Highway – Ausgabe 06/21
Highway – Das Cannabismagazin
Highway – Das Cannabismagazin
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im unerlaubten Besitz von zwei<br />
Gramm Cannabis gewesen ist, wie<br />
lange er bereits Betäubungsmittel<br />
konsumiert. Ohne nachzudenken<br />
antwortet der Beschuldigte, dass<br />
er seit ungefähr einem Jahr Cannabis<br />
konsumiert. Die nächste<br />
Frage des Vernehmungsbeamten<br />
zielt dann auf die Häufigkeit der<br />
Erwerbshandlungen ab. Beispielsweise<br />
fragt der Polizeibeamte, wie<br />
oft der Beschuldigte in der Woche<br />
oder im Monat Betäubungsmittel<br />
kauft. Der Beschuldigte antwortet,<br />
dass er etwa einmal in der Woche<br />
ein bis zwei Gramm Cannabis erwirbt.<br />
Daraus errechnet der Vernehmungsbeamte<br />
über die Dauer<br />
von dem vom Beschuldigten in<br />
diesem Beispiel genannten Jahr (52<br />
Wochen) dann etwa insgesamt 52<br />
strafbare Erwerbshandlungen zu je<br />
zwei Gramm Cannabis!<br />
Am Ende der Vernehmung<br />
unterschreibt der Beschuldigte<br />
das Vernehmungsprotokoll und<br />
verlässt die Dienststelle. Von den<br />
so gemachten Angaben wird sich<br />
der Beschuldigte nur sehr schwer<br />
wieder lösen können. Somit wird<br />
im Zweifelsfall gegen einen solchen<br />
Ersttäter regelmäßig keine Geldstrafe<br />
mehr verhängt, sondern aufgrund<br />
der hohen Anzahl der einzelnen<br />
strafbaren Handlungen eine<br />
Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgeurteilt<br />
werden! Dieses Beispiel<br />
zeigt deutlich den Unterschied<br />
zum Verhalten des Beschuldigten,<br />
der sich schweigend verteidigt, im<br />
Verhältnis zu dem Beschuldigten,<br />
der sich als nicht erfahrener Ersttäter<br />
zur Durchführung der Beschuldigtenvernehmung<br />
entscheidet. Es<br />
gilt meines Erachtens somit der<br />
wichtige Grundsatz „Schweigen ist<br />
Gold“. Deshalb rate ich stets, den<br />
gewählten Strafverteidiger frühestmöglich<br />
zu beauftragen. Viele Beschuldigte<br />
scheuen die Kosten der<br />
Beauftragung eines Verteidigers.<br />
Letztlich geht diese Rechnung oftmals<br />
nicht auf, sofern der Beschuldigte<br />
versucht, sich alleine und eigenständig<br />
zu verteidigen.<br />
Was passiert eigentlich mit den<br />
Beweismitteln von Betäubungsmitteln?<br />
Und worin besteht eigentlich<br />
der Unterschied im Umgang<br />
mit einer geringen Menge<br />
von Betäubungsmitteln (§ 29<br />
Abs. 1 BtMG) und der sogenannten<br />
nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln?<br />
„Grundsätzlich wird zur quantitativen<br />
Bestimmung des Wirkstoffgehaltes<br />
der aufgefundenen<br />
Betäubungsmittel ein Sachverständigengutachten<br />
eingeholt. Dies gilt<br />
in erster Linie für größere Mengen<br />
an Betäubungsmitteln. Eine<br />
Schätzung ist (meistens) nicht<br />
ausreichend. Es wird regelmäßig<br />
ein Behördengutachten eines<br />
Sachverständigen (beispielsweise<br />
eines Diplom-Chemikers des Landeskriminalamts<br />
Rheinland-Pfalz)<br />
erstellt. Der Sachverständige hat<br />
zu überprüfen, wie viel Wirkstoff<br />
sich in der aufgefundenen Menge<br />
Betäubungsmittel befindet und<br />
um welche Betäubungsmittel es<br />
sich im Einzelnen handelt. Der<br />
Sachverständige kontrolliert die<br />
Betäubungsmittel in einem Labor.<br />
Die angewandten Untersuchungsverfahren<br />
sind zum einen<br />
die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie<br />
