und berührt zu werden, ist für jeden Menschen lebenswichtig und unsere Patientinnen genießen das Umsorgt werden sichtlich. Sie können für eine kurze Zeit ihre Nöte vergessen, fühlen sich sicher und können neue Kraft tanken, die sie dringend brauchen. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit dem, was ich kann, in dieser Weise helfen kann. 21
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