ECHO Top1000 NOE 2022
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INHALT<br />
Konjunktur für das vergangene Jahr lag bei über<br />
fünf Prozent und die laufende Wirtschaftsentwicklung<br />
ließ auf ein ähnliches Resultat für das<br />
heurige Jahr hoffen. Auch die Exportzahlen für<br />
das Jahr 2021 glänzten: „Mit Warenexporten<br />
von 24,7 Milliarden Euro und einem Plus von<br />
sensationellen 18,5 Prozent ist 2021 sowohl in<br />
absoluten Zahlen als auch bei den Zuwachsraten<br />
das erfolgreichste Jahr für die niederösterreichische<br />
Exportwirtschaft in der vergangenen<br />
Dekade“, verkündete Wirtschaftslandesrat Jochen<br />
Danninger bei der Präsentation der Daten<br />
Mitte des Jahres. Anhaltend positiv präsentierte<br />
sich auch der Arbeitsmarkt in Niederösterreich .<br />
Die niedrigste Arbeitslosenquote seit über<br />
einem Jahrzehnt belegt den hohen Beschäftigungs-<br />
und Produktionsstand im Bundesland.<br />
Doch all die positiven Nachrichten sind,<br />
glaubt man den Prognosen der renommierten<br />
6 <strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2022</strong><br />
18<br />
Energiekrise, Inflation und gestörte Lieferketten:<br />
Wirtschaftsforscher erwarten für<br />
die nächsten Jahre ein stark abgebremstes<br />
Wirtschaftswachstum.<br />
Wirtschaftsforschungsinstitute, leider Makulatur.<br />
Denn WIFO und IHS prognostizieren<br />
für das kommende Jahr nur mehr magere<br />
Wachstumsraten von +0,2 bzw. +0,3 Prozent,<br />
knapp über dem Nullwachstum. Was die niederösterreichische<br />
Wirtschaft betrifft, zeigt<br />
sich die Abwärtstendenz am deutlichsten<br />
im jüngst von der Industriellenvereinigung<br />
präsentierten Konjunkturbarometer für das<br />
dritte Quartal <strong>2022</strong>. „Konjunkturell liegt ein<br />
sehr schwieriger Winter mit vielen Unsicherheitsfaktoren<br />
für die Unternehmen vor uns.<br />
Jeder muss davon ausgehen, dass sich die Energiekosten<br />
noch weiter massiv auf die Preise<br />
und die Konjunktur auswirken werden“, fasst<br />
Thomas Salzer, Präsident der IV-NÖ, die Situation<br />
der heimischen Industrie zusammen.<br />
Das IV-NÖ-Konjunkturbarometer, mit dem<br />
das Geschäftsklima als Mittelwert zwischen<br />
der Beurteilung der aktuellen Geschäftslage<br />
und der Geschäftslage in sechs Monaten erfasst<br />
wird, ist im dritten Quartal <strong>2022</strong> wieder<br />
von +5,1 Punkten in den negativen Bereich<br />
auf -6,7 Punkte abgestürzt. Auch der Bewertungssaldo<br />
für die Geschäftslage in sechs<br />
Monaten ist diesmal von -31 auf nunmehr<br />
-45 Punkte gesunken und liegt heuer zum<br />
dritten Mal deutlich im negativen Bereich.<br />
Mehr als jeder zweite der befragten Betriebe<br />
rechnet mit einer schlechteren Geschäftslage<br />
in sechs Monaten. Ebenso skeptisch wird die<br />
Entwicklung der Einnahmen in sechs Monaten<br />
gesehen. Der Großteil (88 Prozent) rechnet<br />
mit gleichbleibenden bis schlechteren<br />
Erträgen, nur zwölf Prozent gehen von einer<br />
Verbesserung aus.<br />
Als „durchwachsen“ bezeichnet Franz Kirnbauer,<br />
der Obmann der Sparte Handel der<br />
Wirtschaftskammer Niederösterreich, die<br />
aktuelle Situation seiner Branche. „Fast 60<br />
Prozent unserer Betriebe konnten sich zuletzt<br />
über gestiegene Umsätze freuen. Für die Zukunft<br />
erwarten aber nur mehr 41 Prozent weitere<br />
