Das Erleben und der Genuss von Musik … … kann durch eine gute Moderation verstärkt und intensiviert werden. Sie muss aber, wie alles was auf der Bühne geschieht, gut vorbereitet sein. Sie ist Teil der Aufführung und ermöglicht es, die Barriere zwischen Bühne und Publikum zu verringern. KulturFenster 60 06/<strong>Dezember</strong> <strong>2021</strong>
hinausgeblickt „Dem Publikum Brücken bauen“ Die Moderation ist eine tragende Säule des Konzerts Auch wenn die vierte Pandemie-Welle momentan kaum Konzerte zulässt, so wird doch wieder die Zeit kommen, dass ein Chor ein Konzert gestalten wird. Dass ein Konzert mehr ist als nur irgendwelche Lieder zu singen, sondern ein sinnvolles Konzept braucht, vielleicht auch ein Thema oder einen inneren Zusammenhang – dies ist den meisten Konzertveranstaltern bewusst. Viele Konzerte sehen auch eine Moderation vor. Dieser Teil des Konzerts ist in seiner Wichtigkeit nicht zu unterschätzen, macht doch die Hinführung des Publikums zu den aufgeführten Werken einen wesentlichen Bestandteil aus, wenn das Konzert gelingen soll. Die deutsche Zeitschrift „Chorzeit“ beschäftigt sich in ihrer Novemberausgabe gerade mit diesem wichtigen Thema. Der Musikjournalist Arne Sonntag erwähnt gleich zu Beginn seiner Ausführungen, wie es zum Teil immer noch abläuft: „Mit Programmzettel in der Hand verfolgt das Publikum mehr oder weniger aufmerksam den abgedruckten Ablauf.“ Wer viele Konzerte besucht und dabei auch das Publikum beobachtet hat, kann dies wohl bestätigen: Manchmal leidet die Aufmerksamkeit und auch die Begeisterung, wenn man nicht „geführt“ wird. Deshalb hat der Autor wohl recht, wenn er schreibt: „Moderierte Konzerte eröffnen neue Horizonte.“ „Chorzeit“ bringt das Beispiel des Stuttgarter Theaterpädagogen Hannes Michl, der mit verschiedenen Chören unterschiedliche Formen der Moderation ausprobiert hat. Dabei kamen auch so kreative Ansätze vor wie etwa szenische Umsetzungen. Es muss nicht gleich eine „Theateraufführung“ werden, aber dem Publikum „Brücken zu bauen“ zum Werk sei wesentlich, betont Michl: So könne man etwa die Zuhörer*innen auf bestimmte Momente und Passagen der Komposition hinweisen oder natürlich Hintergrundinformationen zum Werk geben. Wichtig ist, dass eine Verbindung zwischen Sänger*innen, Werk und Publikum hergestellt wird. Das sei oft auch eine Chance, einem Publikum weniger bekannte Werke näher zu bringen. Dabei sollte man weniger auf abstrakte Werkerklärungen als auf Geschichten und Anekdoten setzen. Dadurch entsteht eine emotionale Gemeinschaft von Chor und Publikum. Was viele Südtiroler Chöre bereits umsetzen, ist die Moderation durch die Sänger*innen selbst. Dies wirkt besonders authentisch und sympathisch. Michl betont, dass die Moderation eine wesentliche Säule des Konzerts ist: „Man sollte eine Moderation nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Der Moderator bzw. die Moderatorin sollten sich mit ihrer Aufgabe identifizieren, also gerne vor dem Publikum sprechen. Die Moderation braucht abgesehen von dieser Bereitschaft und „Begabung“ auch eine gute Vorbereitung. Viele Konzerte leiden darunter, dass die Moderation nicht gut vorbereitet ist. Dabei sollte man nach Michl etwa 80 Prozent der Moderation vorbereiten. Freilich muss man auch offen sein für situationsbezogene Moderation, also sich nicht stur an einen vorgeschriebenen Text halten. Doch es ist wichtig „dramaturgisch vorauszudenken“, wie es Michl nennt. Moderationstipps Michl empfiehlt dabei, die erste Anmoderation mit einem sogenannten „Attention Grabber“ zu beginnen, um die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Dies ist eine Grundregel, die allgemein in der Rhetorik von Bedeutung ist. Wie viele Rhetorik-Experten betonen, kann man am Anfang das Publikum gewinnen, wenn man etwas erzählt, das aus dem Leben des Publikums, mit seiner Umwelt und Gegenwart zu tun hat, wenn man die Zuhörer*innen direkt anspricht, wenn man einen interessanten oder auch provokanten Gedanken formuliert oder einen Kontrast aufbaut. Dies kann in Form einer kleinen Erzählung, einer Anekdote aus dem Alltag oder aber auch aus dem Leben des Komponisten geschehen. Wichtig ist, dass diese erste Anmoderation gut vorbereitet und überlegt ist – und nicht dem Zufall überlassen wird. Dazu muss man sich auch überlegen, wer das Zielpublikum ist, was der Anlass des Konzerts ist, was wohl KulturFenster 61 06/<strong>Dezember</strong> <strong>2021</strong> 61