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Highway – Ausgabe 06/21

Highway – Das Cannabismagazin

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Lachsfilet, in THC-Olivenöl pochiert,<br />

Kruste aus gerösteten Hanfsamen,<br />

in einer Brühe aus Steppenraute<br />

und Lakritz<br />

Gegrillte Schweinebäckchen mit<br />

Rosenkohl, Magic-Trüffeln in einer<br />

Brühe aus Miso und Bacon-Essenz<br />

und den Leuten hinter den Kulissen<br />

unserer Kochsendung. Doch<br />

am wichtigsten ist Anthony, er<br />

ist Point X. Er konsumiert außerhalb<br />

unserer eigenen Speisen<br />

keine Drogen, absolut keine.“ Ich<br />

kann mir ein ungläubiges Grinsen<br />

nicht verkneifen: der zweite<br />

Koch von High Cuisine konsumiert<br />

ansonsten keine Psychedelika?<br />

Aber dann müssten ihn die<br />

Gerichte doch grundsätzlich umhauen?<br />

Noah lacht: „Nun ja, wie<br />

gesagt, wir achten ja immer auf<br />

Mikro-Dosierung. Aber mit ihm<br />

haben wir also einen perfekten<br />

Ausgangspunkt. Wenn wir zum<br />

Beispiel zwei Milligramm pures<br />

THC ins Essen packen <strong>–</strong> ich und<br />

du würden das nicht mal spüren <strong>–</strong><br />

und er schläfrig wird, wissen wir,<br />

dass es noch zu viel ist. Das ist<br />

wirklich hilfreich.“<br />

Wirklich praktisch.<br />

Doch was ist mit dem dritten<br />

Faktor? „Der dritte Faktor sind<br />

natürlich die Gäste selbst.<br />

Man kann nicht jeden<br />

x-beliebigen Menschen zu<br />

so einem Dinner einladen.<br />

Auch wenn er/sie es total<br />

cool finden würde, wenn<br />

so etwas nicht dem eigenen<br />

Lifestyle entspricht,<br />

sollte man sich nicht an so<br />

ein Dinner wagen. Wenn<br />

man es trotzdem tut, kann<br />

das immer, nicht nur bei<br />

Psychedelika, auch zu<br />

schlechten Erfahrungen<br />

führen.“ Noah zieht an<br />

seinem Joint und überlegt<br />

einen Moment. „Mit Walen<br />

schwimmen. Manche<br />

Leute finden es sicher<br />

total cool, mit Walen zu<br />

schwimmen.“ Fragend<br />

schaue ich ihn an. Was hat<br />

das Schwimmen mit<br />

Walen mit Psychedelika<br />

zu tun? „Für mich<br />

wäre dieses Erlebnis<br />

einfach furchterregend.<br />

Ich meine, die Viecher<br />

sind wirklich riesig und<br />

unter mir nichts als der<br />

bodenlose Ozean? No<br />

way.“ Grob dämmert<br />

mir, was die Aussage<br />

seiner Worte bedeuten<br />

könnte. Doch für eine<br />

genaue Analyse ist keine<br />

Zeit, schließlich will<br />

ich noch mehr über<br />

High Cuisine erfahren.<br />

Interessant ist nämlich<br />

auch, dass die Zubereitung<br />

und der Verkauf<br />

von Gerichten mit psychedelischen<br />

Zutaten wie Pilzen<br />

auch in Holland nicht erlaubt ist,<br />

wie mir erklärt wird. „Man darf<br />

also offiziell im Smartshop Pilze<br />

kaufen, aber wenn man eine<br />

Pilz-Suppe daraus macht, ist das<br />

wiederum illegal. Sobald man es<br />

weiterverarbeitet oder verkauft,<br />

wird es strafbar“, berichtet Mila.<br />

Aber wie schafft es High Cuisine<br />

dann, nicht ins Fadenkreuz der<br />

Justiz zu geraten?<br />

„Ganz einfach“, so<br />

Noah. „Wir arbeiten auf wissenschaftlicher<br />

Basis. Alle Dinner<br />

werden aufgenommen und dokumentiert<br />

<strong>–</strong> wir betreiben also<br />

Forschung und Aufklärung. Wir<br />

filmen und erklären alles in unserer<br />

Kochshow, womit es wieder<br />

regelkonform ist. Nur so konnten<br />

wir es sogar in Zeitungen und<br />

Magazine wie die „New York<br />

Times“ oder „The Guardian“<br />

schaffen. Die Artikel waren echt<br />

gut und es ging dabei nicht um<br />

das typische ,Hey schaut euch<br />

den neuen Trend an‘, sondern<br />

viel mehr um ,Die Welt ist im<br />

Wandel, hierzu ein Beispiel‘. Und<br />

wir waren damit der Zeit weit voraus.<br />

Als andere noch mit Cannabis-Edibles<br />

überfragt waren,<br />

haben wir schon mit Psilocybin,<br />

Kratom und anderen Psychedelika<br />

als Zutat experimentiert. Wir<br />

haben damit vor gut sechs Jahren<br />

begonnen. Damals kannten viele<br />

Leute die Drogen nicht einmal,<br />

die wir für unsere Rezepte benutzen.“<br />

Erneut frage ich mich,<br />

ob das Wort „Droge“ in dem<br />

Zusammenhang mit den Gerichten<br />

von High Cuisine überhaupt<br />

gerechtfertigt ist, und äußere dies<br />

auch. „Richtig, genau das ist die<br />

Frage: was ist ein Nahrungsmittel<br />

und was ist eine Droge? Nehmen<br />

wir doch einfach mal Kaffee. Niemand<br />

nimmt bei Kaffee das Wort<br />

