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Das Magazin MAI / JUN 2022

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Der Freischütz<br />

René Jacobs ergründet mit dem<br />

Freiburger Barockorchester die Romantik<br />

Längst schon erstreckt sich das Repertoire des Freiburger<br />

Barockorchesters weit über die Grenzen jener<br />

Epoche, die es im Namen trägt. Mit seiner stets<br />

am Originalklang orientierten Spielweise – alert, akkurat,<br />

aufregend! – erfüllt es mittlerweile die Werke<br />

vieler Jahrhunderte mit feuriger Leuchtkraft. So<br />

hat das vielfach ausgezeichnete Ensemble schon<br />

vor geraumer Zeit begonnen, auch die Romantik<br />

zu erobern. Seine hinreißenden Schumann- und<br />

Mendelssohn-Interpretationen waren bereits in der<br />

Kölner Philharmonie zu erleben. Nun erkunden die<br />

Musikerinnen und Musiker gemeinsam mit dem ihnen<br />

seit Jahren verbundenen Dirigenten René Jacobs<br />

die Oper »Der Freischütz« von Carl Maria von<br />

Weber – ein wahrlich unheimliches Meisterwerk, für<br />

dessen Hauptrollen eine Reihe exzellenter Solistinnen<br />

und Solisten verpflichtet werden konnte.<br />

René Jacobs<br />

Musikalisch schloss Weber damit das Tor zu einer<br />

neuen Zeit auf (die Oper wurde drei Jahre vor<br />

Beethovens 9. Sinfonie uraufgeführt) und betrat das<br />

von der Literatur schon länger erschlossene Reich<br />

der Romantik. Es war eine zerfurchte Zeitspanne, in<br />

der die Kunst doppelgesichtig eine friedfertige Poetisierung<br />

der Welt ersehnte und gleichzeitig dem<br />

Dämonischen allerlei Gestalt verlieh. <strong>Das</strong> zunehmende<br />

Gefühl der Entfremdung des Menschen von<br />

der Natur hatte seinen Wunsch nach harmonischer<br />

Wiederverschmelzung geweckt. Als utopischer Ort<br />

wurde das Reich der Nacht verherrlicht, in dessen<br />

Dunkel Wunderbares möglich schien, in dessen<br />

Finsternis aber auch der Schrecken lauerte. In der<br />

Dämmerung verbargen sich die Lust und der Tod.<br />

Den Träumen von einem goldenen Zeitalter waren<br />

die Albträume des Unterbewussten beigemischt.<br />

»Die heile Welt ist im Freischütz, meinte Ulrich<br />

Schreiber in seinem »Opernführer für Fortgeschrittene«,<br />

»immer von Unheil bedroht.«<br />

<strong>Das</strong> Libretto zu Webers »romantischer Oper in drei<br />

Aufzügen« schuf der Schriftsteller Johann Friedrich<br />

Kind im Jahr 1817. Er griff dafür auf die Novelle<br />

»Der Freischütz« zurück, die Johann August Apel<br />

in seinem 1810 erschienenen »Gespensterbuch« als<br />

»Volkssage« veröffentlicht hatte (ihr wiederum liegt<br />

ein alter böhmischer Gerichtsakt zugrunde). Die Uraufführung<br />

fand am 18. Juni 1821 im Königlichen<br />

Schauspielhaus Berlin statt. Die Geschichte spielt<br />

unmittelbar nach dem 30-jährigen Krieg in Böhmen<br />

(weit und breit kein »deutscher Wald«!) und erzählt<br />

vom Jägerburschen Max, der seine Braut Agathe<br />

nur heiraten darf, wenn er sich beim Ritual des Probeschusses<br />

als zielsicher beweist. Aus Angst, dabei<br />

zu versagen, lässt er sich von seinem Kameraden<br />

Kaspar zum Gießen teuflischer Freikugeln in der<br />

Wolfsschlucht überreden, deren letzte der schwar-<br />

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