ECHO Top1000 NOE 2022
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TOP 1000 | INTERVIEW<br />
„Vertrauen in den Standort ist groß“<br />
Zuversichtlich. Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger über die wichtige Rolle von<br />
Wissenschaft und Forschung für Niederösterreichs Wirtschaft.<br />
<strong>ECHO</strong>: Covid-Pandemie, Ukrainekrieg und<br />
exorbitant gestiegene Energiekosten - das heurige<br />
Jahr stellt Niederösterreichs Unternehmer<br />
vor große Herausforderungen. Wie schätzen<br />
Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage ein?<br />
Jochen Danninger: Durch den Angriffskrieg<br />
Russlands auf die Ukraine sind unsere<br />
Betriebe mit extrem hohen Energiekosten, einer<br />
hohen Inflation und vielen Unsicherheiten<br />
konfrontiert. Trotzdem wächst die Wirtschaft in<br />
unserem Bundesland laut Wirtschaftsforschung<br />
heuer deutlich über vier Prozent. Und auch für<br />
2023 bleibt die Wirtschaft laut derzeitigen<br />
Prognosen in Niederösterreich stabil, während<br />
Deutschlands Wirtschaft schrumpft.<br />
<strong>ECHO</strong>: Rechnen Sie aufgrund der schwierigen<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
mit einer steigenden Zahl an Insolvenzen?<br />
Danninger: Während der Corona-Krise<br />
kam es kaum zu Insolvenzen. Hier kommt es<br />
leider zu Nachzieheffekten. Hinzu kommt die<br />
Mega-Herausforderung der Energiekrise. Eine<br />
teilweise Versieben- oder Verzehnfachung der<br />
Energiekosten können die Betriebe nicht an<br />
ihre Kunden weitergeben. Daher braucht es<br />
umfangreiche Hilfen des Bundes, um die Energiekosten<br />
auch für die Wirtschaft abzufedern.<br />
<strong>ECHO</strong>: Zurzeit sind die Arbeitslosenzahlen<br />
zwar sehr niedrig, aber eine Wirtschaftskrise<br />
würde das wohl ändern. Wie wird sich Ihrer<br />
Meinung nach der Arbeitsmarkt entwickeln?<br />
Danninger: Der Bedarf an Arbeitskräften<br />
wird – trotz der stürmischen Großwetterlage<br />
mit Energie- und Teuerungskrise – seitens der<br />
Wirtschaft weiterhin groß bleiben. Unsere Betriebe<br />
brauchen auch im kommenden Jahr jede<br />
Hand, die anpacken kann.<br />
<strong>ECHO</strong>: Welche Maßnahmen ergreift die<br />
niederösterreichische Landespolitik, um Unternehmen<br />
in diesen krisenhaften Zeiten zu<br />
unterstützen?<br />
Danninger: Die Herausforderungen sind zu<br />
groß, als dass dies ein Bundesland allein stemmen<br />
könnte. Als Land setzen wir auf Maßnahmen,<br />
um den Wirtschaftsstandort für die<br />
Zukunft widerstandsfähiger zu machen, unter<br />
anderem mit einer Digitalisierungsförderung,<br />
„Es braucht umfangreiche<br />
Hilfen des Bundes, um die<br />
Energiekosten auch für die<br />
Wirtschaft abzufedern.“<br />
einen Bonus für nachhaltige Investitionen und<br />
Förderungen für Investitionen in die Qualität<br />
der Tourismusbetriebe. Zusätzlich bieten wir<br />
Beratungen wie im Ökomanagement oder<br />
auch Haftungen und Beteiligungen an.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die Tourismusbranche musste während<br />
der Covid-Pandemie gravierende Rückgänge<br />
hinnehmen. Wie stellt sich nach Ende<br />
der heurigen Sommersaison die Situation der<br />
Branche dar?<br />
Danninger: In der bisherigen Sommersaison<br />
ist wieder ein deutlicher Aufwärtstrend<br />
erkennbar, das Vorkrisenniveau ist fast erreicht.<br />
Besonders freut es uns, dass vor allem auch unsere<br />
Gäste aus dem Ausland nach den Krisenjahren<br />
wieder nach Niederösterreich zurückkehren.<br />
Natürlich möchten wir auch nichts<br />
beschönigen. Die Tourismusbranche kämpft<br />
mit einem eklatanten Mitarbeitermangel und<br />
die Teuerung verändert das Reiseverhalten der<br />
Gäste, denn beim Urlaub wird häufig als Erstes<br />
gespart. Wir hoffen, dass sich mehr Leute dazu<br />
entscheiden, ihren Urlaub nicht in fernen Ländern<br />
zu verbringen, sondern mit Ausflügen und<br />
Kurzurlauben in der Region bleiben.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wird man sich zukünftig an das Jahr<br />
<strong>2022</strong> als das große Krisenjahr erinnern?<br />
Danninger: Die vergangenen beiden Jahre<br />
waren eine wilde Achterbahnfahrt. Niederösterreichs<br />
Wirtschaft ist 2021 um über fünf<br />
Prozent gewachsen und auch <strong>2022</strong> hatten<br />
wir ein starkes erstes Halbjahr. Wir sind also<br />
besser durch die Krise gekommen als viele andere<br />
Regionen Europas. Der Krieg produziert<br />
weltweit Verlierer. Das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort<br />
Niederösterreich ist weiterhin<br />
groß. Wir haben Mega-Investments wie von<br />
der Firma Böhringer Ingelheim, die in Bruck<br />
1,2 Milliarden Euro investieren will und 800<br />
Arbeitsplätze schaffen wird. Das stimmt mich<br />
sehr zuversichtlich für die Zukunft.