und zum anderen<br />
die Gaschromatographie. Es wird<br />
jedoch oft davon abgesehen, ein<br />
solches Gutachten einzuholen,<br />
sofern zu Gunsten des Beschuldigten<br />
davon ausgegangen wird,<br />
dass die sogenannte nicht geringe<br />
Menge im zu beurteilenden Fall<br />
nicht überschritten worden ist.<br />
Hierbei wird nicht auf die tatsächliche<br />
Gewichtsmenge abgestellt,<br />
sondern auf die reine Wirkstoffmenge.<br />
Für den Umgang mit einer<br />
„nicht geringen Menge“ von Betäubungsmitteln<br />
ist gemäß § 29 a<br />
Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Strafe von<br />
nicht unter einem Jahr (Verbrechenstatbestand)<br />
vorgesehen. Es<br />
droht demnach eine Freiheitsstrafe<br />
bis zu 15 Jahren. Die sogenannte<br />
nicht geringe Menge im Sinne<br />
des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG<br />
beginnt bei Cannabisprodukten<br />
nach ständiger Rechtsprechung bei<br />
500 Konsumeinheiten zu 15 Milligramm<br />
THC, also ab 7,5 Gramm<br />
THC-Wirkstoff. Einfacher ausgedrückt<br />
bedeutet dies, dass bereits<br />
eine Menge von 100 Gramm Marihuana<br />
oder Haschisch mit einem<br />
durchschnittlichen Wirkstoffgehalt<br />
zur Verhängung einer Freiheitsstrafe<br />
im gerichtlichen Verfahren führen<br />
kann. Wird der Grenzwert der<br />
sogenannten nicht geringen Menge<br />
dagegen nicht erreicht, droht das<br />
Gesetz in § 29 Abs. 1 BtMG einen<br />
deutlich geringeren Strafrahmen<br />
an, nämlich Freiheitsstrafe bis zu<br />
fünf Jahren oder Geldstrafe. Bei<br />
der Wirkstoffbestimmung wird<br />
auch die sogenannte Messunsicherheit<br />
von zehn Prozent berücksichtigt.<br />
Dies kann bei der Beurteilung<br />
des einschlägigen Straftatbestandes<br />
ein wichtiger Faktor sein. Im Strafverfahren<br />
entscheidet häufig letztendlich<br />
das Wirkstoffgutachten<br />
über die Frage, ob es sich um Cannabis<br />
von schlechter Qualität, von<br />
mittlerer Qualität oder von guter<br />
Qualität handelt und aus welchem<br />
Strafrahmen eine entsprechende<br />
Rechtsfolge in Form der Sanktionierung<br />
zu wählen ist.<br />
Fazit<br />
Viel zu oft geraten Konsumenten<br />
kleinerer Mengen Betäubungsmittel<br />
ins Visier der Ermittlungsbehörden<br />
und sind fragwürdigen<br />
Maßnahmen ausgesetzt. Die<br />
Durchsuchungsmaßnahmen wecken<br />
Ängste und das Gefühl, der<br />
Staatsgewalt hilflos ausgeliefert<br />
zu sein. Sie sind wie ein wiederkehrender<br />
Albtraum, aus denen<br />
sich viele Probleme und Fragen<br />
ergeben. Im Fadenkreuz eines<br />
Ermittlungsverfahrens steht man<br />
schneller als gedacht. Dabei sollte<br />
man sein Schicksal nicht dem<br />
Zufall überlassen. Es ist wichtig,<br />
dass man seine Rechte als Beschuldigter<br />
kennt und umgehend einen<br />
Strafverteidiger kontaktiert. Denn<br />
mit einer Hausdurchsuchung versucht<br />
zum Beispiel die Staatsanwaltschaft<br />
Beweismittel und Informationen<br />
für ein Strafverfahren<br />
zu beschaffen oder eine Person<br />
ausfindig zu machen. Strafverteidiger<br />
und Rechtsanwälte erleben<br />
immer wieder, dass Mandanten<br />
sich durch ihr Verhalten während<br />
einer Durchsuchung selbst schaden.<br />
Daher soll noch einmal zusammengefasst<br />
werden, wann es<br />
zu einer Hausdurchsuchung kommen<br />
kann und welche Fehler man<br />
dabei keinesfalls machen sollten.<br />
Durchsuchungen sind zulässig<br />
aufgrund richterlichen Beschlusses<br />
