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NoG Fachmagazin - August 2021 Ausgabe 2

Fachmagazin des gemeinnützigen Vereins NoG - Naturheilpraxis ohne Grenzen

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NaMo<br />

– eine mobile Praxis ist unser Ziel…<br />

Patientengeschichte zu - NaMo: Es geht um Menschen wie Oliver<br />

Oliver habe ich in unserer<br />

ersten Praxis kennengelernt.<br />

Wir waren damals noch in einer<br />

Kirche mitten in der Essener<br />

Fußgängerzone. Hier kamen<br />

vor allem Menschen von der<br />

Essensausgabe vor der Kirche zu<br />

uns. Ich weiß noch, dass Oliver<br />

mir sofort ins Auge fiel, als ich<br />

den Wartebereich betreten<br />

habe. Er sah überhaupt nicht<br />

so aus, wie man sich einen<br />

Menschen vorstellt, dessen<br />

Lebensmittelpunkt die Straße ist.<br />

Er war sehr gepflegt, hatte eine<br />

dunkelrote Blousonjacke an, blaue<br />

Jeans, schwarze Lederschuhe.<br />

Und er saß da ganz still auf<br />

seinem Platz. Er hatte den Blick<br />

in Richtung Boden gesenkt, die<br />

Schultern hängen nach vorne. Ich<br />

dachte noch „Ist das ein Patient<br />

von uns?“. Und dann habe ich sie<br />

gesehen: unter seinem Stuhl war<br />

eine kleine rote Sporttasche und<br />

in dieser Sporttasche war alles<br />

drin, was Oliver noch besessen<br />

hat.<br />

Oliver war nicht immer<br />

obdachlos. Ganz im Gegenteil: er<br />

stand mit beiden Beinen richtig<br />

fest im Leben. Er war Koch, aber<br />

nicht irgendein Koch. Er war der<br />

Küchenchef eines angesagten<br />

Restaurants auf der Düsseldorfer<br />

Kö. Er hatte eigentlich ein<br />

perfektes Leben und dann<br />

begann der Rücken zu schmerzen,<br />

immer mehr und am Ende<br />

stellte sich heraus, dass es ein<br />

Bandscheibenvorfall war. Die zehn<br />

bis zwölf Stunden täglich in der<br />

Küche konnte er eigentlich nicht<br />

mehr stehen und hat es trotzdem<br />

durchgezogen – und bekam dann<br />

ein Burnout. Sein Chef hat ihn<br />

entlassen, seine Frau konnte mit<br />

der Situation nicht umgehen und<br />

hat ihn dann auch verlassen.<br />

Damit konnte er die gemeinsame<br />

Wohnung nicht mehr halten.<br />

Er hat alles eingepackt, was er<br />

noch braucht, in diese kleine rote<br />

Sporttasche.<br />

Oliver kam zu uns, weil er hörte,<br />

dass wir nett sind und helfen. Er<br />

hat ein klares Ziel vor Augen: mit<br />

unserer Hilfe wollte er die Kraft<br />

sammeln, die es braucht, um<br />

zum Jobcenter zu gehen und die<br />

Behördengänge durchzustehen.<br />

Das war sein Ziel. Und wir<br />

haben mit Oliver gearbeitet. Er<br />

bekam bei uns osteopathische<br />

Behandlungen, damit wir seine<br />

Muskulatur rund um seinen<br />

Bandscheibenvorfall wieder<br />

aufbauen konnten. Zudem bekam<br />

er vor allem auch psychologische<br />

Beratung. Und Oliver hat richtig<br />

zugepackt: er kam Woche für<br />

Woche.<br />

Eines Tages kam er nicht mehr<br />

in unsere Sprechstunde und<br />

stand nach mehreren Wochen<br />

wieder im Wartebereich. Auch<br />

an diesem Tag hatte er seine rote<br />

Blousonjacke und seine blaue<br />

Jeans an. Aber er hatte nicht mehr<br />

diesen gesenkten Blick, sondern<br />

strahlte mich an und sagte „Heike,<br />

ich war beim Jobcenter und ich<br />

habe jetzt wieder ein eigenes<br />

Zimmer!“ Und nicht nur das,<br />

Oliver hat auch wieder einen<br />

Job. Nicht in der gehobenen<br />

Gastronomie, dahin wollte<br />

er nicht mehr zurück. Oliver<br />

kocht jetzt in einem Essener<br />

Seniorenheim und die Senioren<br />

und vor allem die Seniorinnen<br />

haben ihren Oli richtig schnell ins<br />

Herz geschlossen.<br />

Inhalte für<br />

NaMo-Infoboxen:<br />

NaMo: eine Herzensidee soll<br />

Räder bekommen!<br />

Für Frauen, Männer und<br />

Jugendliche ohne Obdach ist<br />

die Hürde, niedergelassene<br />

medizinische Einrichtungen<br />

aufzusuchen, einfach zu hoch.<br />

Zu groß sind ihre Scham und die<br />

Angst vor Zurückweisung.<br />

Hier möchten wir handeln und<br />

ein in Deutschland einmaliges<br />

therapeutisches Angebot für<br />

Menschen auf der Straße<br />

schaffen, das ihren Bedürfnissen<br />

entspricht. Unser NaturheilMobil<br />

NaMo für Menschen ohne<br />

Obdach ist ein deutschlandweit<br />

einmaliges Projekt. NaMo bringt<br />

manuelle Schmerztherapie,<br />

Vitamine, psychologische<br />

Beratung und medizinische<br />

Fußpflege zu den Ärmsten<br />

unserer Gesellschaft.<br />

Unser NaturheilMobil wird den<br />

Namen NaMo tragen. Namo ist<br />

ein kurdischer Jungenname und<br />

bedeutet „der Fremde“. Wir<br />

finden, dass dies gut passt, denn<br />

obdachlose Menschen sollen<br />

uns nicht fremd bleiben. Zudem<br />

wird der Begriff Namo auch aus<br />

dem Sanskrit abgeleitet und<br />

steht dort für „Verbeugung und<br />

Ehrerbietung“. Auch das passt<br />

sehr gut zu unserem Handeln.<br />

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