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VerbandsNachrichten 3 I 2021

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Aktuelles Steuerrecht I <strong>VerbandsNachrichten</strong> 3/<strong>2021</strong><br />

BVerfG: Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen verfassungswidrig<br />

Die typisierende Festlegung des Zinssatzes ist trotz grundsätzlicher<br />

Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht<br />

mehr zu rechtfertigen, wenn dieser Zinssatz unter veränderten<br />

tatsächlichen Bedingungen oder angesichts einer<br />

veränderten Erkenntnislage weder durch die maßstabsbildend<br />

zugrunde gelegten noch durch sonstige geeignete<br />

Kriterien getragen ist.<br />

BVerfG, Beschl. v. 08.07.21, 1 BvR 2237/14 u. 1 BvR 2422/17<br />

Die Verfassungsbeschwerden hatten die Festsetzung von<br />

Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO auf Gewerbesteuer<br />

nach einer Außenprüfung zum Gegenstand. Die Beschwerdeführerinnen<br />

wendeten sich gegen die Höhe der Verzinsung<br />

der bestätigenden fachgerichtlichen Urteile. Gegenstand der<br />

verfassungsrechtlichen Prüfung waren Verzinsungszeiträume<br />

vom 01.01.2010 bis zum 14.07.2014.<br />

Das BVerfG stellte zunächst fest, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen<br />

nach § 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1<br />

AO ursprünglich verfassungsgemäß war. Dies gelte grundsätzlich<br />

auch unter Berücksichtigung der Höhe des Zinssatzes<br />

bis einschließlich VZ 2013, da jedenfalls bis in das Jahr 2014<br />

noch regelmäßig Habenzinsen erzielt werden konnten. Jedoch<br />

habe sich nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 ein<br />

strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt. Dies führte dazu,<br />

dass der typisierte Zinssatz von jährlich 6 % spätestens ab<br />

dem VZ 2014 „evident realitätsfern“ bemessen wurde. Somit<br />

sei die Regelung des § 233a AO nicht mehr mit Art. 3 Abs. 1<br />

GG vereinbar, soweit der Zinsberechnung für in das Jahr 2014<br />

fallende Verzinsungszeiträume ein Zinssatz von monatlich<br />

0,5 % zugrunde gelegt wurde. Zwar sei der Gesetzgeber dem<br />

Grunde nach berechtigt, den durch eine späte Steuerfestsetzung<br />

erzielten Zinsvorteil der Steuerpflichtigen zum Zweck<br />

der Verwaltungsvereinfachung typisierend zu bestimmen.<br />

Allerdings dürfe er keinen atypischen Fall als Leitbild wählen,<br />

sondern müsse bei seiner Maßstabsbildung realitätsgerecht<br />

den typischen Fall zugrunde legen. Aufgrund des einheitlichen<br />

Regelungskonzepts des Gesetzgebers beschränke sich die<br />

Unvereinbarkeit der Verzinsung nach § 233a AO nicht nur auf<br />

Nachzahlungszinsen zulasten der Steuerpflichtigen, sondern<br />

umfasse ebenso die Erstattungszinsen zugunsten der Steuerpflichtigen.<br />

BERATERHINWEISE<br />

(BeraterDepesche 09 I <strong>2021</strong>): Für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 bleibt der verfassungswidrige<br />

§ 233a AO nach dem Beschluss des BVerfG jedoch weiter anwendbar. Erst für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume<br />

ist der Gesetzgeber verpflichtet, eine Neuregelung bis zum 31.07.2022 zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume<br />

ab dem Jahr 2019 erstreckt und alle noch nicht bestandskräftigen Bescheide erfasst.<br />

BFH X R 33/19: Doppelbesteuerung von Renten I<br />

Eine doppelte Besteuerung ist nicht gegeben, wenn die<br />

Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse<br />

mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der<br />

aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen.<br />

BFH, Urt. v. 19.05.21, X R 33/19, StBdirekt, DStR <strong>2021</strong>, 1291<br />

Der Kläger war während seiner aktiven Erwerbstätigkeit überwiegend<br />

selbständig als Steuerberater tätig. Auf seinen Antrag<br />

hin war er in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig.<br />

Er zahlte seine Rentenbeiträge größtenteils<br />

aus eigenem Einkommen. Diese Aufwendungen konnte er nur<br />

begrenzt als Sonderausgaben abziehen. Seit 2007 erhielt der<br />

Kläger eine Altersrente. Im vorliegenden Verfahren wandte<br />

er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008. Das FA hatte<br />

– entsprechend der gesetzlichen Übergangsregelung – 46 %<br />

der ausgezahlten Rente als steuerfrei behandelt und die verbleibenden<br />

54 % der ESt unterworfen. Der Kläger hat eine<br />

eigene Berechnung vorgelegt, nach der er rechnerisch deutlich<br />

mehr als 46 % seiner Rentenversicherungsbeiträge aus seinem<br />

bereits versteuerten Einkommen geleistet hatte. Nach seiner<br />

Ansicht lag deshalb eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung<br />

von Teilen seiner Rente vor. Das FG wies die Klage ab.<br />

Auch der BFH hat die Revision des Klägers als unbegründet<br />

abgewiesen. Der BFH hält im Grundsatz an seiner bisherigen,<br />

vom BVerfG bestätigten Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung<br />

fest, nach der sowohl der mit dem Alterseinkünftegesetz<br />

eingeleitete Systemwechsel zur nachgelagerten Besteuerung<br />

von Altersbezügen als auch die gesetzlichen Übergangsregelungen<br />

verfassungskonform sind. Einem Stpfl., der nachweisen<br />

kann, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten<br />

Besteuerung von Altersbezügen kommt, könne allerdings ein<br />

Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase<br />

zustehen. Eine solche doppelte Besteuerung sei<br />

nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steu-<br />

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