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EINE HEILSAME
ERSCHÜTTERUNG
AUSLÖSEN
7
Foto: Julia Steinbrecht / KNA
Schwester Philippa Rath
im März 2021 in der Bibliothek
der Abtei Sankt Hildegard in
Rüdesheim-Eibingen.
Geschichten. Die ungeheure Resonanz
auf das Buch hat mir gezeigt, dass das
offenbar auch gelungen ist. Zum dritten
habe ich bei der Arbeit im Rahmen
des Synodalen Weges bemerkt, dass
uns etwas Wichtiges fehlt: Es gibt sehr
gute theologische Ausarbeitungen
zum Thema Weiheämter für Frauen
in der Kirche, aber die persönliche
Ebene, der Blick auf individuelle Berufungsgeschichten,
stand bisher zu
wenig im Fokus.
Was bedeutet es für diese
Frauen, und sicher auch
für viele andere Frauen, zu
erleben, dass sie systematisch
von Ämtern in der Kirche
ausgeschlossen sind?
Schwester Philippa: Viele in der
Kirche engagierte Frauen erfahren
eine wachsende Diskrepanz zwischen
ihrem eigenen Selbstverständnis, ihrer
Lebenswirklichkeit als Frau der Gesellschaft
des 21. Jahrhunderts und vielen
kirchlichen Positionen. Sie fühlen sich
ihres Menschenrechts auf Gleichheit
und Geschlechtergerechtigkeit beraubt.
Für die betroffenen Frauen im
engeren Sinne, die sich zu einem Amt
in der Kirche berufen wissen, bringt
der Ausschluss von den Weiheämtern
darüber hinaus vielerlei Leiderfahrungen.
Sie leiden unter Diskriminierung
und Ausgrenzung, unter mangelnder
Teilhabe und Mitverantwortung; daran,
dass sie ihre eigenen theologischen
und geistlichen Kompetenzen zu
wenig einbringen können und abhängig
sind vom Wohlwollen der männlichen
Amtsträger, die ja in aller Regel
die Leitungspositionen innehaben. Vor
allem aber leiden sie daran, dass ihre
authentischen Berufungen allzu oft
belächelt, nicht ernst genommen und
nicht geprüft werden.
Was würde die katholische
Kirche gewinnen, wenn sie
diese und sicher viele andere
Berufungsgeschichten ernst
nähme und den Frauen Wege
zu Diensten und Ämtern der
Kirche ebnen würde?
Schwester Philippa: Ich bin überzeugt,
dass unsere Kirche in jeder Hinsicht
an Glaubwürdigkeit und Zeugniskraft
gewinnen würde, wenn sie die
vielfältigen Charismen der Frauen als
authentische Berufungen in der Nachfolge
Jesu anerkennen und sie ganz
konkret in allen Wirkungsbereichen
der Kirche einsetzen würde. Mehr als
die Hälfte aller Katholiken sind Frauen.
Viele von ihnen tragen seit langem
die Gemeinden, sind das Herz und die
Seele der Glaubensweitergabe. Viele
sind theologisch und spirituell gut ausgebildet
und hochkompetent. Da ist es
an der Zeit, dieses Engagement nicht
nur mit freundlichen Worten zu würdigen,
sondern den Frauen den Platz
einzuräumen, der ihnen von ihren Begabungen
und Kompetenzen her zukommt.
Männer und Frauen sollten
in allem gleichberechtigt für das Reich
Gottes arbeiten können und gemeinsam
die Verantwortung tragen. Die Kirche
würde damit nur bereichert, wäre
authentischer und sicher auch näher
an den Menschen.