MEDIAkompakt Ausgabe 32
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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24 NOT AFRAID<br />
mediakompakt<br />
Bild: eyd clothing<br />
Fashion for Freedom<br />
Mit Mode Menschenleben verändern?<br />
Das humanitäre Modelabel<br />
eyd bietet Frauen mit<br />
einer zerrütteten Vergangenheit<br />
die Chance auf ein freies<br />
und selbstbestimmtes Leben.<br />
Die Gründerin Nathalie Schaller<br />
spricht über Hoffnung, Mut<br />
und ihre alltäglichen Ängste im<br />
Social Business.<br />
Menschenhandel oder „human<br />
trafficking“ – ein Begriff, mit dem<br />
die meisten Menschen kaum etwas<br />
anfangen können, der aber<br />
aktueller denn je ist. Momentan<br />
befinden sich laut UNODC (United Nations Office<br />
on Drugs and Crime) schätzungsweise 40 Millionen<br />
Menschen in moderner Sklaverei. Und das<br />
weltweit. Sie werden isoliert, verkauft und wie<br />
Ware gehandelt. Über die Hälfte der Betroffenen<br />
wird sexuell ausgebeutet. Darunter sind fast ausschließlich<br />
Mädchen und Frauen. Mit dem Thema<br />
Zwangsprostitution wurde die Juristin und Gründerin<br />
Nathalie Schaller während eines Aufenthalts<br />
in Kambodscha konfrontiert. Im Interview<br />
erinnert sie sich: „Ich saß Frauen gegenüber, die<br />
oftmals schon als Kinder verkauft wurden, ihre Jugend<br />
in Bordellen verbracht haben und kaum eine<br />
andere Perspektive hatten.“<br />
Die Begegnung mit dieser Ungerechtigkeit ließ<br />
sie nicht mehr los. Zurück in Deutschland stand<br />
fest: Sie möchte helfen. Über Kontakte erreicht sie<br />
die karikative Werkstatt Chaiim in Indien. Diese<br />
bietet ein Nachsorgeprogramm für Frauen an,<br />
welche in der Vergangenheit sexuelle Ausbeutung<br />
erfahren haben. Dort erhalten die Betroffenen<br />
Unterstützung in allen Lebensbereichen, um ohne<br />
Angst und Unterdrückung<br />
einen echten Neustart zu<br />
VON ELISA-MIA METZEROTH „Aber ohne Angst<br />
kann man auch<br />
nicht mutig sein.“<br />
schaffen. Neben Beistand im<br />
Bereich Bildung, Life-Skills<br />
und Gesundheit wird in dieser<br />
Werkstatt auch genäht. „Ich<br />
bin keine Sozialarbeiterin aber<br />
ich komme aus einer Unternehmerfamilie.<br />
So war der Gedanke, ein Social<br />
Business zu starten, naheliegend“, erzählt Nathalie<br />
Schaller. Sie selbst hat während ihres Jura-Studiums<br />
Nähkurse als kreative Flucht besucht und<br />
ihre eigene Kleidung hergestellt. So entstand die<br />
Idee, ein faires und humanitäres Modelabel zu<br />
gründen.<br />
2017 wurde diese Vision zur Wirklichkeit. Das<br />
Stuttgarter Start-Up eyd, welches ausgeschrieben<br />
für Empower Your Dressmaker steht, arbeitet inzwischen<br />
mit mehreren Partnerwerkstätten zusammen.<br />
Gemeinsam verfolgen sie ein Ziel – Betroffene<br />
von sozialer Ungerechtigkeit und Ausbeutung<br />
zu unterstützen. Diese Mission geht<br />
Hand in Hand mit dem Klimaschutz. Denn eyd<br />
produziert nicht nur humanitär, sondern auch<br />
nachhaltig. Alle Produkte werden aus ökologischen<br />
Materialien hergestellt und sind vegan, also<br />
fair in ganzer Linie. Bei einem Social Business werden<br />
die Kund:innen zur Ressource und die Hersteller:innen<br />
zu Kund:innen.<br />
Also gegenteilig zum herkömmlichen Business-Modell.<br />
Bei eyd bedeutet das, dass mit jedem<br />
einzelnen Kauf die Freiheitsprojekte unterstützt<br />
werden. Ein Social Business zu führen bringt eine<br />
große Verantwortung mit sich,<br />
macht die Gründerin deutlich:<br />
„Das, was wir tun und damit<br />
unseren Partner:innen ermöglichen,<br />
verändert tatsächlich<br />
Menschenleben. Die Angst,<br />
das durch meine Fehler kaputt<br />
zu machen, begleitet mich<br />
auch im Alltag. Aber ohne Angst kann man auch<br />
nicht mutig sein.“ Trotz Unsicherheiten hat Nathalie<br />
sich gegen einen sicheren Job in der Kanzlei<br />
ihres Vaters entschieden und für das humanitäre<br />
und faire Modelabel eyd. Menschenhandel ist ein<br />
weltweites Problem, welches für den größten Teil<br />
der Gesellschaft unsichtbar ist. Organisationen<br />
und Projekte wie eyd versuchen darauf aufmerksam<br />
zu machen, um die Ungerechtigkeit zu bekämpfen.<br />
Hierbei kann sogar der bewusste Kauf<br />
eines T-Shirts das Leben eines Menschen grundlegend<br />
verändern.