Highway – Ausgabe 06/21
Highway – Das Cannabismagazin
Highway – Das Cannabismagazin
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Justiz<br />
Drittes deutsches Gericht<br />
zweifelt an Cannabisverbot:<br />
Verfahren ausgesetzt<br />
Pasewalk <strong>–</strong> Wir schreiben das Jahr<br />
20<strong>21</strong>. Autos fahren von alleine,<br />
menschengemachte Maschinen<br />
überfliegen den Mars und Cannabis<br />
ist in Deutschland immer noch<br />
illegal. Nicht nur möchte das ein<br />
großer Teil der Bevölkerung nicht<br />
mehr, auch viele Politiker sehen<br />
mittlerweile endlich klar und fordern<br />
ein Ende der Prohibition.<br />
Und auch die Judikative hält das<br />
peinliche und Leid verursachende<br />
Cannabisverbot immer häufiger für<br />
nicht mehr für zeitgemäß. Wie wir<br />
bereits mehrfach berichteten, hat<br />
der Deutsche Hanfverband (DHV)<br />
2019 die „Justizkampagne“ ins<br />
Leben gerufen <strong>–</strong> mit dem erklärten<br />
Ziel, das Cannabisverbot vor das<br />
Bundesverfassungsgericht zu bringen.<br />
Denn seit dem letzten grundsätzlichen<br />
Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
zu Cannabis im<br />
Jahr 1994 ist mehr als ein Vierteljahrhundert<br />
vergangen. Der DHV<br />
ruft deutsche Richter daher dazu<br />
LEgalisierung<br />
Amazon setzt sich<br />
bei Senatoren für<br />
US-Legalisierung ein<br />
Seattle <strong>–</strong> Seit in der Bundesrepublik<br />
nach der denkwürdigen<br />
Bundestagswahl Ende September<br />
die Ampel für eine zumindest<br />
irgendwie fortschrittlichere<br />
Cannabispolitik (fast schon) auf<br />
Grün steht, blicken viele Cannabisfreunde<br />
erstmals nach einer<br />
16-jährigen Durststrecke wieder<br />
mit mal mehr, mal weniger<br />
vorsichtigem Optimismus in die<br />
Zukunft. Ob zurecht, das werden<br />
wir wohl schon ziemlich bald erfahren.<br />
Doch ganz unabhängig<br />
davon, wie es in Deutschland<br />
weitergehen wird und welches<br />
Parteienkonglomerat nach der<br />
Regierungsmacht greifen wird;<br />
die globale Legalisierungsbewegung<br />
hat seit Kurzem einen<br />
äußerst mächtigen neuen Partner<br />
an ihrer Seite: Versandhandelsriese<br />
Amazon wird zum waschechten<br />
Cannabis-Lobbyisten.<br />
Bereits vor ein paar Monaten<br />
ließ das umstrittene Unternehmen<br />
verlautbaren, seine Mitarbeiter<br />
nicht mehr auf Cannabis<br />
auf, einen konkreten Normenkontrollantrag<br />
nach Art 100 Abs.1 GG<br />
zu stellen, damit das Bundesverfassungsgericht<br />
das Cannabisverbot<br />
auf seine Richtigkeit überprüft.<br />
Der bekannte Legalisierungsbefürworter<br />
Jugendrichter Andreas<br />
Müller war <strong>–</strong> noch 2019 <strong>–</strong> der erste<br />
Richter, der den Antrag unterstützte<br />
und einen Normenkontrollantrag<br />
an die Richter in Karlsruhe geschickt<br />
hat, in dem auf 140 Seiten<br />
dargelegt wurde, warum das Cannabisverbot<br />
in Deutschland als verfassungswidrig<br />
und willkürlich eingestuft<br />
werden müsse. Theoretisch<br />
eine Möglichkeit, sollte das Bundesverfassungsgericht<br />
so entscheiden,<br />
die Cannabis-Prohibition für<br />
ungültig zu erklären. Bis auf einen<br />
abgewehrten Befangenheitsantrag<br />
gegen Richter Müller ist aber noch<br />
wenig passiert.<br />
Daher umso erfreulicher,<br />
dass vor Kurzem <strong>–</strong> fast zwei<br />
Jahre nach dem Antrag von Richter<br />
Müller <strong>–</strong> ein zweiter Richter<br />
den Schritt unternahm und einen<br />
entsprechenden Normenkontrollantrag<br />
ans Bundesverfassungsgericht<br />
schickte. Denn im Rahmen<br />
der Urteilsfindung in einem Cannabisbesitz-Delikt<br />
um schlaptesten<br />
lassen zu wollen (in den<br />
USA eine gängige Praxis an<br />
vielen Arbeitsplätzen) und kündigte<br />
an, den entsprechenden<br />
demokratischen Gesetzentwurf<br />
(MORE Act) zur landesweiten<br />
US-Legalisierung zu unterstützen.<br />
Mit einer Aktualisierung<br />
seiner Unternehmens-Policy<br />
konkretisiert Amazon nun die<br />
eigene Position bezüglich der<br />
