Im Gespräch Bejun Mehta 48 <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>
Eine Stimme, viele Facetten Countertenor Bejun Mehta blickt in seinem Konzertprogramm auf die unterschiedlichsten Formen der Liebe In Ihrem Programm singen Sie Werke verschiedener Komponisten aus ganz unterschiedlichen Epochen. Gibt es dennoch einen roten Faden? Die Countertenorstimme wird mit ganz gegensätzlichen Adjektiven beschrieben: androgyn, weiblich, maskulin, kraftvoll, delikat … Und in der Tat ist es ein bemerkenswert flexibler Stimmentyp, der in ganz unterschiedliche Identitäten schlüpfen kann, unterschiedliche Geschlechter und Sexualitäten – und dabei unterschiedliche Betrachtungsperspektiven einnehmen kann. Und darum geht es in diesem Programm: die unterschiedlichen Facetten von Liebe aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Zum Beispiel den heterosexuellen männlichen Blick in »Ombra felice« oder »An die ferne Geliebte«; um die tiefgründige Liebe zwischen zwei Männern in Brittens »Canticle I«; ein mystisches, fast religiöses Statement zur Liebe in Purcells »Evening Hymn«; oder eine betrogene Frau auf der Suche nach Liebe in Haydns »Arianna a Naxos«. Sie beginnen das Konzert mit Mozart, der seine Arien oft für ganz bestimmte Sängerinnen und Sänger geschrieben hat, in diesem Fall für den Altkastraten Francesco Fortini. Können wir Rückschlüsse auf dessen Stimme ziehen? Wenn Mozart für Sopran komponierte, hat er mit Vorliebe dessen hohe Lage bedient, mit vielen hohen Tönen besonders in den Konzertstücken. Im Vergleich dazu ist der Stimmumfang in »Ombra felice« nicht ganz so groß, was die Vermutung nahelegt, dass Francesco Fortini nicht den großen Umfang bis in die Sopranhöhe besaß. <strong>Das</strong> war für mich auch der Grund, die Arie an den Anfang des Programms zu setzen, also mit einem noch etwas kleineren Stimmumfang zu starten und diesen im Verlauf des Konzertes zu steigern Mozart hat seine Arie für einen Altkastraten geschrieben, während Haydn seine Kantate »Arianna a Naxos« für Sopranstimme gesetzt hat. Sehen Sie sich selbst eher als Alt oder als Sopran? Ich würde mich selbst als Mezzo-Counter bezeichnen, wenn es diese Kategorisierung überhaupt gibt. Am Ende sind diese strengen Facheinteilungen aber überhaupt nicht hilfreich. Ich habe glücklicherweise einen recht großen Stimmumfang, was mir erlaubt, unterschiedlichstes Repertoire zu singen. Vor allem aber habe ich wirklich hart an meiner Mittel- und tiefen Lage gearbeitet, um meine Stimme nach unten zu verlängern. Damit kann ich nun auch Stücke für Contralto singen. Von den großen Kastraten gleicht meine Stimmlage ziemlich genau derjenigen von Senesino oder Guadagni, die beide in der Mezzo- und Altlage unterwegs waren. Eine gut ausgebildete Mittellage ist wichtig für alle Stimmtypen, weil nur von diesem Zentrum aus eine gesunde Höhe bzw. Tiefe entstehen kann. <strong>Das</strong> ist bei einem Countertenor nicht anders, da unterscheiden wir uns also gar nicht von den traditionellen Stimmfächern. Wir sind alle verwurzelt in der gleichen Belcanto-Technik. Neben Mozart hat auch Britten für die hohe Männerstimme geschrieben, und verlangt in seinen »Canticles« explizit einen Countertenor. Anders sieht das im Fall von Beethovens Liederzyklus »An die ferne Geliebte« aus, ein eher unübliches Repertoire für Countertenor, oder? Gegenfrage: Warum gibt es diese Wahrnehmung überhaupt, dass das so außergewöhnlich ist? Für mich ist lediglich entscheidend, ob ich der Musik mit meiner Stimme gerecht werden kann. Bei Wagner könnte ich das zum Beispiel nicht, das ist eine Frage von Volumen und Gewicht. Bei Beethovens Zyklus sieht das jedoch ganz anders aus. Wir sind nur ein- Familien-Brunch im Hippodrom am 3. April & Ostersonntag Scheibenstraße 40, 50737 Köln, Tel. 0221 27 14 16-0 tattersall@frueh.de, www.frueh-em-tattersall.de www.facebook.com/fruehemtattersall