MEDIAkompakt Ausgabe 32
Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org
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02/ 2022 NOT AFRAID 25<br />
Tapetenwechsel auf Koreanisch<br />
Raus aus der Komfortzone, neue Sprache, andere Kultur — Koffer packen und ab nach Südkorea.<br />
Ein Interview mit Lisa, die genau das gewagt hat. Seit vier Jahren lebt sie in der Hauptstadt Seoul,<br />
und hat erst einmal nicht vor zurückzukommen.<br />
VON EMILY RAU<br />
Alles ist so, wie es immer ist. Das vertraute<br />
Umfeld um einen herum.<br />
Freunde und Familie ganz nah. Jeden<br />
Tag der gleiche Ablauf. Aber was ist,<br />
wenn der normale Alltag nicht reicht?<br />
Ein Tapetenwechsel ist nötig. Viele wagen den<br />
Schritt: Auswandern.<br />
Für den ein oder anderen undenkbar. Die<br />
komplette Selbstständigkeit. Weit weg von zu<br />
Hause. Was ist, wenn es einem vor Ort nicht gefällt?<br />
Es gibt viele Dinge, die verunsichern können.<br />
Allerdings gibt es auch viele Gründe, über<br />
seinen Schatten zu springen. Es können großartige<br />
Erinnerungen und Erfahrungen gesammelt<br />
werden. Genau das hat Lisa mit ihrer Reise nach<br />
Seoul, Südkorea getan.<br />
Nach ihrem Koreanistik-Studium in Tübingen,<br />
in dem sie auch ein Jahr in Seoul lebte, entschied<br />
sie sich erneut in das weit entfernte Land<br />
zurückzukehren. Die gebürtige Kirchheimerin ist<br />
2018 für ihr zweijähriges Masterstudium erneut<br />
nach Seoul ausgereist. Heute, nach vier Jahren,<br />
lebt sie immer noch dort. Wie das zustande gekommen<br />
ist und wie sie ihr Leben in Südkorea<br />
lebt, erzählt sie in einem Interview.<br />
Wolltest du schon immer mal ins Ausland? Wenn ja,<br />
wohin?<br />
Eigentlich wollte ich nach meinem Abitur ein<br />
einjähriges FSJ in Amerika machen.<br />
Wieso hast du dich für Südkorea entschieden?<br />
Für Asien habe ich mich schon seit dem Gymnasium<br />
interessiert. Durch koreanische Musik<br />
und Serien habe ich mich immer mehr für das<br />
Land, die Kultur und die Sprache begeistert. Nach<br />
meinem einmonatigen Urlaub in Seoul konnte<br />
ich die Menschen und die Kultur richtig erleben<br />
und habe mir dann vorgenommen, Koreanistik zu<br />
studieren.<br />
Hattest du Bedenken, nach Südkorea zu ziehen?<br />
Auf jeden Fall. Es war das erste Mal, dass ich für<br />
so lange Zeit von meiner Familie und Freunden<br />
getrennt sein würde. Ich hatte Sorge, dass ich<br />
Heimweh bekomme, da ich in einem fremden<br />
Land bin. Obwohl ich die Sprache schon gelernt<br />
hatte, war es etwas ganz anderes, dort zu leben, als<br />
nur Urlaub zu machen. Man wird auf jeden Fall<br />
aus seiner Komfortzone gerissen.<br />
Was musstest du vorbereiten?<br />
Als Erstes kümmert man sich um ein Visum.<br />
Bilder: Lisa Rau<br />
Ansonsten muss man beim Packen langfristiger<br />
denken als bei einem Urlaub, vor allem wenn es<br />
um Produkte geht, die es in Korea nicht gibt.<br />
Was waren deine ersten Eindrücke als du angekommen<br />
bist?<br />
Die ersten Tage waren furchtbar. Obwohl ich<br />
schon einmal da war, war es etwas ganz anderes.<br />
Man musste sich um viele organisatorische Dinge<br />
kümmern, wie Unterkunft und Bankangelegenheiten.<br />
Aber mit der Zeit hatte sich der Alltag eingependelt<br />
und es wurde besser.<br />
Hattest du einen Kulturschock?<br />
An vieles habe ich mich mittlerweile gewöhnt.<br />
Was ich nicht mag, ist, dass es in Korea normal ist,<br />
auf die Straße zu spucken. Es gibt keine Mülleimer<br />
und der Straßenverkehr ist rasanter. Vor allem<br />
Motorradfahrer fahren wo sie wollen – da man<br />
muss sehr aufpassen.<br />
Was gefällt dir mehr in Südkorea als in Deutschland<br />
und andersherum?<br />
Das Stadtleben. Hier haben Convenience Stores<br />
24 Stunden auf, auch sonntags. Die Essenskultur,<br />
da man sein Essen miteinander teilt, anstatt<br />
dass jeder seinen eigenen Teller hat. Das Bahnsystem<br />
ist hier viel günstiger und die Züge fahren regelmäßiger.<br />
In Deutschland wiederum ist Obst<br />
und Gemüse billiger, in Korea kann eine Wassermelone<br />
auch mal 20 Euro kosten. Arbeitsrechtlich<br />
ist es in Deutschland besser, und das Gesundheitssystem<br />
und die Rentenversicherung auch. Hier<br />
habe ich nur zwölf Urlaubstage im Jahr. Wenn ich<br />
krank bin, wird mein Urlaub davon abgezogen.<br />
Was sind deine schönsten Erinnerungen, die du in Seoul<br />
machen konntest?<br />
Da gibt es viele. Ganz allgemein die Studienzeit<br />
mit meinen Freunden und meinen Uniabschluss,<br />
auf den ich sehr stolz bin. Zudem habe<br />
ich viele Freundschaften geschlossen und mit ihnen<br />
viele Erinnerungen machen können. Es ist<br />
auch immer schön, wenn man Komplimente für<br />
das Koreanisch sprechen bekommt.<br />
Was würdest du jemandem empfehlen, der auch ins<br />
Ausland gehen möchte?<br />
Ich würde es jedem empfehlen. Man wird aus<br />
seiner Komfortzone gekickt, aber man wird auch<br />
selbstständiger und offener. Man lernt neue Menschen<br />
und Kulturen kennen und sammelt viele<br />
großartige Erfahrungen. Ich kann es nur jedem<br />
ans Herz legen.