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Kulturfenster Nr. 02|2022 - April 2022

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KF: Schon in jungen Jahren warst du immer<br />

wieder bei Wettbewerben erfolgreich.<br />

Wann hast du dich endgültig dafür entschieden,<br />

den Weg als Musikerin einzuschlagen?<br />

Pardatscher: Ich habe das Konservatorium<br />

zwar schon während meiner Oberschulzeit<br />

besucht, habe damals aber noch nicht<br />

das eindeutige Ziel verfolgt, Berufsmusikerin<br />

zu werden. Ich wollte mich einfach<br />

musikalisch weiterentwickeln und Zeit in<br />

meine Leidenschaft investieren. Bekräftigt<br />

hat mich die regelmäßige Teilnahme<br />

an Wettbewerben, zuerst auf nationaler,<br />

dann auf internationaler Ebene, stets mit<br />

Unterstützung meines Musikschullehrers<br />

Werner Mayr und meines Professors Roberto<br />

Gander. Diese Wettbewerbe haben<br />

mir stets neue Motivation verschafft und<br />

ein klares Ziel vor Augen geführt. Auch<br />

habe ich dort viel positives Feedback erhalten<br />

und mir ist klar geworden: Ich kann<br />

in dieser hart umkämpften Branche auf<br />

höchstem Niveau mithalten. Ich habe<br />

mich dann erst vergleichsweise spät, gegen<br />

Ende meiner Oberschulzeit, dafür entschieden,<br />

diesen Weg weiter zu gehen.<br />

KF: Was wäre dein „Plan B“ gewesen?<br />

Pardatscher: Da ich das Wissenschaftliche<br />

Lyzeum besucht habe, habe ich<br />

auch in Erwägung gezogen, Mathematik<br />

zu studieren.<br />

KF: Nach mehreren Jahren am Bozner<br />

Konservatorium ging es für dich nach Berlin.<br />

Kulturschock oder alles halb so wild?<br />

Pardatscher: Als Kulturschock würde ich es<br />

nicht bezeichnen. Ich wohne nicht mitten<br />

im Trubel, sondern in einer ruhigeren Gegend<br />

etwas außerhalb des Stadtzentrums.<br />

Auch habe ich mich an der Hochschule für<br />

Musik „Hanns Eisler“ und bei meinem Professor<br />

Martin Spangenberg gleich wohlgefühlt.<br />

Die Hochschule ähnelt beinahe einem<br />

kleinen Dorf, man kennt sich untereinander<br />

und fühlt sich in der Community sehr<br />

gut aufgehoben.<br />

KF: Im vergangenen Jahr hast du die Stelle<br />

an der renommierten Karajan-Akademie<br />

der Berliner Philharmoniker gewonnen.<br />

Wie läuft solch ein Bewerbungsverfahren<br />

eigentlich ab?<br />

Pardatscher: Die Bewerbung für die Karajan-Akademie<br />

lief eigentlich so ab,<br />

wie man sie auch von anderen Orchestern<br />

kennt: Auf eine schriftliche Bewerbung<br />

folgte das Probespiel, wo rund 25<br />

Klarinettist*innen zur Besetzung von zwei<br />

Akademiestellen eingeladen worden waren.<br />

Wir mussten zwei Solokonzerte und<br />

einige Stellen aus der Orchesterliteratur<br />

vorbereiten. Nach zwei Runden hat sich<br />

die Jury schließlich für mich und einen<br />

weiteren Klarinettisten entschieden. Darüber<br />

war ich natürlich überglücklich.<br />

KF: Wie groß war deine Aufregung beim<br />

Probespiel? Was hilft dir dabei, in solchen<br />

Situationen „cool“ zu bleiben?<br />

Pardatscher: Natürlich war ich sehr aufgeregt,<br />

worüber ich andererseits jedoch<br />

froh war, da ich in diesem Zustand meist<br />

besser spiele. Ich habe auch eingesehen,<br />

dass es kaum möglich ist, in so einer Situation<br />

wirklich „cool“ zu bleiben. Am Tag<br />

des Probespiels versuche ich jeglichen<br />

Stress zu vermeiden und den Tag ruhig<br />

zu gestalten. Im Moment des Auftritts versuche<br />

ich einfach alle negativen Gedanken<br />

um mich herum auszublenden. Stattdessen<br />

möchte ich den Moment und all<br />

das Adrenalin einfach nutzen, um Musik<br />

zu machen und mein Bestes geben. Das<br />

gelingt mir manchmal besser, manchmal<br />

schlechter. In dem Moment ist es mir offensichtlich<br />

gut gelungen.<br />

„<br />

Natürlich war ich sehr aufgeregt,<br />

worüber ich andererseits jedoch<br />

„<br />

froh war, da ich in diesem Zustand<br />

meist besser spiele.<br />

Sophie Pardatscher<br />

KF: Wie sieht dein Alltag in Berlin aus, vor<br />

allem in deiner Funktion als Akademistin?<br />

Pardatscher: Dieser besteht vor allen Dingen<br />

im Üben. Ich bin natürlich nicht bei<br />

jeder Orchesterphase dabei. Wenn ich bei<br />

einem Projekt dabei bin, so gibt es meist<br />

zwei Proben- und drei Konzerttage. Zudem<br />

nehme ich rund alle zwei Wochen Unterricht<br />

bei einem Mitglied der Klarinettengruppe.<br />

Außerdem gibt es noch laufend<br />

Kammermusikproduktionen oder Akademieprojekte,<br />

je nach Anlass.<br />

KF: Welcher war dein musikalisch bedeutsamster<br />

Moment in dieser Zeit?<br />

Pardatscher: Ich möchte die Zeit nicht auf<br />

einen Moment beschränken: Jedes Konzert<br />

ist ein unvergessliches Erlebnis. Von<br />

Mahlers 2. Sinfonie über Stravinskys „Le<br />

sacre du printemps“ bis hin zum Filmmusikkonzert<br />

unter der Leitung von John<br />

Williams waren viele berührende und unvergessliche<br />

Momente dabei.<br />

KF: Wie verbringst du deine Zeit am liebsten,<br />

wenn du nicht am Musizieren bist?<br />

Pardatscher: Ich unternehme am liebsten<br />

etwas mit meinen Studienkollegen, weil<br />

ich einfach gerne unter Leuten bin - irgendwie<br />

muss man die einsamen Stunden<br />

im Übezimmer ja kompensieren (lacht).<br />

KF: Wo siehst du dich in zehn Jahren?<br />

Pardatscher: Ich würde gerne eine Stelle<br />

im Orchester haben – am liebsten an der<br />

Solo-Klarinette in einer Stadt, wo ich mich<br />

rundum wohlfühle.<br />

KF: Welchen Ratschlag würdest du einem<br />

Jugendlichen geben, der oder die auch<br />

gerne den Weg als Musiker*in einschlagen<br />

würde?<br />

Pardatscher: Egal was, wie oder wann:<br />

Die Freude am Musizieren sollte immer<br />

im Mittelpunkt stehen. Bei all dem<br />

Druck, der in verschiedenen Situationen<br />

erwachsen kann und all den Gedanken,<br />

die in einem kreisen, sollte man immer<br />

versuchen, die Freude am Spielen nicht<br />

zu verlieren und die vielen besonderen<br />

Momente, die man durch die Musik erleben<br />

kann, zu genießen.<br />

Interview:<br />

Hannes Schrötter<br />

KulturFenster<br />

49 02 <strong>April</strong> <strong>2022</strong>

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