Steigerungen. 30 Prozent erwarten sinkende<br />
Gesamtumsätze“, verweist Kirnbauer<br />
auf die Daten des WKNÖ-Wirtschaftsbarometers.<br />
„Wir spüren die Teuerungen doppelt<br />
– bei unseren Selbstkosten wie auch beim<br />
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Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden.“<br />
Die aktuell größten Herausforderungen<br />
sehen Niederösterreichs Handelsunternehmen<br />
gemäß WKNÖ-Wirtschaftsbarometer<br />
in Lieferkettenproblemen (91 Prozent), gefolgt<br />
vom Arbeitskräftemangel (73 Prozent)<br />
und den Energiepreisen (64 Prozent). „Lieferkettenprobleme<br />
treffen den Handel naturgemäß<br />
besonders stark“, so Kirnbauer.<br />
Einen Wandel der wirtschaftlichen Situation<br />
spürt auch ZKW Group GmbH CEO<br />
Wilhelm Steger: „Wir haben bereits Umsatzrückgänge<br />
und erwarten weitere, da<br />
sich die Nachfrage nach PKWs infolge der<br />
hohen Inflation und der Unsicherheiten<br />
der globalen wirtschaftlichen Entwicklung<br />
reduzieren wird.“ Unmittelbar betroffen<br />
von den EU-Sanktionen gegen Russland<br />
wäre der Autozulieferer mit Standorten in<br />
Wieselburg und Wiener Neustadt nicht, da<br />
Franz Kirnbauer, WKNÖ-Obmann der<br />
Sparte Handel<br />
dramatische Inflationsraten – die ersten<br />
beiden Jahre Ihrer Präsidentschaft waren<br />
alles andere als leicht. Gab es für einen Präsidenten<br />
oder eine Präsidentin der Wirtschaftskammer<br />
NÖ zum Start der Amtszeit<br />
schon einmal so schwierige wirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen wie für Sie?<br />
mich, diese Frage zu beantworten. Wenn<br />
man die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
als Maßstab nimmt, dann vielleicht<br />
im Jahr 2008. Aber damals gab es keinen<br />
Wechsel in der Präsidentschaft der Wirtschaftskammer<br />
NÖ. So gesehen muss ich<br />
davon ausgehen, dass es das so noch nicht<br />
gegeben hat.<br />
<strong>ECHO</strong>: Die niederösterreichische Wirtschaft<br />
befindet sich, bedingt durch den<br />
Ukrainekrieg, enorm gestiegene Energiekosten<br />
oder jüngst die Covid-Pandemie, in<br />
der schwierigsten Situation seit Jahrzehnten.<br />
Was kommt auf Niederösterreichs Unternehmen<br />
in den nächsten Jahren zu?<br />
auch zusätzlich noch einen starken Mitarbeitermangel!<br />
Aber es stimmt, wir haben seit ca.<br />
zwei Jahren große Herausforderungen. Ich<br />
darf aber hier festhalten, dass Niederösterreichs<br />
Unternehmerinnen und Unternehmer<br />
auf diese sehr schnell, innovativ und kreativ<br />
reagiert haben. Nieder österreichs Wirtschaft<br />
konnte für 2021 – für<br />
viele überraschend –<br />
ein Wachstum von<br />
fünf Prozent vorweisen.<br />
Das hätte sich in<br />
dieser Form sicher<br />
fortgesetzt, wurde<br />
aber durch den Krieg<br />
in der Ukraine und<br />
die stark gestiegenen Energiekosten gebremst.<br />
Man muss aber auch festhalten, dass<br />
bis vor Kurzem die Wirtschaftsdaten noch<br />
sehr gut waren und die Betriebe gut gefüllte<br />
Auftragsbücher hatten und deshalb auch optimistisch<br />
in die Zukunft blickten. Persönlich<br />
hoffe ich, dass wir den richtigen Umgang mit<br />
Covid mittlerweile gelernt haben. Allerdings<br />
sind die anderen aktuellen Probleme Herausforderung<br />
genug.<br />
Rezession?<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2022</strong><br />
wirklich nicht mehr über das notwendige<br />
