KEM Konstruktion 01-02.2022
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Innovative Landmaschinen mit komplexer<br />
Technik: Bei der Entwicklung von Mähdreschern,<br />
Traktoren und Feldhäckslern setzt Claas<br />
zunehmend auf Systems Engineering (SE).<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Ein Fokus von SE4OWL liegt<br />
insbesondere auf dem Wissenstransfer – welche<br />
Tipps können Sie Unternehmen bereits heute geben,<br />
die in das Thema SE einsteigen wollen?<br />
Hillmann: Wie aus den obigen Antworten bereits<br />
hervorgeht, steht neben der Weiterentwicklung der<br />
Methoden und Tools besonders die Wissensvermittlung<br />
aktuell im Zentrum unserer Arbeit. Aus unserer<br />
Erfahrung können wir anderen Unternehmen mitgeben,<br />
dass eine enge Begleitung der Mitarbeitenden<br />
wichtig ist. Wir, die sich tagtäglich mit SE auseinandersetzen<br />
und eine Vision verfolgen, müssen verstehen,<br />
dass die meisten Mitarbeitenden wenig bis<br />
kaum Erfahrung auf dem Themengebiet haben und<br />
durchaus Widerstände bei der Vermittlung der Methoden<br />
auftreten. Es werden lang verankerte Denkweisen<br />
verändert. Das kostet Zeit. Es ist fahrlässig zu<br />
glauben, dass eine reine Wissensvermittlung ausreicht,<br />
um dieses komplexe Thema im Unternehmen<br />
zu verankern.<br />
Um bei der Einführung von SE erfolgreich zu sein,<br />
muss besonders in der Anfangsphase ein enger Support<br />
der Mitarbeitenden gewährleistet sein. Neben<br />
der Methode kommen in vielen Fällen noch spezifische<br />
Tools zum Einsatz. Das Zusammenspiel von Methodenverständnis<br />
und Toolanwendung muss den<br />
Mitarbeitenden deutlich gemacht werden. In diesem<br />
Zusammenhang kommen viele Fragen auf, die beantwortet<br />
werden müssen. Die Ansprechbarkeit bei Problemen<br />
und Präsenz in den Projekten ist wichtig, um<br />
das Kommitment für die neuen Denkansätze zu erlangen.<br />
Je nach Unternehmensgröße sollte nach einer<br />
Pilotphase der Aufbau von gut ausgebildeten<br />
Key-Usern in Betracht gezogen werden, denn ein so<br />
enger Support, wie oben beschrieben, wird in einem<br />
größeren Unternehmen nicht auf Dauer möglich sein.<br />
Wichtig zu erwähnen ist, dass SE eine Denkweise ist,<br />
die auch für KMUs geeignet ist. Durch SE4OWL wollen<br />
wir sicherstellen, dass besonders KMUs Unterstützung<br />
bei der Einführung erhalten und Ansätze<br />
zur Wissensvermittlung auf Basis der Erfahrung der<br />
Konsortialpartner erlangen. Dabei profitieren wir unmittelbar<br />
vom Know-how des Fraunhofer IEM.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sehen Sie künftig zu lösende<br />
Aufgabenstellungen, die SE nicht adressieren<br />
kann? Lässt sich beispielsweise ein Mähdrescher<br />
damit gut beherrschen, nicht aber die gesamte<br />
Erntekette im Smart Farming – also das System of<br />
Systems?<br />
Heihoff-Schwede: Wenn man SE etwas weiterdenkt,<br />
kann man damit aus unserer Sicht auch die<br />
Lösung vieler zukünftiger Aufgaben adressieren. Aktuell<br />
fokussieren wir uns mit SE noch stark auf die<br />
einzelnen Systeme. Diese Einzelsysteme arbeiten<br />
aber oftmals eng zusammen, zum Beispiel in Ernteketten<br />
und werden unter Schaffung neuer Schnittstellen<br />
zwischen den Systemen zum Teil eines System-of-Systems<br />
(SoS). Dazu kommen übergreifende<br />
IT-Plattformen, die verschiedene Services und Systeme<br />
überspannen und durch unseren zentralen IT-Bereich<br />
bereitgestellt werden. Hier ist aus unserer Sicht<br />
einerseits die Entwicklung pragmatischer Ansätze für<br />
das Engineering von SoS notwendig – daran arbeiten<br />
wir beispielsweise im BMBF-Forschungsprojekt Mo-<br />
SyS mit dem Fraunhofer IEM. Andererseits müssen<br />
wir auch bei Claas dafür sorgen, dass (Teil-)Systeme<br />
nach den gleichen Methoden entwickelt werden und<br />
in einem konsistenten Datenformat beschrieben<br />
werden. Hier können sicher auch branchenweite oder<br />
-übergreifende Standards weiterhelfen. (co)<br />
www.claas.de<br />
www.iem.fraunhofer.de<br />
Das Projekt SE4OWL<br />
Wer komplexe technische Systeme künftig erfolgreich<br />
auf den Markt bringen möchte, benötigt<br />
den Überblick über die vielfältigen Zusammenhänge<br />
in seinem Entwicklungsprojekt. Systems<br />
Engineering (SE) bietet ein ganzes Bündel aus<br />
Methoden und Werkzeugen, um sich dieser Herausforderung<br />
zu stellen. Das it’s-OWL-Projekt<br />
SE4OWL (Systems Engineering for OWL) unterstützt<br />
kleine und mittlere Unternehmen dabei, SE<br />
langfristig und ganzheitlich anzuwenden. Dafür<br />
arbeiten das Fraunhofer IEM, Two Pillars, Unity<br />
sowie die Unternehmen Claas, Harting Applied<br />
Technologies und Miele in dem dreijährigen Projekt<br />
zusammen und werden vom Land Nordrhein-<br />
Westfalen mit rund 1,9 Mio. Euro gefördert.<br />
SE-Neuigkeiten aus OWL gibt es auch hier:<br />
www.selive.de<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> » <strong>01</strong>/02 | 2022 27