Droge in den Mund. Wieso? Weil<br />

es eben gesellschaftlich anerkannt<br />

ist. Dabei kann auch dieses Nahrungsmittel<br />

einen starken Rausch<br />

erzeugen. Von zitternden Händen<br />

bis zum Herzrasen, aber fast niemand<br />

bezeichnet Kaffee als eine<br />

Droge.“<br />

Auch wenn seine Erklärung<br />

sehr plausibel ist, bin ich mir<br />

nicht ganz sicher, ob ich Psilocybin<br />

mit Kaffee gleichsetzen würde.<br />

Doch im Grunde sind beide Dinge<br />

Lebensmittel, eine Bohne und ein<br />

Pilz, mit einem berauschenden<br />

Wirkstoff, der bei zu hoher Dosierung<br />

zu Problemen führen kann.<br />

Dennoch bin ich mir ziemlich<br />

sicher, dass die Wirkung von Halluzinogenen<br />

einen Großteil der<br />

Menschen härter umhauen wird,<br />

als zwei Tassen Kaffee. „Natürlich,<br />

das stimmt. Es hat auch schon bei<br />

unserem Dinner den ein oder anderen<br />

zu hart erwischt. Aber das<br />

waren dann eben Menschen, die ansonsten<br />

vielleicht lediglich am Wochenende<br />

oder auf einem Festival<br />

einen Joint mit Freunden rauchen.<br />

Doch auch diese schlechten Erfahrungen<br />

sind notwendig, man lernt<br />

schließlich daraus. Nur so konnten<br />

wir bis zu dem Punkt kommen, an<br />

dem wir jetzt sind.“ Und was wird<br />

danach folgen, erkundige ich mich.<br />

„Wir verkaufen aktuell unser Kochbuch<br />

und veröffentlichen dazu auch<br />

bald das passende Mocktail-Buch,<br />

also Cocktails ohne Alkohol, aber<br />

mit Psychedelika. Wir haben auch<br />

eine Kooperation mit The Bulldog<br />

in Arbeit. Zusammen mit ihnen<br />

werden wir unter anderem Tinkturen,<br />

THC-Kaviar, eine Bong und<br />

ein spezielles Getränk, den Kratombucha,<br />

auf den Markt bringen. Der<br />

Kratombucha ist mein Favorit, da<br />

es eine Kombination aus Kratom<br />

und Kombuchatee ist. Wir haben<br />

ihn offiziell Anfang Oktober released.“<br />

Für diejenigen, die es nicht<br />

wissen sollten: Kratom ist ein Pulver,<br />

das aus den getrockneten und<br />

gemahlenen Blättern des Kratombaums<br />

gewonnen wird. Kratom hat<br />

die interessante Eigenschaft, dass es<br />

in geringen Dosen aufputschend,<br />

in hohen Dosen allerdings sedierend<br />

wirken kann. Ein offizielles<br />

Kratomgetränk, getestet und hergestellt<br />

von zwei Spitzen-Köchen, die<br />

sich mit Psychedelika auskennen?<br />

Klingt verdammt spannend.<br />

Gegen Ende erlaube<br />

ich mir noch ein paar persönliche<br />

Fragen: kochst du eigentlich auch<br />

mal high? Und was sagt eigentlich<br />

deine Familie zu deiner Show und<br />

dem Kochbuch? Noah lacht wieder<br />

herzhaft: „Ja, manchmal erhitze ich<br />

auch mein Bewusstsein. Ich mache<br />

hin und wieder eine Raucher-Pause<br />

beim Kochen, wenn mir danach<br />

ist, und danach koche ich weiter.<br />

Und meine Familie supportet mich<br />

bei allem, was ich tue. Alle stehen<br />

voll und ganz hinter mir.“ Natürlich<br />

möchte ich auch noch wissen,<br />

ob Noah sich vorstellen könnte, irgendwann<br />

einmal ein Restaurant zu<br />

eröffnen, das Gerichte aus seinem<br />

Kochbuch serviert. „Natürlich,<br />

warum nicht? Am Ende geht es bei<br />

unseren Dinnern auch nur darum,<br />

Spaß als Erwachsener zu haben.<br />

Man verbringt einen spannenden<br />

Abend beim Essen mit Freunden.<br />

Der eine trinkt einen Wein, der andere<br />

isst eben Speisen mit Psychedelika.<br />

Daran ist nichts auszusetzen.<br />

Es sind berauschende Substanzen<br />

für einen heiteren Dinner-Abend.<br />

Allerdings würde ich statt nur ein<br />

Restaurant noch lieber ein Boutique-Hotel<br />

eröffnen <strong>–</strong> mit Spa,<br />

Restaurant und einer schönen Außenanlage.<br />

Die Gäste könnten nach<br />

einem psychedelischen Dinner eine<br />

Shiatsu-Massage genießen, sich<br />

körperlich betätigen oder durch einen<br />

großen, nebelverhüllten Garten<br />

spazieren.“ In diesen letzten Sätzen<br />

erkenne ich wieder das grundsätzliche<br />

Thema unseres Gesprächs:<br />

wieso sollte man Psychedelika und<br />

Cannabis anders behandeln, als die<br />

typischen Party-Dauergäste Tabak<br />

und Alkohol? Sollte Noah jemals<br />

ein derartiges Hotel eröffnen,<br />

werde ich definitiv einer der ersten<br />

Gäste sein <strong>–</strong> und zu einer der<br />

Dinnerpartys habe ich mich natürlich<br />

sowieso schon selbst eingeladen.<br />

54 HIGHWAY <strong>06</strong>/<strong>21</strong>

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