altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Juli/August 2022
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Zum Transport von frischgefertigtem Holzstoff<br />
Die erste bayerische<br />
Zahnradbahn<br />
Schongauer Sommer e. V.<br />
Postfach 1332 | 86953 Schongau<br />
info@schongauer-sommer.de<br />
www.schongauer-sommer.de<br />
28 | <strong>altlandkreis</strong><br />
05.08. - 15.08.<strong>2022</strong> 12 - 24 Uhr<br />
auf dem Festplatz an der<br />
Lechuferstraße<br />
erinnerung in schwarz und weiß: Auf diesem Foto ist die zwischen <strong>den</strong><br />
Gleisen verbaute zahnstange recht gut erkennbar.<br />
kinsau | Die erste Zahnradbahn in<br />
der Geschichte Bayerns war die in<br />
Kinsau. Grund des Baus von Strecke,<br />
Lok und Wagons im Jahre 1906?<br />
Eine südöstlich des Dorfes gelegene<br />
Sägemühle direkt am Lech,<br />
die 1898 von einer Kemptener Papierfabrik<br />
erworben und zu einer<br />
Holzstofffabrik umgebaut wurde.<br />
Für <strong>den</strong> Transport der darin produzierten<br />
Ware ans Hauptwerk im<br />
Allgäu war von Beginn an eine Eisenbahnverbindung<br />
vorgesehen –<br />
sie sollte vom Fabrikgebäude am<br />
Lechufer hinauf zum Kinsauer<br />
Bahnhof führen, der damals direkt<br />
an der Bahnstecke zwischen<br />
Schongau und Landsberg stand.<br />
<strong>Das</strong> Problem bei der Umsetzung<br />
dieser 3,5 Kilometer langen Strecke,<br />
die in einem Bogen südlich<br />
des Hauptortes herumführte: Die<br />
insgesamt 75 Höhenmeter zwischen<br />
Lechufer und Bahnhof, die<br />
lediglich über einen kurzen, knackigen,<br />
bis zu 15 Prozent steilen<br />
Anstieg passierbar waren. Mit einer<br />
klassischen Eisenbahn, einer<br />
sogenannten Adhäsionsbahn, die<br />
ausschließlich durch Motorenkraft<br />
der Lok sowie Reibung zwischen<br />
Gleis und Rädern sich vorwärtsbewegt,<br />
wäre das Überwin<strong>den</strong><br />
dieser Steilpassage unmöglich<br />
gewesen. Die Lösung: Eine 357<br />
Meter lange Zahnstange nach<br />
Riggenbach, die im Bereich des<br />
Steilstücks zwischen der ein Meter<br />
breiten Normalspur installiert<br />
wurde. Und eine dazu passende<br />
Lok. Beides baute damals die in<br />
Ba<strong>den</strong>-Württemberg ansässige<br />
„Maschinenfabrik Esslingen“. Zunächst<br />
jedoch mit unzureichendem<br />
Erfolg – aufgrund technischer<br />
Mängel, unter anderem fehlte ein<br />
Schienenräumer, wurde die Lok<br />
vom Auftraggeber nicht auf Anhieb<br />
abgenommen. Da die Produktion<br />
der zu diesem Zeitpunkt bereits in<br />
Betrieb genommen Fabrik jedoch<br />
in vollem Gange war, wurde der<br />
Holzstoff die ersten Wochen von<br />
Pferdefuhrwerken zum Kinsauer<br />
Bahnhof hinauftransportiert. Erst<br />
einige Monate später, am 26. <strong>Juli</strong><br />
1907, als die Mängel der Lok beseitigt<br />
waren, nahm die Firma <strong>den</strong><br />
Betrieb der ersten Zahnradbahn in<br />
Bayern auf.<br />
schwerer unfall und<br />
Betriebsschließung<br />
Rein wirtschaftlich betrachtet war<br />
die Kinsauer Zahnradbahn von<br />
Beginn an ein Wagnis. Für <strong>den</strong> Betrieb<br />
mussten mit Lokführer, Heizer<br />
und Bremser stets drei Mann<br />
gleichzeitig im Einsatz sein. Die<br />
Lok packte bergauf lediglich einen<br />
vollen Waggon, bergab nur zwei<br />
leere. Außerdem war sie alles<br />
andere als schnell. Im Steilstück<br />
mit Zahnrad-Unterstützung fuhr<br />
sie lediglich sechs, im flacheren<br />
Bereich zehn Stun<strong>den</strong>kilometer,<br />
schaffte insofern nur drei bis vier<br />
volle Waggons pro Tag zum Kinsauer<br />
Bahnhof hinauf. Obendrein<br />
war die Lok sehr Wartungsintensiv,<br />
fiel unter anderem nach wenigen<br />
Betriebsjahren <strong>für</strong> sehr lange<br />
Zeit aus – so lange, dass die Verantwortlichen<br />
nicht warten konnten<br />
und wollten, kurzerhand eine<br />
zweite, immerhin etwas leistungsstärkere<br />
Lok herstellen ließen. Und<br />
im Zuge dessen auch einen Lokschuppen<br />
in Kinsau errichteten.<br />
Wirklich tragisch war jedoch ein<br />
schwerer Unfall mit erheblichem<br />
Personen- und Sachscha<strong>den</strong>, der