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Kulturfenster Nr. 06|2021 - Dezember 2021

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komponiert<br />

„Neue Musik“ als Chance<br />

für die Blasmusik<br />

Christian Gamper, Komponist und Dirigent aus dem Ultental<br />

„NEUE Musik“, nicht zu verwechseln mit<br />

zeitgenössischer Musik, die speziell in der<br />

Blasmusik für eine sehr neoromantische Tonsprache<br />

steht, kann für die diese auch eine<br />

Chance sein. Neue Perspektiven, neue Spieltechniken,<br />

neue Klänge/Klangvorstellungen<br />

können neue Horizonte schaffen und auch<br />

das Verständnis für das traditionelle Musizieren<br />

befruchten und folglich verbessern.<br />

Zwischen rebellierenden<br />

Welten<br />

Liest man die Titel der ersten Kompositionen<br />

von Christian Gamper, „Voiles Boarischer“<br />

(2009), mi.n(i)atürlich (2009)<br />

oder „Das Rauschen of the al.men in His<br />

(2010), so spiegelt sich darin von Anfang<br />

an eine klare Vorstellung des persönlichen<br />

Komponierstils wider: die große Liebe zur<br />

alpenländischen Volksmusik, die Emanzipation<br />

von Geräuschen als Stilmittel, subtile<br />

Seitenhiebe gegenüber dem Pseudointelektuellem<br />

und der große Mut, das „Alte“<br />

wieder mit ins Boot zu nehmen. In diesem<br />

Spannungsfeld entstehen die Kompositionen<br />

von Christian Gamper und sind deswegen<br />

schwer einzuordnen, weil sie weder<br />

radikal avantgardistisch sind, noch naiv<br />

rückwärtsgewandt. Die Werke sind mit<br />

der Intention geschrieben, publikumsgefällig<br />

zu sein, was im extremsten Sinn der<br />

„Neuen Musik“ nicht unbedingt als ein legitimes<br />

Kriterium gilt, sie eröffnen aber im<br />

Kompostionsprozess eine große Herausforderung<br />

im Brückenschlag zwischen rebellierenden<br />

Welten.<br />

„<br />

Wer Mut zum „Alten“ hat, wird beschenkt<br />

mit noch mehr Mut zu<br />

„„Neuem“.<br />

Christian Gamper<br />

Zur Person<br />

Christian Gamper wird 1978 in Bozen<br />

geboren und wächst in St. Nikolaus im<br />

Ultental auf. Sein Vater spielt in der Musikkapelle;<br />

dadurch kommt es sehr früh<br />

zum Kontakt mit Blasmusik und Volksmusik.<br />

Mit bereits 18 Jahren übernimmt<br />

er die Leitung der Kapelle und beginnt<br />

zugleich die 3-jährige Kapellmeisterausbildung<br />

an der Musikschule Meran bei<br />

Prof. Hans Obkircher, Dietrich Oberdörfer<br />

und Christian Graf. Diese Ausbildung<br />

sollte den Start in seine professionelle<br />

Musikerlaufbahn markieren.<br />

Im Alter von 23 Jahren beginnt er seine<br />

Ausbildung am Tiroler Landeskonservatorium<br />

in Innsbruck. Das Studium im Konzertfach<br />

Dirigieren bei Prof. Edgar Seipenbusch<br />

und Tito Ceccherini kann Christian<br />

Gamper im November erfolgreich mit der<br />

Diplomprüfung beenden. Zugleich beginnt<br />

er im Wintersemester 2007 das Studium<br />

im Fach Komposition und Musiktheorie<br />

bei Prof. Dr. Martin Lichtfuss und Franz<br />

Baur. Im Juni 2012 schließt er dieses<br />

Studium mit Auszeichnung ab. Es folgen<br />

zwei Meisterjahre und zahlreiche Uraufführungen,<br />

auch unter seiner Leitung.<br />

Neben Uraufführungen im ORF und im<br />

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum<br />

kommt es zur Uraufführung einer Auftragskomposition<br />

bei den Gustav Mahler<br />

Musikwochen in Toblach; der Auftrag<br />

kommt vom Südtiroler Künstlerbund, deren<br />

Mitglied Christian Gamper seit 2011<br />

ist und für den er bereits einige Werke<br />

schreiben durfte. Seine Werke werden,<br />

neben den unten genannten, auch von<br />

der Akademie St. Blasius, vom Leonhard<br />

Lechner Chor und vom Kammerchor „NovoCanto“<br />

uraufgeführt. Vom letztgenannten<br />

wurde das Werk „Iod.ler fantastique“<br />

auf CD eingesungen, die in Zusammenarbeit<br />

mit dem Tiroler Sängerbund und<br />

dem Konservatorium entstand.<br />

Inspiriert sind seine Werke durch die große<br />

Leidenschaft, den Sommer auf der Alm<br />

zu verbringen und die innige Wertschätzung<br />

musikalischer Vorfahren.<br />

Auf den Spuren von Dufay,<br />

Bartok und Ligeti<br />

Eine große Nähe spüre er, so sagt Christian<br />

Gamper, zur Vokalpolyphonie der Renaissance,<br />

am bevorzugtesten zu der des<br />

späten Mittelalters bzw. der frühen Renaissance<br />

(Dufay), zur von der Volksmusik beeinflussten<br />

Musik Bartoks und zur Klang-/<br />

Klangflächenkomposition Ligetis.<br />

Sie sind deswegen Inspiration und Muse, auf<br />

deren Ästhetik aufbauend mutig „Neues“ zu<br />

schaffen. Dabei spielt, wie auch schon erwähnt,<br />

die Aleatorik, also die Hereinnahme<br />

des Zufalls und die Verwendung neuer auch<br />

teilweise selbst entwickelter Spieltechniken<br />

oder allgemein musikalischer Materialien<br />

eine große Rolle; wie z.B. die hexatonische<br />

Tonleiter („Hexatonik“) in seinem Werk für<br />

Brassband „Alpesmande through falling angels“.<br />

(Seite 1 der Partitur)<br />

Gamper gelingt es – trotz Neuem und teilweise<br />

Irritierendem in seinen Werken – mit<br />

seiner doch noch moderaten Tonsprache<br />

ein spannendes Hörerlebnis zu schaffen.<br />

KulturFenster<br />

52 06/<strong>Dezember</strong> <strong>2021</strong>

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