MEDIAkompakt Ausgabe 32
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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02/ 2022 NOT AFRAID 31<br />
Angst vor Krieg?<br />
Russlands Angriffskrieg auf die<br />
Ukraine beschäftigt uns alle.<br />
Würde man selbst im Kriegsfall<br />
fliehen oder bleiben?<br />
Eine Befragung im Studiengang<br />
Mediapublishing.<br />
„Bisher dachte ich immer,<br />
dass Menschen irgendwo<br />
berechenbar<br />
sind und dass es nie wieder<br />
einen territorialen<br />
Krieg geben würde. Putin<br />
halte ich allerdings<br />
für völlig unberechenbar<br />
und deshalb habe<br />
ich schon Sorgen, dass<br />
es auch hier Krieg geben<br />
könnte. Ich komme aus dieser Generation, die um<br />
Kriegsdienstverweigerung gekämpft hat und bisher<br />
war ich der Meinung, dass es keine Konflikte<br />
gibt, die man nicht mit Worten lösen kann. Spontan<br />
hätte ich gesagt, ich wäre geflohen.<br />
Mittlerweile schwenke ich um, denn ich denke,<br />
dass wir in unserer Demokratie Rechte haben,<br />
die man verteidigen muss. Zu meiner Bundeswehrzeit<br />
wurde ich als Funker ausgebildet, weil<br />
ich nicht unmittelbar schießen wollte. Damals<br />
habe ich dann gleich im Anschluss den Kriegsdienst<br />
verweigert. Aber heute könnte ich mir eine<br />
Unterstützung dieser Art wahrscheinlich vorstellen.<br />
Wünschen würde ich mir, dass sich das russische<br />
Volk Putin entgegenstellt und die Ukraine<br />
wieder frei sein kann.“<br />
VON TANJA SCHÄFER Bild: Privat Bild: Privat<br />
„Es ist schwierig, denn<br />
eine gewisse Angst ist<br />
da, aber trotzdem fühlt<br />
sich das Thema Krieg<br />
fern an.<br />
Vor allem am Anfang<br />
des Krieges hatte<br />
ich ständig meinen Feed<br />
aktualisiert und es kamen<br />
neue Informationen,<br />
da war die Angst<br />
präsenter. Das ständige Updaten hat mir nicht gut<br />
getan und ich habe mich da etwas distanziert.<br />
Jetzt schaue ich immer mal wieder in die Nachrichten,<br />
denn ich möchte trotzdem informiert<br />
bleiben.<br />
Erstens habe ich das Gefühl, dass es eins der<br />
wenigen Dinge ist, die man gerade so wirklich tun<br />
kann, und zweitens sieht man ja gerade auch, wohin<br />
das führen kann, wenn Menschen sich nicht<br />
informieren. Die Entscheidung darüber, ob ich<br />
fliehen oder bleiben würde, wäre sehr stark von<br />
meiner Familie abhängig. Wie groß meine Hoffnung<br />
gerade sein soll, weiß ich nicht, weil ich<br />
denke, dass Putin nicht nachgeben wird. Und<br />
man auch nicht weiß, wie er sich weiter entscheiden<br />
wird zu handeln.“<br />
Dr. Rolf Jäger, Dozent<br />
Jennifer Mayer, Studentin<br />
„Möglicherweise beruht<br />
das auf einem falschen<br />
Sicherheitsgefühl, aber<br />
akute Angst davor, dass<br />
es hier Krieg geben<br />
könnte, habe ich nicht.<br />
Wenn es zu einem<br />
Krieg kommen würde,<br />
würde ich mich für Bleiben<br />
entscheiden, weil<br />
Bild: Privat<br />
hier viele Menschen leben,<br />
die mir am Herzen liegen und ich hier meine<br />
Verantwortlichkeiten und meine Aufgabe habe.<br />
Ich glaube, dass Auswandern eine Option werden<br />
könnte, allerdings nie ohne mein Netzwerk<br />
wichtiger Menschen. In einer Kriegssituation würde<br />
ich versuchen mich sozial zu engagieren, allerdings<br />
lieber unabhängig von Or ga ni sationen .<br />
Meine Hoffnung wäre, dass schnellstmöglich eine<br />
für alle Seiten akzeptable Lösung gefunden wird<br />
und damit begonnen werden kann, an einer<br />
gemeinsamen Zukunft zu arbeiten.“<br />
„Ja, ich habe auf jeden<br />
Fall Angst vor Krieg, gerade<br />
in der aktuellen Situation,<br />
wobei es ja<br />
schon immer Kriege gab.<br />
Wenn die Entfernung<br />
des Krieges auf einmal<br />
ungefähr so weit weg ist<br />
wie Mallorca, dann<br />
Bild: Privat macht man sich doch<br />
noch mal mehr Gedanken.<br />
Ich habe mich darüber informiert, was wäre,<br />
wenn es in Deutschland Krieg gäbe und da habe<br />
ich erfahren, dass ich im Verteidigungsfall das<br />
Land vielleicht gar nicht verlassen dürfte. So weit<br />
möchte ich gar nicht denken.<br />
Andererseits sollte man die Situation schon im<br />
Auge behalten, denn wer sagt, dass nach der<br />
Ukraine Schluss ist? Putin muss gestoppt und die<br />
Verantwortlichen vors Kriegsgericht gebracht<br />
werden. Ich hoffe, dass die Ukraine sich langfristig<br />
verteidigen kann.“<br />
„Konkrete Angst habe<br />
ich nicht davor, dass es<br />
hier in Deutschland einen<br />
Krieg geben könnte,<br />
da man das Thema im<br />
Alltag ganz gut verdrängen<br />
kann, aber ein beklemmendes<br />
Gefühl hat<br />
man schon.<br />
Bild: Privat Ich frage mich öfter,<br />
was ich tun würde,<br />
wenn es Krieg gäbe und ich glaube, dass ich eher<br />
versuchen würde wegzukommen. Doch wann wäre<br />
der Moment, an dem man sagt, jetzt ist es so<br />
nah, jetzt gehe ich? Wann wäre man bereit dazu<br />
alles aufzugeben? Bezüglich der aktuellen Situation<br />
würde ich nie sagen wollen, dass es gar keine<br />
Hoffnung gibt. Es gibt eben keinen einfachen Ausweg<br />
und ich glaube, militärisch endet der Krieg in<br />
der Ukraine nur, wenn es für Putin einen Way-<br />
Out gäbe, den er nehmen könnte. Den Weg sehe<br />
ich gerade allerdings nicht.“<br />
Dr. Vera Spillner, Dozentin<br />
Alexander Kraft, Student<br />
Mona Ulmer, Akademische Mitarbeiterin