amerikanischen Cannabispolitik.<br />
Was man dort lesen kann, dürfte<br />
Cannabisfreunde auf der ganzen<br />
Welt in Entzückung versetzen:<br />
mit schriftlichen Gesuchen an<br />
diverse einflussreiche US-Senatoren<br />
hat das Unternehmen<br />
von Jeff Bezos bereits damit<br />
begonnen, sich aktiv für einen<br />
dauerhaften und einheitlichen<br />
Umschwung in der Cannabisgesetzgebung<br />
einzusetzen. Darin<br />
wird unter anderem deutlich,<br />
dass Amazon mit der Auffassung<br />
der US-Demokraten konform<br />
pe 0,4 Gramm beschlichen das<br />
Amtsgericht Münster „Bedenken<br />
gegen den Erlass des beantragten<br />
Strafbefehls“. Und Mitte August<br />
schloss sich ein drittes Gericht<br />
an: nach den Amtsgerichten Bernau<br />
und Münster gab es auch am<br />
Amtsgericht Pasewalk erhebliche<br />
Zweifel an der geltenden Rechtsprechung<br />
im Bereich Cannabis.<br />
Deshalb hat auch dieses Gericht<br />
ein Verfahren ausgesetzt und<br />
sich an das Bundesverfassungsgericht<br />
gewandt. „Das Amtsgericht<br />
Pasewalk in Mecklenburg-Vorpommern<br />
hat mit Beschluss vom<br />
29. Juni 20<strong>21</strong> ein dort anhängiges<br />
Strafverfahren ausgesetzt und die<br />
Akten dem BVerfG nach 100 Abs.<br />
1 GG zur Entscheidung über die<br />
Frage vorgelegt, ob verschiedene<br />
Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes<br />
<strong>–</strong> soweit sie den<br />
Besitz von Cannabis-Produkten<br />
betreffen <strong>–</strong> mit dem Grundgesetz<br />
vereinbar sind”, so der Pressesprecher<br />
des Bundesverfassungsgerichts.<br />
Das Verfahren sei nun in<br />
Bearbeitung. Ein Entscheidungstermin<br />
ist aber, wie auch bei den<br />
anderen beiden Vorlagen aus Bernau<br />
und Münster, derzeit nicht absehbar.<br />
geht, dass die Cannabisprohibition<br />
vor allem ein Instrument<br />
der Unterdrückung von „people<br />
of color“ darstelle und zu einem<br />
Teufelskreis aus Kriminalität,<br />
Haft, Armut und Arbeitslosigkeit<br />
führe. Nur um das an dieser Stelle<br />
noch einmal festzuhalten: natürlich<br />
hat Amazon dabei auch<br />
Eigeninteressen und natürlich<br />
läuft deshalb längst nicht alles<br />
gut in den Versandlagern. Doch<br />
Amazons unverblümter Vorstoß<br />
könnte zukünftig jedenfalls auch<br />
andere Konzerne dazu ermutigen,<br />
ihre Unternehmens-Philosophie<br />
hinsichtlich Cannabis<br />
auf den Prüfstand zu stellen.<br />
Vernünftige Leute gibt’s schließlich<br />
in jedem Unternehmen vom<br />
Lager bis hinauf in die Chefetage,<br />
und manchmal ist alles, was<br />
es zum Umdenken braucht, ein<br />
kleiner Wink mit dem Zaunpfahl<br />
von einem der mächtigsten Konzerne<br />
der Welt.<br />
Zugestellt!<br />
Liebe<br />
Daniela Ludwig,<br />
bald hast du es geschafft!<br />
Die letzten<br />
zwei, drei Jahre<br />
müssen dir wie eine<br />
Ewigkeit vorgekommen<br />
sein. Du musstest<br />
dich viele Monate lang<br />
mit einem unbequemen<br />
Thema befassen,<br />
das dich nicht mal die<br />
Bohne interessiert.<br />
Und von dem du auch<br />
überhaupt gar keine<br />
Ahnung hast. Klar, da<br />
kann es dann auch mal<br />
passieren, dass der<br />
eigene Instagram-Account<br />
von wildgewordenen<br />
Hanf-Bots<br />
belagert wird, die<br />
ihren Unmut in den<br />
Kommentaren in teils<br />
blumigster Ausdrucksweise<br />
kundtun. Wie<br />
anstrengend muss<br />
es sein, das eigene<br />
Nichtwissen, die<br />
himmelschreiende Ignoranz<br />
dauernd unter<br />
die Nase gerieben zu<br />
bekommen? Immerhin<br />
hat es sich bestimmt<br />
für dich gelohnt, die<br />
Legalisierung bis auf<br />
Weiteres schlechtzureden.<br />
Wo werden wir<br />
dich in Zukunft wiedersehen?<br />
Im EU-Parlament<br />
vielleicht?<br />
Im Aufsichtsrat von<br />
Oettinger oder doch in<br />
der Brokkoli-Zucht?<br />
Liebe Daniela, bald<br />
hast du es geschafft<br />
<strong>–</strong> und wir zum Glück<br />
auch.<br />
Herzlichst,<br />
<strong>Highway</strong><br />
10 HIGHWAY <strong>06</strong>/<strong>21</strong>