oder <strong>–</strong> ausnahmsweise <strong>–</strong> bei Gefahr<br />
im Verzug.<br />
Es ist wichtig, dass<br />
man in solch einer Situation stets<br />
die Fassung bewahrt, keinen Widerstand<br />
leistet und die Durchsuchung<br />
nicht behindert. Auch<br />
sollte man sich von den Beamten<br />
nicht unter Druck setzen lassen<br />
oder in einen „Smalltalk“ verwickeln<br />
lassen. Jeder hat das Recht<br />
zu schweigen und das sollte auch<br />
unbedingt genutzt werden! Denn<br />
durch bestimmte Verhaltensweisen<br />
und Äußerungen macht man sich<br />
bei einer Durchsuchung oder Beschlagnahme<br />
angreifbar und sorgt<br />
im schlimmsten Fall für zusätzliche<br />
Anklagepunkte. Einer der wichtigsten<br />
Grundsätze lautet, einen Anwalt<br />
zu kontaktieren. Jeder hat das<br />
Recht, auch während der Durchsuchung<br />
zu telefonieren. Daher sollte<br />
man die Herausgabe des Durchsuchungsbeschlusses<br />
einfordern und<br />
diesen aufmerksam durchlesen.<br />
Häufig wird auch eine Kopie ausgehändigt.<br />
Ansonsten darf man<br />
eine Kopie anfertigen oder den<br />
Beschluss fotografieren. Es sollte<br />
darauf bestanden werden, dass<br />
bei der Durchsuchung ein Zeuge<br />
zugegen ist <strong>–</strong> Familienangehörige,<br />
Mitbewohner oder ein Nachbar<br />
beispielsweise. Zudem sollte man<br />
festhalten, wer die Durchsuchung<br />
vornimmt: dazu lässt man sich den<br />
Dienstausweis des leitenden Beamten<br />
zeigen und notiert sich den<br />
Namen. Auch sollte man auf eine<br />
vollständige Liste der Gegenstände,<br />
die die Beamten mitnehmen,<br />
bestehen. Jede Information, die<br />
man seinem Verteidiger übergeben<br />
kann, ist wichtig. Das Ziel einer<br />
Strafverteidigung ist eine zeitnahe<br />
Verfahrensbeendigung, wenn möglich<br />
noch im Ermittlungsverfahren,<br />
um eine belastende und kostenintensive<br />
Hauptverhandlung für den<br />
Beschuldigten zu vermeiden.<br />
Auch ohne Wissen<br />
der Betroffenen darf die Strafverfolgungsbehörde<br />
deren Telekommunikation<br />
überwachen und<br />
aufzeichnen. Durch diese Telekommunikationsüberwachung<br />
(TKÜ) kann die Staatsanwaltschaft<br />
Beweise erlangen. Da die<br />
TKÜ in den privaten Lebensbereich<br />
des Betroffenen und Dritter<br />
eingreift, sind an ihren Einsatz<br />
strenge Anforderungen gestellt.<br />
Die Telekommunikationsüberwachung<br />
ist nur beim Verdacht<br />
schwerer Straftaten zulässig und<br />
darf nur durch das zuständige<br />
Gericht angeordnet werden. Übrigens:<br />
bei einer Vorladung durch<br />
die Polizei muss man als Beschuldigter<br />
nicht erscheinen, auch<br />
wenn das behördliche Schreiben<br />
diesen Eindruck erwecken mag.<br />
Erst wenn man von der Staatsanwaltschaft<br />
oder dem Ermittlungsrichter<br />
geladen wird, muss<br />
man der Vorladung folgen. Auch<br />
hier gilt es dann, umgehend einen<br />
Strafverteidiger zu kontaktieren,<br />
bevor man eine Aussage macht<br />
oder eine Sacheinlassung abgibt<br />
und sich selbst belastet. Ein Anwalt<br />
kann dann den Termin absagen<br />
und zunächst Einsicht in die<br />
amtliche Ermittlungsakte bei der<br />
zuständigen Behörde beantragen.<br />
Erst die Einsichtnahme in die<br />
Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft<br />
oder in die Gerichtsakte bietet<br />
Gewähr für eine bestmögliche,<br />
individuelle Verteidigung.<br />
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