Südtirols Top 100 2022
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AKTUELL Nr. 6/<strong>2022</strong><br />
69<br />
deutet, zusätzliche Prüfungen an einer<br />
italienischen Universität, ist aber ein<br />
italienweites Problem. Wünschenswert<br />
wäre auch eine breite Abstützung und<br />
Akzeptanz alternativer Jobmodelle für<br />
arbeitende Mütter und Väter, die Beruf<br />
und Familie vereinbar werden lassen,<br />
ohne lediglich die klassische Rollenverteilung<br />
zu reproduzieren.<br />
Radius: Südtirol „klagt“ oft<br />
darüber, dass kluge Köpfe im<br />
Ausland bleiben. Können Sie<br />
das nachvollziehen?<br />
V. Widmann: Ja, aber das ist ein<br />
durchaus weit verbreitetes Phänomen<br />
in einer hoch spezialisierten (Arbeits-)Welt,<br />
in der man zu Studium und<br />
Ausbildung ins Ausland geht. Mit einer<br />
<strong>Top</strong>-Ausbildung hat man im Ausland<br />
natürlich mehr Chancen, sich beruflich<br />
zu entwickeln, als in Südtirol. Das Land<br />
ist vergleichsweise klein, und man hat<br />
einfach statistisch gesehen weniger<br />
spannende Möglichkeiten. Ich denke,<br />
es ist auch kulturell bedingt, dass die<br />
Südtiroler oftmals der Meinung sind,<br />
man müsste irgendwann doch wieder<br />
„heimkommen“.<br />
Das sagt Harald Wieser (Österreich)<br />
Harald Wieser, Jahrgang 1982,<br />
ist am Ritten aufgewachsen.<br />
Er hat an den Universitäten<br />
Innsbruck und<br />
Bamberg Germanistik,<br />
Geschichte, Spanisch und Russisch<br />
studiert und 2012 im Fachbereich<br />
„Neue deutsche Literaturwissenschaft<br />
– Angewandte Literaturwissenschaft“<br />
zum Dr. phil. promoviert. Er lebt<br />
und arbeitet in Salzburg als Presseberater,<br />
Werbetexter, Publizist und<br />
Kulturjournalist.<br />
Harald Wieser<br />
Radius: Warum sind<br />
Sie ins Ausland gezogen<br />
und warum<br />
dort geblieben?<br />
Harald Wieser:<br />
Anfangs wegen des<br />
Studiums. 2009 habe<br />
ich meine Frau in Salzburg<br />
kennengelernt und bin 2013 zu<br />
ihr gezogen. Wir leben mittlerweile mit<br />
unserer Tochter im Salzburger Flachgau.<br />
Die beruflichen Aussichten und<br />
Möglichkeiten waren sowohl für meine<br />
Frau, die ursprünglich aus Deutschland<br />
kommt, und mich hier in Österreich<br />
besser als in Südtirol.<br />
Radius: Was hat „Ihr“ Land, was Südtirol<br />
nicht hat – und umgekehrt?<br />
H. Wieser: Manchmal vermisse ich das<br />
südliche Flair, das Essen, den Klang der<br />
italienischen Sprache und die hohen<br />
Berge <strong>Südtirols</strong>. Dafür hat Salzburg<br />
andere Vorteile: eine sehr hohe<br />
Lebensqualität, eine ausgezeichnete<br />
Lage und Anbindung in Bezug auf den<br />
mitteleuropäischen Raum sowie bessere<br />
berufliche Möglichkeiten. Landschaftlich<br />
hat Salzburg ebenfalls<br />
viel zu bieten.<br />
Radius: Möchten Sie wieder<br />
nach Südtirol zurückkehren?<br />
H. Wieser: Eine Rückkehr<br />
nach Südtirol kommt für meine<br />
Familie und mich aktuell nicht<br />
mehr infrage, allenfalls später<br />
im Ruhestand. Mein Studium<br />
der Literaturwissenschaft habe<br />
ich mir teilweise mit Jobs in der<br />
Gastronomie und als Zimmermann<br />
am Bau in Südtirol finanziert. Dabei<br />
bin ich für die Fächer, die ich studiert<br />
habe, immer wieder auf Unver-<br />
www.fliesenservicekg.it<br />
©Alex Filz