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Kirchenentwicklung
NICHTS ZU TUN,
IST AUCH
MACHTMISSBRAUCH
Kritik am Synodalen Weg
Der Salesianer-Pater Markus Graulich,
Kirchenrechtler der vatikanischen Kurie,
beobachtet dagegen mit „Interesse
und Verwunderung“ den Synodalen
Weg. Seine Anfragen an dessen Grundlagentext
betreffen die Forderung, der
Kleriker solle seine Amtsführung vor
den Gläubigen verantworten. Graulich
hält dagegen: „Hat der Amtsträger sein
Amt nicht zuerst vor Gott zu verantworten?“
Für das Amt des Pfarrers und
Bischofs schlägt der Grundlagentext
des Synodalen Weges unter anderem
eine Wahl durch die Gläubigen vor.
Nach Graulichs Einschätzung hängt
die Glaubwürdigkeit dieser Dienste
jedoch mehr von der Lebensführung
des Einzelnen als von dessen Wahl ab;
naiv sei es zu glauben, jeder Politiker
sei aufgrund des Wahlverfahrens auch
glaubwürdig.
Auch Daniel Deckers, Redakteur der
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und
als Beobachter zur Tagung eingeladen,
übt Kritik am Synodalen Weg, wenn
auch aus anderer Perspektive. Er wirft
den Akteuren vor, nicht klar zu definieren,
was mit dem „wunderbaren
Container-Begriff“ Synodalität eigentlich
gemeint sei. Papst Franziskus wolle
eine synodale Kirche, deren Regeln
er aber selbst bestimme. In Entscheidungsfragen
von Deutschland aus auf
Rom zu verweisen, sei Augenwischerei:
„Vieles ist auf Ortsebene machbar.
Nichts zu tun, ist auch Machtmissbrauch.“
Den öffentlichen Auftritt
des Reformvorhabens findet Deckers
schwach: „Außerhalb des inneren
Kerns der Kirche findet der Synodale
Weg öffentlich keine Resonanz.“ Außerdem
vermisst Deckers die Machtkontrolle
durch Laien: Sie machten
sich zu Komplizen des Machtsystems,
wenn sie unkritisch loyal an der Seite
der Bischofskonferenz ständen oder
als Finanzchef im Bistum ohne Rückmeldung
horrende Berater-Rechnungen
abzeichneten.
Diese Reformen sind
möglich
Konkrete Reformschritte ergeben sich
aus dem Kirchenrecht. Sofort umsetzbar
sind laut Sabine Demel (Universität
Regensburg) die freiwillige Rechenschaftsverpflichtung
des Bischofs und
Pfarrers gegenüber den Gläubigen, außerdem
die Einrichtung von Ombuds-
stellen für Beschwerden über Machtmissbrauch.
Eine Gesetzesreform sei hingegen
nötig, wenn man Zugangsrechte zu
Diensten und Ämtern außerhalb des
Weiheamtes ermöglichen wolle: etwa
zur Predigt im Gottesdienst, zur Krankensalbung
oder zum Amt des Kirchenrichters.
Das Kirchenrecht sehe
hier bereits heute im Ausnahmefall
eine Genehmigung für Laien vor, so
dass nur die Ausnahme-Klausel gestrichen
werden müsse. Die Mitentscheidungsrechte
der Laien bei synodalen
Zusammenkünften zu erweitern, brauche
ebenfalls eine Überarbeitung des
Gesetzestextes. Dann könne man den
Anteil der Laien erhöhen, ihnen gleiches
Stimmrecht zubilligen und für das
Einspruchsrecht der kirchlichen Autorität
eine verpflichtende Begründung
einführen.
„Raus aus der Komfortzone“, forderte
Matthias Sellmann von der Ruhr
-Universität Bochum im Namen der
Praktischen Theologie. Praktisches Lösungswissen
sei beim Synodalen Weg
gefragt. Dafür müsse man sich auf
die Kirche als Organisation konzentrieren
und Kriterien, Standards und
Verfahren der Machtkontrolle entwickeln.
Das Ergebnis müsse eine real
wirksame, messbare Veränderung der
Machtverteilung sein. Qualitätskontrolle
und Evaluation für pastorale Berufe
sei dabei kein Tabu: Caritas und
Kasualien (Segnungsgottesdienste wie
Taufe oder Hochzeit an den Schwellen
des Lebens) seien nach wie vor stark
gefragt. Sellmann: „Wenn das gut gemacht
wird, kommt Kirche gut an.“ |Sp