Akzente54
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Foto: thisisengeneering / pexels
45
Verbesserungen im Kontext künstlicher
Intelligenz (KI) und Moral betrifft
uns alle, und zwar ganz praktisch. Ob
beim autonomen Fahren, im Krankenhaus
oder im Gerichtssaal: KIs
können deutlich schneller eine deutlich
größere Menge an Informationen
verarbeiten und so bei Fragen nach
Überlebenschancen in Folge eines
möglichen Autounfalls oder einer bestimmten
Therapie wesentlich präzisere
Antworten geben. Doch wollen wir
die Kompetenz solcher auch moralisch
relevanter Entscheidungen tatsächlich
einer KI übertragen?
KIs müssen nach
unserem Wertekanon
erzogen werden
„Einer künstlichen Intelligenz müssen
Regeln und Entscheidungswege vorgegeben
werden, wenn sie uns wirklich
bei der Bewältigung unserer Probleme
helfen soll“, sagt Thomas Lämmer
-Gamp, Leiter des Projekts „bergisch.
smart_mobility“, das im bergischen
Städtedreieck Solingen, Wuppertal
und Remscheid KI-basierte Mobilität
erprobt. „Sie braucht ethische Kriterien
für ihre Schlussfolgerungen. Daher
muss sie auf der Basis des Wertekanons
unserer Gesellschaft erzogen
werden.”
Moralisches Verhalten durch
Medikamente optimieren?
Auch die Idee, medikamentös in
die Hirnchemie einzugreifen und so
menschliches Verhalten zu beeinflussen,
erscheint keineswegs abwegig.
Denn Doping für Körper und Kopf ist
weit verbreitet: Prozac hellt unsere
Stimmung auf, Ritalin steigert unsere
Konzentrationsfähigkeit, und Beta
-Blocker helfen gegen Lampenfieber.
Ein Medikament, das das moralische
Verhalten des Menschen verbessert,
existiert zwar noch nicht, aber erste
Studien mit den Wirkstoffen Oxytocin
oder Serotonin weisen zumindest
in eine Richtung, die die Option einer
medikamentösen Optimierung der
Moralfähigkeit möglich erscheinen lassen.
Ob wir als Gesellschaft den Weg
in Richtung moralischer Verbesserung
weitergehen wollen oder nicht, darüber
muss schon jetzt diskutiert werden.
Fr 19:00 Uhr | A21244 | Seite 62
Moralische KI
Absolute Gerechtigkeit oder totale
Entmündigung?
Es gibt aber auch Kritiker, deren Bedenken
gegen Moral Enhancement
nicht von der Hand zu weisen sind.
Neben Fragen, ob solche Enhancements
überhaupt umsetzbar sind oder
ob es überhaupt stimmt, dass unsere
Moralität so zurückgeblieben ist, wie
behauptet, wird besonders über das
Thema Freiheit gestritten. So wird argumentiert,
dass wenn wir nicht mehr
die Freiheit haben „zu fallen“, also die
Möglichkeit haben, auch böse und
moralisch verwerflich zu handeln, wir
gar nicht mehr frei sind und eine so erlangte
Tugend gar keine Tugend ist.
Freiheit: Nur ein Wert
unter vielen?
Dem bringen Befürworter:innen des
Moral Enhancement meist zwei Argumente
entgegen: Freiheit sei eben
nur ein Wert unter vielen. Die Welt sei
besser, wenn es aufgrund moralischer
Verbesserungen keine Gewalt und keine
Verbrechen gebe, auch wenn wir
dadurch nicht mehr vollumfänglich
10
DEZ