Gas verfügen und Betriebe ihre Produktion<br />
einschränken müssen, dann ja. Aber auch<br />
wenn das nicht passiert, rechne ich im nächsten<br />
Jahr mit einem geringeren Wirtschaftswachstum.<br />
gegen Russland Niederösterreichs Wirtschaft<br />
und welche Branchen sind besonders<br />
betroffen?<br />
Ecker: Natürlich betreffen diese Sanktionen<br />
Niederösterreichs Wirtschaft, besonders<br />
die Exportwirtschaft.<br />
Aber nicht nur,<br />
denn viele Betriebe<br />
sind von Importen<br />
abhängig. Weil manche<br />
Güter nicht zur<br />
Verfügung stehen,<br />
sind dadurch Lieferketten<br />
und Produktionsabläufe<br />
gestört.<br />
Um die vereinbarte Emissionsreduzierung<br />
von Treibhausgasen zu erreichen, müssen<br />
Unternehmen in den nächsten Jahren<br />
umfangreiche Investitionen tätigen. Ist das<br />
Wilhelm Steger, CEO der ZKW Group GmbH<br />
keine Lieferantenbeziehungen mit Russland<br />
bestehen würden, so Steger. Indirekte Auswirkungen<br />
des Ukrainekriegs wie steigende<br />
Energiekosten, die Auswirkungen auf die<br />
globalen Lieferketten und die Energie- und<br />
Materialkosten haben, setzen den Industriebetrieb<br />
aber doch unter Druck. Eine<br />
Reduzierung des Mitarbeiterstands ist bei<br />
ZKW noch kein Thema, allerdings: „Sollte<br />
das hohe Energiepreisniveau anhalten oder<br />
sich die Lage noch weiter verschlechtern,<br />
dann müssten wir sicher auch über Personalanpassungen<br />
in indirekten Bereichen<br />
nachdenken“, befürchtet Steger.<br />
Ähnlich die Situation bei dem Bauunternehmen<br />
Leyer + Graf, denn auch der Waldviertler<br />
Familienbetrieb hat keine direkten<br />
wirtschaftlichen Verflechtungen in Russland<br />
oder mit russischen Firmen. Allerdings:<br />
„Durch die Störungen der Lieferketten,<br />
die Energiekrise und die Inflation sind wir<br />
natürlich schon betroffen“, so CEO Stefan<br />
Graf. Umsatzrückgänge erwartet Graf am<br />
ehesten in Segmenten wie dem Wohnbau.<br />
Diese hofft der Geschäftsführer des Bauunternehmens<br />
aber aufgrund des breiten<br />
Leistungsspektrums seines Betriebs gut<br />
kompensieren zu können.<br />
<strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2022</strong><br />
Ganz anders stellt sich die Lage für die<br />
Radius-Kelit Infrastructure GmbH dar.<br />
Der Mutterkonzern des Herstellers von<br />
gedämmten Rohrsystemen für Fernwärme<br />
und Fernkälte, die englische Radius System<br />
Group, hatte bis Anfang dieses Jahres<br />
russische Eigentümer und einen großen<br />
Teil des Konzerns in Russland. In der Zwischenzeit<br />
wurde die Eigentümerstruktur<br />
allerdings geändert und der Konzern gespalten.<br />
„Die gruppeninternen Ein- und<br />
Verkäufe haben sich dadurch zu externen<br />
Geschäften verändert und die Preise sehr<br />
hochgetrieben“, erklärt CEO Gerald Wedl.<br />
Das beeinflusse natürlich auch die Verkaufspreise<br />
auf dem europäischen Markt.<br />
Umsatzeinbußen spürt das Unternehmen<br />
mit Standort in St. Valentin aber keine.<br />
Im Gegenteil: „Wir stellen werksseitig gedämmte<br />
Rohrsysteme für Fernwärme und<br />
Fernkälte her. Dieser Markt boomt gerade,<br />
weil die Raumheizung aufgrund der Energiewende<br />
gegen den Klimawandel im Neubau<br />
soweit möglich mit Fernwärme gebaut<br />
werden soll und auch viele Heizungen von<br />
Öl und Gas umgestellt werden“, freut sich<br />
Wedl.