277.TIROL - November 2022
277.TIROL, Ausgabe 8, November 2022
277.TIROL, Ausgabe 8, November 2022
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14 DOSSIER<br />
DOSSIER<br />
15<br />
Gemeinsam<br />
die Zukunft<br />
Verwalten<br />
ZUM AUTOR<br />
MAG. MARTIN WEX<br />
Martin Wex ist seit 2019 bei der<br />
GemNova im Bereich Digitalisierung<br />
tätig. Darüber hinaus ist er Landtagsabgeordneter<br />
und Vizebürgermeister von<br />
Schwaz.<br />
Welchen Beitrag zur<br />
Zusammenarbeit kann<br />
die fortschreitende<br />
Digitalisierung in der<br />
Verwaltung leisten?<br />
Manche sehen in der Fähigkeit zur<br />
Zusammenarbeit den Erfolg der<br />
menschlichen Spezies. Ohne Teamwork<br />
wäre ein Mammut nicht gejagt und der<br />
Mond nie betreten worden. Bücher über<br />
Kooperation und Zusammenarbeit, als<br />
Lösungsansatz komplexer Probleme,<br />
und Teams, als flache, selbstverantwortliche<br />
Organisationseinheiten, in<br />
denen alles effizienter, schneller und<br />
innovativer erledigt wird, füllen die<br />
Regale der Managementliteratur. Die<br />
Erfahrung lehrt oft etwas anderes. Wer<br />
sich an Gruppenarbeiten an der Schule<br />
oder während des Studiums erinnert,<br />
weiß um die ungleiche Verteilung der<br />
Aufgaben. Eine Zusammenarbeit (in<br />
Teams) funktioniert daher nur dann,<br />
wenn alles Tun zielgerichtet ist und<br />
auf gemeinsamen Werten, Spielregeln<br />
und sehr viel Disziplin aufbaut. Zusammenarbeit<br />
ist schwierig und eben auch<br />
Arbeit – vor allem in so einem komplexen<br />
System wie der öffentlichen Verwaltung.<br />
Was kann also die Digitalisierung<br />
für die Zusammenarbeit in der<br />
Verwaltung tun?<br />
Historisch gewachsen ist die Verwaltung<br />
immer noch ein sehr statisches und vor<br />
allem hierarchisch gegliedertes System.<br />
Auf dem Weg vom „Vater Staat“ zum<br />
„Partner Staat“ nimmt die digitale<br />
Transformation der Verwaltung daher<br />
eine zentrale Rolle ein. Zurecht ist sie<br />
auch ein zentraler Baustein des „digitalen<br />
Aktionsplans Austria“. Erwartet man sich<br />
durch mehr digitale Services doch auch<br />
mehr Effizienz in den Verfahren, höhere<br />
Nutzungsfreundlichkeit und geringere<br />
Kosten.<br />
Single Sign-On & Once-Only-Prinzip<br />
Mehr noch als in der realen Welt gilt es<br />
bei der Digitalisierung die Spielregeln<br />
der Zusammenarbeit zu beachten. Überhastete<br />
und nicht durchdachte Projekte<br />
enden im Chaos. Einigkeit unter den<br />
Akteuren des eGovernments besteht<br />
jedenfalls bei den übergeordneten Zielen.<br />
Dienste der Verwaltung sollen vorzugsweise<br />
digital und damit 24/7 zur<br />
Verfügung stehen. Alle Angebote sollen<br />
dabei über eine zentrale Stelle zugänglich<br />
gemacht (Single Sign-On) und die Daten<br />
der Nutzer*innen nur einmal erfasst<br />
(Once-Only-Prinzip) werden. Schwieriger<br />
wird es auf den darunterliegenden Ebenen.<br />
Hunderte verschiedene Softwarelösungen,<br />
Zuständigkeiten und Schnittstellen<br />
sind zu standardisieren und in<br />
Einklang zu bringen. Auf Bundesebene<br />
wurden dazu in allen Ministerien eigene<br />
Chief Digital Officers (CDO) eingerichtet.<br />
Eine Funktion, die im „Masterplan<br />
Digitalisierung für Tirols Gemeinden“,<br />
insbesondere für die Zusammenarbeit<br />
unter den Gemeinden und mit dem Land,<br />
für Digitalisierungsfragen vorgeschlagen<br />
wird.<br />
ID Austria<br />
Den Kern (das zeigt der Masterplan ganz<br />
genau) einer effizienten digitalen Verwaltung<br />
bilden „saubere“, d. h. richtige, eindeutige<br />
und vollständige Daten, die in zentralen<br />
Datenbanken (Registern) verwaltet<br />
werden. Der interne Zugriff darauf ermöglicht<br />
es der Verwaltung über Abteilungen<br />
und Hierarchien hinweg, auf denselben<br />
Akt zuzugreifen und ihn zu bearbeiten.<br />
Stichwort: Digitaler Akt. Konsequent weitergedacht<br />
müssen die „Kund*innen“, also<br />
die Bürger*innen und Unternehmen, in<br />
diesen Prozess aktiv miteingebunden werden<br />
und ihnen muss der Online-Zugriff<br />
auf ihre eigenen Daten ermöglicht werden.<br />
Diesbezüglich erweitert das Land<br />
Tirol derzeit seine Plattform portal.tirol.<br />
gv.at unter dem Begriff „SEPL – Service<br />
Plattform Tirol“ konsequent in Richtung<br />
Bürgerportal. Dabei geht es nicht mehr<br />
nur um die Weitergabe von Informationen<br />
wie derzeit über die Land Tirol App, sondern<br />
um den Zugriff auf ganz persönliche<br />
Daten. Voraussetzung dafür wiederum ist<br />
die digitale Identität, die eine eindeutige<br />
und sichere Identifikation der Nutzer*innen<br />
sicherstellt. Die rasche und beinahe<br />
vollständige Verbreitung der ID Austria<br />
muss daher nicht nur im Sinne der Verwaltung,<br />
sondern jedes Einzelnen sein.<br />
Zusammenfassend kann die Digitalisierung<br />
dazu beitragen, Prozesse zu vereinfachen,<br />
zu automatisieren und zu<br />
beschleunigen. Sowohl auf technischer<br />
als auch auf Seiten der Mitarbeiter*innen<br />
und Nutzer*innen bedarf es dazu jedoch<br />
klarer Regeln und das Bewusstsein, dass<br />
die Digitalisierung mehr Chancen als Risiken<br />
bietet.<br />
m.wex@gemnova.at