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Kirchenentwicklung
Internationale Erfahrungen
mit Machtbegrenzung
Dass die Machtausübung der Kirche
heute stark vom gesellschaftlichen
Kontext ihrer Region abhängt, stellten
drei Bischöfe für Brasilien, Irland und
Deutschland dar. Der deutschstämmige
Franziskaner Bernhard Johannes
Bahlmann, Bischof von Óbidos im
brasilianischen Amazonasgebiet, berichtete
von der Eigenständigkeit der
Christen in den weit verstreut liegenden
Gemeinden und von der Diskussionskultur
der indigenen Völker, die
stundenlang miteinander reden, bis
eine gemeinsame Entscheidung gereift
ist. Der Priester könne bei seinen
seltenen Besuchen nur Ideen geben
und motivieren: „Alles andere läuft
selbständig.“
Noel Treanor, Bischof von Down and
Connor in Nordirland, listete auf, mit
welchen unabhängigen Gremien und
Schutzkonzepten zu Prävention und
Intervention die irische Kirche nach
der Aufdeckung eines Missbrauchsskandals
durch den Murphy-Bericht
2009 die eigene Machtausübung begrenzt
hat.
Zeichen der Zeit ergänzen
Schrift, Tradition und
Lehramt
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck
hält die Einbettung der Kirche in
die freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft
für zwingend notwendig, um
verloren gegangenes Vertrauen wieder
zu finden. Dabei gehe es nicht um eine
unkritische Übernahme gesellschaftlicher
Praxis, sondern darum, mitten in
der Gesellschaft einen prophetisch kritischen
Auftrag zu erfüllen. „Die ‚Zeichen
der Zeit‘ und der ‚Glaubenssinn
des Volkes Gottes‘ ergänzen die reiche
Geschichte der Erkenntnis der Offenbarung
Gottes durch Schrift, Tradition
und Lehramt“, sagte Overbeck.
Seine eigene Begrenztheit in seiner
Entscheidungsgewalt als Bischof erfah-
re er angesichts des Priestermangels.
Der Priester leiste einen sakramentalen,
geistlichen, mit Macht ausgestatteten
Dienst; sein Amt sei ein Zeichen
für die Wirkmächtigkeit Gottes in der
Welt. „Ämter müssen erweitert werden.
Ich sehe nicht, dass wir den Bedarf
nur mit zölibatär lebenden Männern
abbilden können.“ Sehr konkrete
Formen von Gewaltenteilung, die ihn
im Bischofsamt binden, ergeben sich
laut Overbeck bei der Übersicht und
Aufsicht über Vermögen und Wohlfahrt
– im Bistum Essen konkret durch
den Kirchensteuer- und Vermögensrat,
auf dessen kompetente Beratung und
Mitentscheidung der Bischof angewiesen
sei. In der Tradition der Benediktiner
und Jesuiten ist Overbeck dennoch
überzeugt, dass es eine Letztverantwortung
des Bischofs geben müsse.