TEXT & FOTOS | TRAUERLAND Zeit und Raum für junge Menschen in Not Neuer Trauerland-Standort in der Schwachhauser Heerstraße 28 <strong>SCHWACHHAUSEN</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>September</strong> - <strong>Oktober</strong> <strong>2021</strong>
TRAUERLAND - ZEIT UND RAUM FÜR JUNGE MENSCHEN IN NOT Am Trauerbaum können die Kinder ihre Nachricht an die verstorbene Person anbringen. Stück für Stück entsteht so ein bewegtes und bewegendes Bild. Mal tieftraurig, mal voller Zuversicht, aber immer - so wie Kindertrauer eben ist - bunt. „Ich finde es gut, dass es bei Trauerland Kinder gibt, die dasselbe erlebt haben“, sagt Anna, wenn man sie fragt, warum sie gern zum Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche kommt. Anna ist neun Jahre alt. Vor drei Jahren ist ihr Vater ganz plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben. Anfangs verstand sie gar nicht, was das bedeutet. Sie dachte, er würde bald zurückkommen. Zuhause hat sich seither vieles verändert. Ihre Mutter weint oft und Anna lässt sie lieber in Ruhe, denn sie macht sich Sorgen um sie. Seit einem Jahr besucht das stille Mädchen eine Kindertrauergruppe bei Trauerland. Eine Lehrerin hatte Annas Mutter diese Empfehlung gegeben, denn in der Schule hatte sich Anna seit dem Tod ihres Vaters immer weiter zurückgezogen. Oft fehlte sie auch, weil sie morgens Bauchschmerzen hatte. Bei Trauerland hat sie einen Ort gefunden, an dem sie so sein kann, wie sie sich gerade fühlt: mal wütend, mal traurig und manchmal will sie einfach Spaß haben mit den anderen Kindern. Auf alle Fälle erfährt sie bei Trauerland, dass sie nicht mit ihrem Schicksal allein ist. Seit 21 Jahren bietet Trauerland Kindern und Jugendlichen, die einen geliebten Menschen verloren haben, einen geschützten Raum für ihre Trauer. Kindern wie Anna. Neuer Standort in der Schwachhauser Heerstraße Seit Dezember 2020 befindet sich der neue Bremer Trauerland-Standort in der Schwachhauser Heerstraße 268a. Hier, unweit des Rhododendron- Parks, finden regelmäßig acht Kinder- und drei Jugendtrauergruppen sowie der Treff für junge Erwachsene statt und auch die Angehörigen finden bei Trauerland Unterstützung. Während Anna in ihrer Kindertrauergruppe mit den anderen Kindern zusammen ist, sitzt ihre Mutter mit den Eltern- bzw. Großelternteilen, Tanten oder Onkeln der Kinder in einer eigenen Runde und kann über die Themen sprechen, die sie bewegt. Kinder trauern anders Wer das kleine Haus betritt, findet viele unterschiedlich gestaltete Räume vor. So gibt es einen Toberaum, einen Bereich für kreative Tätigkeiten oder auch einen Ruhebereich. „Wir glauben, dass Kinder die Experten für ihren Trauerweg sind“, sagt Beate Alefeld-Gerges, Gründerin von Trauerland. „Kindertrauer äußert sich anders als die Trauer von Erwachsenen. Kinder hüpfen in die Trauer hinein und hinaus. Wir bezeichnen das gern als Trauerpfützen.“ In einem Moment können sie sehr niedergeschlagen und traurig sein, im nächsten wieder lebhaft und fröhlich, erklärt Beate Alefeld-Gerges. Bei Trauerland haben die Kinder die Möglichkeit, genau das auszuleben, wonach ihnen gerade ist – sei es Spielen, Malen oder Toben, Basteln, Trommeln oder sich ausruhen. Dabei werden sie von Trauerlands Fachkräften sowie von speziell geschulten Ehrenamtlichen begleitet. Wirksamkeit der Angebote evaluiert Als die Sozialpädagogin Beate Alefeld-Gerges 1999 den Verein gründete, gab es in Deutschland noch kein vergleichbares Angebot. Das Konzept brachte sie aus dem Dougy-Center in Portland/USA mit, wo sie ein Praktikum absolviert hatte. „Ich hatte zuvor in einem Kinderheim gearbeitet und festgestellt, dass es viele Kinder gibt, die Trauer erleben, aber keinen Ort haben, an dem sie sie ausdrücken können“, erzählt Beate Alefeld-Gerges, die 2017 für ihre Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Doch nicht bearbeitete Trauer kann krankmachen. Bei Kindern und Jugendlichen, die keinen Platz für ihre Trauer finden, können sich unterdrückte Gefühle in Form psychosomatischer Reaktionen, wie z.B. Schlaflosigkeit, Kopf- und Bauchschmerzen oder einem Rückzug <strong>SCHWACHHAUSEN</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>September</strong> - <strong>Oktober</strong> <strong>2021</strong> 29